Startseite
Icon Pfeil nach unten
Neuburg
Icon Pfeil nach unten

Deutsch lernen an Grundschule Ost: Wie Förderlehrer den Kindern helfen

Schulen in Neuburg

Mit Spiel und Spaß: Sie bringen Kindern Deutsch bei

    • |
    • |
    Nadine Stückle und Annika Vorig sind Lehrerinnen für Deutsch als Zweitsprache an der Grundschule Neuburg-Ost. Spielerisch vermitteln sie den Kindern Freude am Sprechen und jede Menge neue Wörter. Koala Leo darf dabei nicht fehlen.
    Nadine Stückle und Annika Vorig sind Lehrerinnen für Deutsch als Zweitsprache an der Grundschule Neuburg-Ost. Spielerisch vermitteln sie den Kindern Freude am Sprechen und jede Menge neue Wörter. Koala Leo darf dabei nicht fehlen. Foto: Anika Zidar

    Es ist Deutsch-Intensivkurs und alle machen sich bereit. Mustafa hält schon seinen Stift in der Hand, Facunda holt schnell ihr Mäppchen heraus und Rabija schaut konzentriert in ihr Heft. Doch nichts davon brauchen sie jetzt. In dieser Schulstunde an der Grundschule Neuburg-Ost sollen die Kinder nämlich vor allem eins: ganz viel sprechen. Um das hinzubekommen, haben die Lehrerinnen allerhand Spiel- und Lernmaterial mitgebracht. Bunte Vokabelkarten, ein Farbmemory und ein Würfelbecher liegen auf dem Tisch.

    Aber das wichtigste fehlt noch: „Wo ist Leo?“, fragt Facunda erstaunt. Lehrerin Nadine Stückle holt ihn. Denn beim Deutschlernen muss der kleine Koala dabei sein. Gleich zu Beginn macht das Plüschtier die Runde im Begrüßungsritual. „Guten Morgen, Mustafa. Schön, dass du da bist!“, sagt Stückle und gibt Mustafa den Koala. Der reicht ihn weiter an seine Mitschülerin und spricht ebenfalls die Begrüßungsworte: „Guten Morgen, Rabija. Schön, dass du da bist!“

    Grundschule Neuburg-Ost: Zweitklässler lernen spielerisch Deutsch

    Zweimal in der Woche gibt es für Kinder wie Mustafa, Facunda und Rabija Intensivstunden in Deutsch. Die Zweitklässler verlassen ihren Regelunterricht und treffen sich mit Förderlehrerinnen in einer offenen Lernlandschaft im ersten Stock des Schulhauses. 75 Prozent der Schülerinnen und Schüler an der Grundschule-Ost haben einen Migrationshintergrund, ihre Familien stammen aus 27 verschiedenen Nationen.

    „Viele Kinder sprechen zu Hause kaum Deutsch, in der Schule sollen sie es so oft wie möglich tun“, sagt Lehrerin Stückle. Genau wie ihre Kollegin Annika Vorig hat die 25-Jährige im Studium Deutsch als Zweitsprache (DaZ) belegt. Nicht perfekt fehlerfreies Deutsch, sondern der spielerische Umgang mit der Sprache ist den DaZ-Lehrerinnen wichtig: „Es soll eine schöne Abwechslung zum normalen Unterricht sein, in dem die Kinder teils nicht mitkommen. Macht es Spaß, sprechen sie öfter und lieber Deutsch.“

    Lehrerin Nadine Stückle spielt mit den Zweitklässlerinnen Farb-Memory. So lernen die Kinder die deutschen Begriffe für Blau, Rot, Gelb, Grün oder Lila. Ihr Maskottchen, der Koala Leo, ist immer dabei.
    Lehrerin Nadine Stückle spielt mit den Zweitklässlerinnen Farb-Memory. So lernen die Kinder die deutschen Begriffe für Blau, Rot, Gelb, Grün oder Lila. Ihr Maskottchen, der Koala Leo, ist immer dabei. Foto: Anika Zidar

    Maximal zehn Kinder eines Jahrgangs kommen in den Förderstunden zusammen. Hier begrüßen sie sich, hier erzählen sie einander von sich und hier lernen sie, einzelne Vokabeln zu Wortfeldern zu verknüpfen. In dieser Stunde geht es um Farben. „Was seht ihr auf den Wortkarten?“, fragt Lehrerin Vorig in die Runde. „Einen roten Klecks!“, ruft Facunda ihr zu. – „Genau! Und was siehst du, Mustafa?“ – „Ich sehe einen blauen Klecks.“ Anschließend fragt Vorig die Kinder, welche anderen Farben sie noch kennen. Dann benennen sie der Reihe nach die Farben ihrer Kleidungsstücke. Alles auf Deutsch und am besten in ganzen Sätzen.

