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Burgheim feiert 100. Wirtshaussingen: Tradition lebt weiter

Burgheim

Wirtshaussingen in Burgheim feiert Jubiläum

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    Herzlichen Dank sagten die Sänger zum 100. Jubiläum des Wirtshaussingens.
    Herzlichen Dank sagten die Sänger zum 100. Jubiläum des Wirtshaussingens. Foto: Peter Maier

    „Wo man singt, da lass dich ruhig nieder, böse Menschen haben keine Lieder.“ Diese Weisheit aus der Feder des Dichters Johann Gottfried Seume ist in Burgheim auch nach über 200 Jahren brandaktuell. Ludwig Eubel als Organisator und Max Blei als Musiker hoben im Jahr 2007 das „Wirtshaussingen beim Kellerwirt“ aus der Taufe. Vorgestern trafen sich die „singenden Philanthropen“ ganz im Sinne Seumes zum 100. Mal. Mit rund 70 Sängerinnen und Sängern war die Kellerwirt-Gaststube rappelvoll.

    Die Idee zum Wirtshaussingen in Burgheim entstand durch einen Zufall

    Dabei begann alles eher zufällig, erinnert sich Eubel. Max Blei kopierte damals für ihn Marschlieder, dafür lud Eubel ihn zu einem Tataressen ein, wie es früher einmal zum Fasching im ehemaligen Gasthaus „Unterer Kaiser“ Tradition war. Dieses Essen fand beim „Kellerwirt“ statt, wobei der Organisator den Musiker bat, seine Quetschn mitzunehmen. „Damals spielte der Max noch alleine und es gab auch A-cappella-Gesang“, erinnert sich Eubel. Das änderte sich allerdings schnell. Karl Manhart (Bass) und Peter Popanda (Gitarre) rüsteten den Instrumentalteil auf. Eubel dagegen fertigte Liederbücher, die inzwischen 110 Titel füllen, wovon 35 pro Abend nach Wunsch der Besucher gespielt werden.

    Das Wirtshaussingen beim Kellerwirt läuft noch immer nach dem gleichen Ritual ab. Zwei Stunden vor Musik und Gesang wird Tatar serviert. Zubereitet wird das Gericht nach einem Rezept des verstorbenen ehemaligen Kellerwirts Franz Lenz. Anschließend verteilt Eubel die Liederbücher mit dem Titel „Die Sängerknaben vom Kellerwirt“ an die Tische, die Besucher wählen ihre Wunschlieder anhand einer Nummer und geben ihre Zettel an ihn zurück, womit das Programm des Abends feststeht. Das Publikum kommt sowohl aus Burgheim als auch aus einem Umkreis von rund 25 Kilometern.

    Karl Manhart (links) und Max Blei sorgten für den Instrumentalteil beim 100. Wirtshaussingen beim Kellerwirt.
    Karl Manhart (links) und Max Blei sorgten für den Instrumentalteil beim 100. Wirtshaussingen beim Kellerwirt. Foto: Peter Maier

    „Wir haben das Wirtshaussingen sogar exportiert“, sagen die Gründer stolz. Die Überraschung war groß, als Eubel einen Anruf aus der Moselgegend erhielt. Die Anruferin zeigte großes Interesse am Wirtshaussingen, zu dem ihr Max Blei die Details erklärte und ein Liederbuch zusandte. Kurze Zeit später kam eine erfreuliche Antwort aus Rheinland-Pfalz. Die Organisatorin berichtete, dass in ihrer Heimat das Wirtshaussingen nun schon in zwei Gaststätten nach dem Burgheimer Vorbild praktiziert wird. Beim Kellerwirt findet das Wirtshaussingen von September bis Mai statt, drei Monate lang ist Sommerpause. „Corona legte uns eine zweieinhalbjährige Zwangspause auf“, bedauert Eubel.

    Die 100. Ausgabe bescherte dem Wirtshaussingen wieder neue Sangesbrüder und -schwestern. Als ehemalige Fußballer freuten sich Eubel und Blei ganz besonders, dass die Reservemannschaft des TSV zum Kellerwirt kam. Zum Jubiläum fehlte Gitarrist Peter Popanda. Als dann Max Blei in die Tasten und Karl Manhart in die Saiten griffen, stimmten die Wirtshaussängerinnen und -sänger „Gefangen in maurischer Wüste“ an. So mancher Sänger dürfte sich dabei an seine Bundeswehrzeit erinnert haben. Es folgten gleich zwei Überraschungen. Benno Appel, der ehemalige Sportheimwirt beim TSV Ober/Unterhausen, brachte eine wunderschöne Bastelarbeit mit einem Herz in der Mitte und flankiert von Notenschlüsseln als Dankeschön für die Musiker mit.

    Vor dem Singen gibt es Tartar. Das ist bereits seit 17 Jahren Tradition.
    Vor dem Singen gibt es Tartar. Das ist bereits seit 17 Jahren Tradition. Foto: Peter Maier

    Die Kellerwirtsfamilie Johanna und Stefan Lenz mit ihren fünf Kindern überreichten „musikalische Fresskörbe.“ Dann starteten Instrumente und Stimmbänder gewaltig durch. Der zweite Titel „Steig in das Traumboot der Liebe“ hätte kaum kontrastreicher zum Auftakttitel sein können. In drei Stunden, mit zwei Pausen, gaben die Sängerinnen und Sänger Volkslieder, Märsche, Polkas und Evergreens von Udo Jürgens bis Heino zum Besten. Nach der zweiten Pause ehrte Ludwig Eubel die Sangesschwester Anni Landes, die schon bei über 90 Auflagen des Wirtshaussingens dabei war. Die zweite Pause ist traditionell auch der Zeitpunkt, zu dem der Wirt eine Lokalrunde Schnaps ausgibt, womit man auch für das Schlussdrittel bestens gerüstet war. Nach der Bayernhymne endete das 100. Wirtshaussingen beim Kellerwirt.

    Der Kellerwirt in Burgheim existiert seit dem Jahr 1834

    Das oft zitierte „Wirtshaussterben“ macht derweil um den Kellerwirt noch immer einen großen Bogen. Erste Eintragungen im Neuburger Kataster gehen auf das Jahr 1834 zurück. Der Name leitet sich vom früheren Lagerraum zur Kühlung des Bieres ab. Das stabile Gewölbe diente im Zweiten Weltkrieg auch als Luftschutzbunker. Der Kellerwirt kennt keinen offiziellen Ruhetag, nur am Heiligen Abend hat die Gaststätte ab Nachmittag geschlossen.

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