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Doppelgängerinnen Mord in Ingolstadt: Dieser Anwalt verteidigt den Angeklagten

Interview

Dieser Anwalt verteidigt den Angeklagten im Doppelgängerinnen-Mordfall

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    Rechtsanwalt Thilo Bals ist einer der Strafverteidiger im Doppelgängerinnen-Gerichtsverfahren, das am 16. Januar in Ingolstadt beginnt.
    Rechtsanwalt Thilo Bals ist einer der Strafverteidiger im Doppelgängerinnen-Gerichtsverfahren, das am 16. Januar in Ingolstadt beginnt. Foto: Robert Gongoll

    Herr Bals, Sie sind einer der Strafverteidiger im Verfahren um den sogenannten Doppelgängerinnen-Mordfall. Angeklagt sind eine 24-jährige Frau und ein gleichaltriger Mann. Sie verteidigen den Mann. Wie haben Sie damals – die Tat geschah am 16. August 2022 –Doppelgängerinnen-Mordfall: Was wir vor Prozessbeginn wissenIngolstadt von dem Mord erfahren und wie sind Sie an das Mandat gekommen?
    THILO BALS: Ich habe aus den Medien davon erfahren. Zu dem speziellen Fall kann ich mich nicht äußern. Aber in der Regel ist es so, dass irgendwann das Telefon klingelt und jemand sagt, ich habe ein Problem. Und dann hat man einen neuen Mandanten.

    Seit wann arbeiten Sie an dem Fall? Und wie zeitaufwendig ist er?
    THILO BALS: Auch das genaue Datum fällt unter das Anwaltsgeheimnis. Doch so viel kann ich sagen: Ich arbeite kontinuierlich an dem Fall, seit ich ihn bekommen habe, habe immer wieder ergänzende Akteneinsicht und auch Besprechungen. Nebenbei läuft noch das Tagesgeschäft. Da hat die Arbeitswoche dann eben sieben und nicht nur fünf Tage. 

    Sie sind nicht der einzige Verteidiger Ihres Mandanten. Wie ist es, jemandem im Team zu vertreten? Wie teilt man sich die Arbeit auf?
    THILO BALS: Jeder liest alles und macht sich Notizen, damit auch jeder denselben Kenntnisstand hat. Dann tauschen wir uns aus. Wir überlegen, welche Informationen wir noch brauchen und was wir überprüfen müssen. Es hängt natürlich vom Fall und von den Kollegen ab, aber wenn die Zusammenarbeit gut funktioniert, ist das eine fruchtbare Sache.

    Wie tauschen Sie sich mit Ihrem Mandanten aus? Wie ist dann die Atmosphäre?
    THILO BALS: Die Mandantenbesuche erfolgen nach Bedarf. Die Untersuchungsgefangenen hier aus der Region sind normalerweise in Gablingen untergebracht, und dann fahre ich dorthin. Es gibt auch Telefontermine. Das kommt darauf an, worüber wir sprechen. Ich empfinde die Gespräche mit meinen Mandanten immer als sehr professionell und habe mich noch nie bedroht gefühlt.

    Denken Sie, dass Ihre Mandanten Ihnen immer die Wahrheit sagen? Und wollen Sie das überhaupt, etwa bei einem Schwerverbrecher, der von Ihnen möchte, dass Sie einen Freispruch erwirken?
    THILO BALS: Grundsätzlich gilt für jeden Mandanten die Unschuldsvermutung. Es obliegt dem Mandanten, mir die Wahrheit zu sagen oder mich anzulügen. Es macht aber durchaus Sinn, mich mit Informationen zu versorgen – auch wenn sie despektierlich oder pikant sind. Ich lüge als Anwalt vor Gericht nicht, aber ich bin zur Verschwiegenheit verpflichtet. Wenn die Beweislage für eine Verurteilung nicht ausreicht, kann ich einen Freispruch fordern – dazu muss ich nicht lügen. Der Angeklagte muss vor

    Wird sich Ihr Mandant im Doppelgängerinnenverfahren äußern?Mordfall um tote Doppelgängerin: Prozess beginnt wohl im JanuarIngolstadt Bislang haben die Angeklagten zu den Vorwürfen geschwiegen.
    THILO BALS: Dann kann ich Ihnen nicht verraten.