    So viel Sprechen wie möglich: So lernen Kinder an der Grundschule Deutsch

    Dass das für Mustafa, Facunda und Rabija nicht ganz einfach ist, zeigt sich in der Intensivstunde. Immer wieder zögern die Kinder beim Sprechen und blicken die Lehrerinnen unsicher an. „Die Angst vor dem Sprechen ist am Anfang bei fast allen da. Aber irgendwann ist eine Hürde genommen und dann plappern sie regelrecht los“, erzählt Lehrerin Stückle. Deshalb sei es wichtig, Fehler nicht sofort zu kritisieren, die sich beim Sprechen einschleichen.

    Stattdessen korrigiere sie auf positive Weise, sagt ihre Kollegin Vorig: „Ich spreche die Sätze so vor, wie sie die Kinder für sich auch bilden sollen. Und kommt nur ein Halbsatz oder ist ein Satz nicht in der richtigen Reihenfolge, lobe ich zuerst die Antwort – und spreche noch einmal den ganzen Satz in korrekter Form.“ Mithilfe der Förderstunden vertiefen die Kinder Sprachkenntnisse, die sie nicht nur in den Fächern Mathe, Deutsch und Heimat- und Sachunterricht brauchen. Auch auf dem Pausenhof gebe es Fortschritte, sagt Stückle: „Sobald sie anfangen, im Alltag Deutsch zu sprechen, unterhalten sie sich und spielen ganz anders miteinander.“

    Der Schulleiter der Grundschule Neuburg-Ost Manfred Hiebl würde gern noch mehr individuelle Sprachförderung für Kinder anbieten. Für ihn ist sie der Schlüssel zur Integration.
    Der Schulleiter der Grundschule Neuburg-Ost Manfred Hiebl würde gern noch mehr individuelle Sprachförderung für Kinder anbieten. Für ihn ist sie der Schlüssel zur Integration. Foto: Tobias Hase (Archivbild)

    Manfred Hiebl ist Schulleiter an der Grundschule-Ost und froh darüber, dass er Schülern Sonderstunden in Deutsch anbieten kann. „Pro Jahrgang bringen wir zehn Kinder im Förderunterricht unter, Bedarf hätten wir für bis zu zwanzig.“ Dabei sei der Förderbedarf so unterschiedlich wie die Biographien der Schüler, sagt der Rektor. „Durch Krisen wie zuletzt in Afghanistan, in der Ukraine oder jetzt im Libanon kommen Schüler aus aller Welt zu uns, immer wieder auch aus Familien, in denen die Eltern Analphabeten sind.“

    Kinder aus 27 Nationen an der Grundschule-Ost: Regelunterricht stößt an Grenzen

    Daher sei der Aufwand für das Lehrerkollegium sehr hoch. So fielen für eine Deutschstunde teils bis zu vier Stunden Vorbereitung an, damit Schülern mit unterschiedlichen Sprachniveaus verschiedene Erklärungen erhalten. Zusätzlich zur Klassenleitung bemüht sich bei Bedarf eine Förderlehrerin darum, dass Kindern mit Verständnisproblemen Unterrichtsinhalte vermittelt werden.

    Grundsätzlich sei der Lehrplan trotz dieser Herausforderungen zu erfüllen, sagt Schulleiter Hiebl: „Es gibt aber jedes Jahr ein paar Schüler, die aufgrund fehlender Sprachkenntnisse keine Noten, sondern nur eine mündliche Bewertung im Zeugnis erhalten, weil es in den Prüfungen an der Sprache scheitert.“

    Deutsch lernen, das funktioniert auch spielerisch am Laptop. Die Geräte können die Kinder von der Grundschule-Ost für zu Hause ausleihen.
    Deutsch lernen, das funktioniert auch spielerisch am Laptop. Die Geräte können die Kinder von der Grundschule-Ost für zu Hause ausleihen. Foto: Anika Zidar

    Aber auch das Gegenteil hat der Rektor erlebt: „Wir hatten Kinder, die mit ihrer Familie gerade eineinhalb Jahre in Neuburg waren und fließend Deutsch gesprochen haben. Die hatten wirklich gute Leistungen.“ Am liebsten würde Hiebl noch mehr individuelle Sprachförderung anbieten, für ihn ist es „das Integrationsmittel schlechthin“. Doch dazu fehle es an einem ganzheitlichen bildungspolitischen Konzept, beklagt Hiebl. „Das ist ein strukturelles Problem: Wir bräuchten einfach mehr Lehrer für die Grund- und Mittelschulen.“

    Von Seiten des Schulamtes und der Stadt Neuburg fühle er sich als Schulleiter aber gut versorgt, so Hiebl: „ Ob wir neues Lehrmaterial oder Leih-Laptops für unsere Schüler brauchen – wir werden hier wirklich gut ausgestattet.“ Insgesamt 30 mobile Geräte stehen den Schülern zum Ausleihen zur Verfügung, auf denen sie eine Lernsoftware mit Deutsch-Übungen finden. Doch ob sie die zu Hause auch nutzen? „Das funktioniert nur, wenn die Eltern mitziehen. Sind die willig sich zu integrieren, dann klappt es für die Schüler auch mit dem Deutschlernen“, sagt der Schulleiter.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden