Die Wahl des Münchner Wirtschaftsreferenten dürfte sonst nur wenige außerhalb der Landeshauptstadt interessieren. In der vergangenen Woche war das anders. Denn den Posten übernimmt ab 1. März ein Mann, der schon einmal für politisches Aufsehen gesorgt hat. Christian Scharpf wurde 2020 überraschend SPD-Oberbürgermeister von Ingolstadt. Genauso unerwartet ist jetzt sein vorzeitiger Rückzug von diesem Posten. Nach gerade einmal fünf Jahren in Ingolstadt kehrt der 53-Jährige wieder ins Münchner Rathaus zurück, wo seine Karriere einst begann.
Christian Scharpf begann seine Karriere im Münchner Rathaus
Christian Scharpf wuchs im Raum Ingolstadt auf, absolvierte nach der Realschule eine Ausbildung zum Bankkaufmann und holte dann auf der Berufsoberschule sein Abitur nach. Es folgte ein Jurastudium in Augsburg und München samt Promotion. 2004 trat der Jurist seine erste Stelle im Münchner Rathaus an und wurde in den folgenden Jahren einer der engsten Mitarbeiter der beiden OBs Christian Ude und Dieter Reiter.
Als die Ingolstädter SPD Scharpf als OB-Kandidat gegen Amtsinhaber Christian Lösel ins Rennen schickte, schien das Projekt ziemlich aussichtslos zu sein. Scharpf war in seiner Heimatstadt weitgehend unbekannt, zudem standen seit fast einem halben Jahrhundert ausschließlich CSU-Männer an der Spitze der Audi-Stadt. Doch Scharpf machte einen bürgernahen Wahlkampf und die CSU war noch gebeutelt von einem Immobilienskandal um Ex-OB Alfred Lehmann. Hinzu kam Kritik an Lösels Führungsstil.
Scharpfs Frau blieb mit den vier kleinen Kindern in München
Als sich Scharpf in der Stichwahl durchgesetzt hatte, begann für den vierfachen Familienvater, dessen jüngstes Kind während seiner Amtszeit geboren wurde, allerdings ein Spagat zwischen Beruf und Familie. Seine Frau, eine Ärztin, blieb mit den Kindern in München, er arbeitete in Ingolstadt. „Ich möchte mit meiner Familie den Alltag künftig wieder gemeinsam in einem Haushalt verbringen“, begründete er nun seinen vorzeitigen Abschied. Selbst politische Gegner bedauern das, denn Scharpf hatte für ein harmonisches Miteinander im Stadtrat gesorgt.
Auf dem Papier mag der Wechsel vom OB-Sessel einer Großstadt auf den Posten eines Wirtschaftsreferenten, der in München auch Wiesn-Chef ist, wie ein Abstieg aussehen. Doch er könnte sich für Scharpf als politisches Sprungbrett erweisen. Er wäre nicht der erste Wirtschaftsreferent, der ein paar Jahre später auf dem Münchner OB-Sessel sitzen könnte. Sein alter und neuer Chef Dieter Reiter hat es vorgemacht.
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