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Firma Reisch insolvent: Schlag für Ehekirchen

Ehekirchen

Insolvenz der Firma Reisch GmbH: Am Ende fehlten Millionen

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    Das Tor zum Firmengelände der Reisch GmbH wird sich nicht mehr öffnen. Die Hallen und die Gebäude waren seit der Übernahme 2019 durch die Konstant-Gruppe gemietet. Jetzt läuft das Insolvenzverfahren.
    Das Tor zum Firmengelände der Reisch GmbH wird sich nicht mehr öffnen. Die Hallen und die Gebäude waren seit der Übernahme 2019 durch die Konstant-Gruppe gemietet. Jetzt läuft das Insolvenzverfahren. Foto: Manfred Dittenhofer

    Für die Gemeinde Ehekirchen war es ein Schlag, in der Region sorgte die Nachricht für viel Aufsehen: Nach 73 Jahren Erfolgsgeschichte meldet die Firma Reisch GmbH aus dem Ehekirchener Ortsteil Hollenbach Insolvenz an. Die letzten Nutz- und Agrarfahrzeuge wurden ausgeliefert und die bis zum Ende verbliebenen Mitarbeitenden von insgesamt 200 haben nun die Kündigung erhalten. Ehemalige Angestellte und der einstige Betriebsratsvorsitzende von Reisch sind sich einig, dass der Niedergang der Firma selbst verschuldet war. Am Ende fehlten Millionen. 

    "Eine grundsätzlich schlimme Situation, traurig für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch für Hollenbach, ganz Ehekirchen und Umgebung", fasst es Ehekirchens Bürgermeister Günter Gamisch zusammen. Über die Einbußen bei der Gewerbesteuer will er nicht reden. Zahlen dürfe er nicht nennen, sagt er. „Die Insolvenz beschäftigt unsere Bürger sehr.“ Deshalb will Gamisch die Hoffnung nicht aufgeben, dass vielleicht etwas Neues entstehen könnte. 

    Die letzten Fahrzeuge sind ausgeliefert. Auf dem Gelände der Firma Reisch in Hollenbach wird nicht mehr produziert.
    Die letzten Fahrzeuge sind ausgeliefert. Auf dem Gelände der Firma Reisch in Hollenbach wird nicht mehr produziert. Foto: Manfred Dittenhofer

    Doch Insolvenzverwalter Volker Böhm von der Kanzlei Schultze und Braun in Nürnberg hat die Suche nach Investoren inzwischen aufgegeben. Er teilte auf Nachfrage dieser Redaktion mit, dass nun das vorhandene Vermögen im Interesse der Gläubiger bestmöglich verwertet werden soll. „Wir führen bereits Gespräche mit Interessenten für die Maschinen, Materialien und Vorprodukte für den Bau von Nutz- und Agrarfahrzeugen. Sollte es keine Paket- oder Gesamtübernahme geben, werden wir eine öffentliche Versteigerung durchführen.“ 

    Insolvenz der Firma Reisch aus Hollenbach: Viel Wechsel in der Führungsriege

    Unterdessen melden sich ehemalige Mitarbeiter der Firma Reisch, die ihren Namen nicht in der Zeitung sehen wollen, und der ehemalige Betriebsratsvorsitzende René Mötz zu Wort. 2019 bei der Übernahme durch die österreichische Konstant-Gruppe sei die Euphorie, die die beiden Geschäftsführer verbreitet hätten, groß gewesen. Da sei schon von zweiter Heimat Hollenbach gesprochen worden. Allerdings hätte sich der erste der beiden Geschäftsführer bereits nach gut zwei Jahren zurückgezogen, der andere nach drei Jahren. 

    Damit habe ein dauernder Wechsel in der Führungsriege begonnen. Manche Visionen der neuen Leitung seien völlig an der Branche vorbei gewesen – wie zum Beispiel eine geplante gläserne Auslieferungshalle für die Selbstabholer. Immer mehr erfahrene Altgediente hätten ihre Posten geräumt, Unerfahrene seien neu eingestellt worden. Die eigene IT-Abteilung wurde aufgelöst. Ein lang gedienter Buchhalter entlassen. 

    Der ehemalige Betriebsrat der Firma Reisch meldet sich zu Wort

    René Mötz berichtet, dass er binnen kürzester Zeit mit fünf Abmahnungen "ruhig gestellt werden sollte". Mötz hatte die Firma bereits im September 2023, zwei Monate vor der offiziellen Insolvenz, verlassen. „Ich habe gekündigt und durfte während der Kündigungsfrist meinen Arbeitsplatz nicht mehr betreten.“ Schaue man sich im Bundesanzeiger die Bilanz für 2021 an, sehe man, dass damals die Schulden schon immens gewesen seien. Laut den Bilanzen stiegen die Verbindlichkeiten von 2019 bis 2021 um fast das Doppelte auf über 15 Millionen Euro. Viele in der Belegschaft hätten schon ein Jahr früher die prekäre Lage des Unternehmens erkannt. René Mötz: "Wir hatten schon Anfang des Jahres gewarnt, dass Aufträge fehlen, aber niemand hat reagiert."

    Der letzte Geschäftsführer Franz Kollmannsperger, der im März 2023 an Bord der Reisch GmbH kam und seit 30 Jahren Firmen restrukturiert und saniert, schildert die damalige Situation aus seinem Blickwinkel. „Es war ein sehr schwieriger Fall. Leider wurde ich viel zu spät gerufen.“ Ein Jahr früher und er hätte die Firma gerettet, ist sich Kollmannsperger sicher. Seiner Meinung nach war die Konstant-Gruppe zu blauäugig eingestiegen und die eingesetzten Geschäftsführer mit der Branche und den Produkten nicht genügend vertraut gewesen. "Die Produktionsabläufe waren seit den Achtzigern unverändert und schreckten Investoren ab. Für die Nutzfahrzeuge gab es zum Beispiel keinerlei Stücklisten."

    Jeder verkaufte Auflieger fuhr Verluste ein - am Ende fehlen bei der Firma Reisch Millionen

    Schnell habe sich herausgestellt, dass der Produktionsaufwand kaum organisiert oder dokumentiert war. Jeder verkaufte Auflieger fuhr Verluste ein. Unklare Produktionskosten, ein enormer Lagerbestand, der dann von der Bank auch noch um ein Drittel abgewertet worden sei. Es habe an elementaren Dingen gefehlt.

    Kollmannspergers Plan sah vor, das Zweigwerk in Eliasbrunn mit der Nutzfahrzeugproduktion an einen Interessenten zu veräußern. Und Hollenbach sollte durch mehr Zukauf von Komponenten und durch weniger Eigenproduktion wieder in den Gewinnbereich geführt werden. „Aber dann kam der Vertrag mit der BayWa ins Spiel, der hohe Provisionszahlungen vorsah und bereits im Vorjahr nicht ausbezahlt, sondern ins Jahr 2023 geschoben worden war. Zudem war der Markt für landwirtschaftliche Fahrzeuge tot.“ Bei der Insolvenz nicht mehr abzuwenden.“

    Der Mietvertrag des Unternehmens für das Gelände läuft Ende März aus. Damit ist die Firma Reisch in Hollenbach endgültig Geschichte. 

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