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Denkendorf: Knochenarbeit: Warum ein Riesenlurch die Forscher verzückt

Denkendorf

Knochenarbeit: Warum ein Riesenlurch die Forscher verzückt

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    Mit einem Druckluftstichel bearbeitet Frederik Spindler im Dinomuseum Denkendorf einen Sandsteinblock, in dem sich Knochen eines Riesenlurchs verbergen.
    Mit einem Druckluftstichel bearbeitet Frederik Spindler im Dinomuseum Denkendorf einen Sandsteinblock, in dem sich Knochen eines Riesenlurchs verbergen. Foto: Luzia Grasser

    Frederik Spindler schnauft durch. "Jetzt bin ich erleichert", sagt der Paläontologe. Er ist Experte im Bereich von Fossilien, kennt sich aufs mit Dinosauriern und Tieren, die vor zig Millionen Jahre die Erde bevölkert haben. Aber das, was er gerade vorsichtig mit Hammer und Meißel aus dem Sandstein geborgen hat und nun in Händen hält, ist auch für Spindler etwas Besonderes. 

    So ähnlich könnte der Riesenlurch, der im Dino-Museum in Denkdorf präpariert wird, einst ausgesehen haben.
    So ähnlich könnte der Riesenlurch, der im Dino-Museum in Denkdorf präpariert wird, einst ausgesehen haben. Foto: Luzia Grasser

    Der Riesenlurch lebte vor 230 Millionen Jahren in Bayern

    Es ist ein handtellergroßes Stück von der Schulter eines Riesenlurchs, der in der späten Trias vor 230 Millionen Jahren in Bayern gelebt hat. Vor zwei Jahren wurde das Fossil in einem Steinbruch im Steigerwald gefunden, im Dinosauriermuseum in Denkendorf wird es zurzeit präpariert. Sein wissenschaftlicher Name lautet Cyclotosaurus. Vermutlich ist er erst der zweite seiner Art. Die ersten Knochen eines solchen Lurchs sind rund 100 Jahre vorher ganz in der Nähe gefunden worden, damals im Steinbruch des Ebracher Zuchthauses. In den 30er-Jahren sind sie wissenschaftlich beschrieben worden.

    Mit Wasser und einem Pinsel macht Frederik Spindler die Knochen sichtbar, die sich im Sandstein verbergen.
    Mit Wasser und einem Pinsel macht Frederik Spindler die Knochen sichtbar, die sich im Sandstein verbergen. Foto: Luzia Grasser

    Doch dieses Tier, dessen Überreste sich in mehreren Steinblöcken befinden und die Spindler in den kommenden Monaten, vielleicht Jahren, noch bergen will, war deutlich größer. Allein der Unterkiefer, der sich im Stein abzeichnet, war 70 Zentimeter lang. Der ganze Lurch – von den Experten liebevoll "Lurchi" genannt – war drei bis vier Meter lang und hatte trotz seiner kleinen Beine eine Höhe von 60 Zentimetern. Nur wenige Knochen des Tiers sind bislang geborgen, und schon steht fest: Es muss gewaltig gewesen sein. "Diese Größe eines Sauriers ist spektakulär", sagt dann auch Roland Eichhorn, Chefgeologe beim Landesamt für Umwelt in Hof.

    Ein Modell des Riesenlurchs steht im Denkendorfer Dinosaurier-park

    Wer wissen will, wie der Riesenlurch einst ausgesehen hat, wird ein paar Meter weg von Spindlers Präparationswerkzeugen fündig. Auf dem schattigen Rundweg des Denkendorfer Dinoparks versteckt er sich im Gebüsch. Das Modell zeigte einen Mastodonsaurus giganteus, der dem in Franken gefunden Lurch sehr ähnelt. Wie die heutigen Krokodile, so hielten sich die Tiere in den Sumpflandschaften Süddeutschlands auf. Sie lebten in Tümpeln, in größeren Pfützen, und schnappten dort nach Beute. Irgendwo im Uferschlamm ist der Lurch einst auch gestorben und hat als Fossil die Jahrmillionen überdauert. Wie Eichhorn berichtet, sind an derselben Stelle im Norden Bayerns noch Skelettteile anderer Lurche entdeckt worden. Eine Art Lurch-Friedhof habe es dort gegeben. Für die Forscher könnten die Knochen, die in weiteren Steinblöcken verborgen liegen, weitere Sensationen bereithalten. Schließlich waren die Lurche die größten Amphibien, die jemals auf der Erde existiert haben. 

    Nur wenige Knochen des Riesenlurchs sind in Denkendorf bislang geborgen worden. "Es ist noch viel Arbeit zu tun", sagt Spindler. Hammer, Meißel und Druckluftstichel, mit denen er den Stein bearbeitet, kann er noch lange nicht weglegen. Es sei eine schwierige Arbeit im harten, spröden Sandstein, erklärt Spindler, der ausgerüstet ist mit Schutzbrille und Mundschutz. Eine falsche Erschütterung, und der Knochen könnte splittern. Doch als Spindler noch einen weiteren Knochen an diesem Tag aus dem Stein herauslösen kann, geht wieder alles glatt. 40 Zentimeter lang ist er und "er wird ordentlich Informationen bringen", ist sich Spindler sicher. Die brauchen die Wissenschaftler auch, denn noch sind viele Fragen offen. Die zum Beispiel, wie sich der Lurch, der an Land recht schwerfällig unterwegs gewesen sein dürfte, im Wasser bewegt hat. Der Traum der Saurier-experten wäre es, einmal ein komplettes Cyclotosaurus-Skelett zu bergen – doch das fehlt bislang.

    Wenn die Arbeit weiter fortgeschritten ist, dann soll "Lurchi" irgendwann einmal auch im Denkendorfer Dinomuseum zu sehen sein.

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