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Ein letzter Wunsch erfüllt: Todkranker Mann erlebt Wintertraum im Ötztal

Untermaxfeld

Todkranker Mann aus Untermaxfeld erfüllt sich einen letzten Wunsch

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    Der schwer kranke Michael Schulze und seine Frau Nadja Kienast genießen ihre Pferdeschlittenfahrt im Ötztal. Den Ausflug ermöglicht hat das Herzenswunsch-Hospizmobil des BRK Ingolstadt.
    Der schwer kranke Michael Schulze und seine Frau Nadja Kienast genießen ihre Pferdeschlittenfahrt im Ötztal. Den Ausflug ermöglicht hat das Herzenswunsch-Hospizmobil des BRK Ingolstadt. Foto: Kienast

    Nadja Kienast hat alles mit dem Handy aufgenommen. Das verschneite Ötztal, die Glöckchen, die im Trab der Pferde klingeln, und natürlich ihren Michael. Mal schaut er selig in die Ferne, mal schmiegt er sich an seine Frau, gibt ihr ein Küsschen. Was nach einem idyllischen Pärchenausflug aussieht, ist nichts weniger als ein letzter Wunsch von Michael Schulze. Seit Ende November weiß der 50-Jährige aus Untermaxfeld, dass in seinem Gehirn ein bösartiger Tumor herangewachsen ist. Die Ärzte geben ihm nur noch wenige Wochen zu leben. Dank des Herzenswunschmobils des BRK Ingolstadt erlebte Schulze seine lang ersehnte Pferdeschlittenfahrt - und nicht nur die.

    Gefühlt vorgestern stand der 50-Jährige voll im Leben. Lehrer am Beruflichen Fortbildungszentrum Pfaffenhofen, selbstständiger Headhunter im Handwerk, Vorstandsmitglied im Gewerbeverband Donaumoos. Dann, Ende Oktober, kommen die Kopfschmerzen, der Schwindel. In verschiedenen Krankenhäusern reiht sich eine Untersuchung an die nächste. Es dauert genau vier Wochen, dann steht fest: Noch bevor Schulze den Kampf mit dem Tumor richtig aufnehmen kann, wird er ihn aller Voraussicht nach verlieren. An seinem Thalamus sitzt ein sogenanntes Glioblastom, ein Tumor mit der höchsten WHO-Stufe der Bösartigkeit, der rasant wächst - im Fall von Schulze zum Stammhirn.

    Gehirntumor: Michael Schulze aus Untermaxfeld hat wohl nur noch wenige Wochen zu leben

    Er stellt sich der Situation und trifft eine Entscheidung, vor der niemand stehen möchte. Auf Bestrahlung und Chemotherapie, die sein Leben möglicherweise um Monate verlängern könnten, ihm aber wohl jede verbliebene Lebensfreude rauben würden, verzichtet er. Stattdessen will er die kurze Zeit, die ihm bleibt, so gut es geht genießen - und das nachholen, was er bislang versäumt hat. Seit fast 17 Jahren ist er mit seiner Partnerin Nadja zusammen. Eine Ehe war ihnen nie wichtig - bis jetzt. Innerhalb von zwei Tagen organisieren die beiden ihre Hochzeit. „Das hat mir extrem viel bedeutet“, blickt Schulze auf die bewegende Zeremonie zurück. Bürgermeister Heinrich Seißler traut sie im Königsmooser Rathaus, mit einer Kutsche fahren sie durch den Ort.

    Als Hochzeitsreise will das Paar nach Hawaii. Doch Schulzes Zustand ist zu schlecht zum Fliegen. Er sitzt im Rollstuhl und ist rund um die Uhr auf die Pflege seiner Frau angewiesen. Also entscheiden sie sich für einen anderen, lange gehegten Traum: eine Pferdeschlittenfahrt. Schließlich besitzen sie selbst ein Pferd und lieben den Schnee. Nadja Kienast merkt schnell, wie schwierig es ist, ein solches Unterfangen für ihren schwer kranken Mann zu planen.