    Wie ist es, jemanden zu verteidigen, dem ein solch brutales Verbrechen – der Mord an einer jungen Frau mit 56 Messerstichen – vorgeworfen wird? Kommen Sie dabei in ein moralisches Dilemma?
    THILO BALS: Nein. Jeder hat das Recht auf eine ordnungsgemäße Verteidigung in einem fairen, rechtsstaatlichen Verfahren. Das Delikt spielt dabei keine Rolle. Wie auch im Gesetz steht, habe ich die Aufgabe, die Rechte des Angeklagten zu wahren, ohne ihn zu bewerten. Im Gerichtssaal wird dies optisch durch die Robe deutlich. Wer sie trägt, hat eine rechtsstaatliche Funktion zu erfüllen.

    Auch wenn Sie zum konkreten Fall nichts verraten ... Wie gehen Sie im Allgemeinen vor? Vermutlich haben Sie eine Strategie.
    THILO BALS: Klar überlegt man sich vorher eine Strategie und auf welche Beweismittel oder Widersprüche man besonders eingehen will. Doch ein Strafprozess lebt von der Hauptverhandlung. Manchmal muss man spontan Anträge stellen. Außerdem prüfe ich jeden Tag, ob ich meine Strategie anpassen muss. Es können sich zwischendurch auch ganz neue Erkenntnisse ergeben, auf die man dann reagieren muss. Jedes Verfahren ist anders.

    Beeinflusst die große mediale Aufmerksamtkeit im Doppelgängerinnen-Mordfall 56 Messerstiche: Anklage im Doppelgängerinnen-Fall von IngolstadtIngolstadt irgendwie das Verfahren? Hat das Vor- oder Nachteile?
    THILO BALS: Für mich persönlich spielt es keine Rolle. Aber eine Vorverurteilung in den Medien kann problematisch werden, wenn sich Prozessbeteiligte davon beeinflussen lassen. Auch wenn Zeugen Informationen aus der Presse übernehmen und dann anfangen, sich Dinge zusammenzureimen oder zu interpretieren, kann das zum Problem werden.

    Sie sind jetzt seit 20 Jahren Anwalt. Warum haben Sie sich für diesen Beruf entschieden?
    THILO BALS: Ich wollte das immer schon werden. Schon als Kind oder Jugendlicher hatte ich eine Affinität für Recht und Gesetz. Während des Studiums habe ich dann in einer renommierten Münchner Kanzlei für Strafrecht gearbeitet. Inzwischen habe ich eine eigene Kanzlei und das ganze Portfolio eines Strafverteidigers durch. Der aktuelle Fall ist nicht mein erstes Tötungsdelikt. Ich beschäftige mich aber auch mit Familien- und Arbeitsrecht. Ich mag es, Menschen in ihren Lebenssituationen zu helfen. Dabei habe ich sowohl mit Menschen zu tun, die am Rande der Gesellschaft stehen, als auch mit solchen, die fest etabliert sind. Jeder hat seine individuellen Probleme.

    Zum Abschluss: Wie würden Sie sich beschreiben? Müssen wir uns auf einen Anwalt einstellen, der auf Krawall gebürstet ist?
    THILO BALS: Ob ich Konfliktverteidiger oder Schmusetiger bin, hängt vom Verfahren ab. Und von den anderen Prozessbeteiligten. Wenn ich streiten muss, um die Rechte meines Mandanten zu wahren, streite ich! Ich finde, es kommt dabei auf die Streitkultur an. Ich bin jemand, mit dem man gut sachlich streiten kann, aber nicht zwingend muss.

    Zur Person

    Thilo Bals ist 52 Jahre alt und betreibt seit 2003 die Anwaltskanzlei Bals in Manching. Er ist Fachanwalt für Strafrecht, Arbeitsrecht und Familienrecht. 

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