    Eine Pferdeschlittenfahrt ist ein letzter Wunsch

    Sie wendet sich an das BRK in Ingolstadt, das das „Herzenswunsch-Hospizmobil“ betreibt - damit wird Menschen in der letzten Lebensphase ein inniger Wunsch erfüllt. Nach dem ersten Anruf dauert es nur wenige Tage, bis Schulze und Kienast zusammen mit ehrenamtlichen Ärzten und Betreuern des BRK am vergangenen Wochenende ins Ötztal fahren - die Zeit drängt. Als sie in Tirol ankommen, ist noch alles grün, die Schlittenfahrt am nächsten Tag droht zu platzen. In der Nacht fängt es plötzlich an zu schneien, und wie. Für das Paar aus Untermaxfeld ein Zeichen des Himmels.

    Das Herzenswunschmobil hat Michael Schulze und Nadja Kienast zu Hause im Königsmooser Ortsteil Untermaxfeld abgeholt.
    Das Herzenswunschmobil hat Michael Schulze und Nadja Kienast zu Hause im Königsmooser Ortsteil Untermaxfeld abgeholt. Foto: Kienast

    Zwei Pferde ziehen sie im Schlitten durch das verschneite Tal. „Es war ein Traum“, schwärmt Schulze. „Genießen pur.“ Sie fahren an einem Berg vorbei, den der 50-Jährige erst im Sommer noch hochgelaufen ist - heute unvorstellbar. Die Veranstalter vor Ort schenken ihnen eine weitere Fahrt, diesmal im Dunklen. „Wir haben viele herzensgute Menschen getroffen, das war beeindruckend.“ Schulze und Kienast sind dankbar für das BRK-Herzenswunschmobil, das die Fahrt ermöglicht und finanziert hat. Sie rufen dazu auf, dieses Angebot mit Spenden zu unterstützen, um auch anderen in einer solchen Situation einen Wunsch zu erfüllen (siehe Infokasten).

    Sie rufen zu Spenden für das BRK-Herzenswunschmobil auf

    Schweren Herzens fahren sie am vergangenen Montag wieder zurück ins Donaumoos. Zu Hause ist viel Bürokratie zu erledigen - es geht um Vollmachten, Patientenverfügung, Pflegestufen und vieles mehr. Kienast, die im Projektmanagement arbeitet, hat alle Hände voll zu tun, ihrem Mann den Rücken freizuhalten. Die 36-Jährige muss funktionieren, auch wenn sie selbst eine Schulter zum Anlehnen bräuchte.

    „Ich hätte nicht gedacht, dass ich das kann, aber man macht es einfach“, sagt sie, auch mit Blick auf die ungewohnten Pflegearbeiten. Alleine weine sie aber „Rotz und Wasser“. Auch im Gespräch kommen ihr immer wieder die Tränen. Ansonsten wirkt sie aber gefestigt, so wie ihr Mann. „Ich habe die beste Ehefrau“, sagt Schulze und schließt sie in seine Arme. Eines mache ihn besonders fertig: „Ich lasse meine Frau alleine.“

    Der Traum von Weihnachten gibt ihnen Kraft

    Das Paar hat wohl nicht mehr viel Zeit miteinander. „Die Zeit, die da ist, wollen wir mit so viel Leben füllen wie möglich.“ Erst einmal steht Weihnachten vor der Türe. „Ich freue mich wahnsinnig darauf“, sagt Schulze. Auch wenn sein Blick nach vorn ein Blick ins Ungewisse ist. Ein Arzt habe ihm gesagt, dass er das Fest eventuell nicht mehr erlebt. Ein anderer meinte, es sehe gut aus.

    Schulze und Kienast sind optimistisch. Am Donnerstag haben sie ihr Zuhause weihnachtlich geschmückt. Die Vorstellung, den Heiligen Abend gemeinsam zu verbringen, gibt ihnen Kraft. Ebenso wie andere, große Pläne. Sie wollen noch eine Kreuzfahrt unternehmen, ihre erste überhaupt. Die berühmten Hurtigruten sollen es vielleicht werden, sofern das mit Rollstuhl klappt.Und wer weiß“, sagt Kienast. „Am 2. Februar habe ich Geburtstag.“

    Das Herzenswunsch-Hospizmobil des BRK Ingolstadt wird über Spenden und den ehrenamtlichen Einsatz von zahlreichen BRK-Helfern finanziert. Hier kann man spenden:

    Spendenkonto: Sparkasse Ingolstadt; IBAN: DE53 7215 0000 0000 0173 27; BIC: BYLADEM1ING; Stichwort: Schulze

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