Es geht nicht um das Geschlecht, sondern um die Qualifikation. Das hat die Feuerwehr Bergheim bewiesen, indem sie Stephanie Reichel (mittlerweile Speth) vor Kurzem zur neuen Kommandantin ernannt hat. Die 26-Jährige hat nun das Kommando über 50 aktive Mitglieder übernommen.
Dass eine Frau ein solches Amt bekleidet, sollte nach Meinung der Bergheimerin heutzutage eigentlich kein Thema mehr sein – und doch ist es eines. Denn nach wie vor ist das die Seltenheit. Laut Kreisbrandrat Stefan Kreitmeier gibt es im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen derzeit nur zwei weitere Kommandantinnen – nämlich bei den Feuerwehren Riedensheim und Wengen/Eschling.
Stephanie Reichel hat das Kommando über 50 Feuerwehrler
Bereits im vergangenen September sei Florian Riedl als damaliger Kommandant auf Stephanie Reichel zugegangen und habe sie gefragt, ob sie sich vorstellen könne, seinen Posten zu übernehmen. Davon berichten die beiden bei einem Treffen im neuen Bergheimer Feuerwehrhaus, das voraussichtlich im Juli in Betrieb genommen wird. „Ich habe mich sehr geehrt gefühlt, dass mir das zugetraut wird“, erinnert sich Stephanie Reichel.
Zu diesem Zeitpunkt sei sie im Verein als Schriftführerin und Jugendwartin tätig gewesen. Die 26-Jährige überlegte länger, suchte und fand Nachfolger für ihre derzeitigen Posten. Erst dann entschied sie sich dazu, sich der neuen Herausforderung zu stellen. Ihr Vorgänger Florian Riedl, der das Amt des Kommandanten nach zwölf Jahren eigentlich niederlegen wollte, fungiert nun als ihr Stellvertreter.
Die 26-Jährige löst den Kommandanten Florian Riedl ab
Als Kommandantin warten zahlreiche neue Aufgaben auf Stephanie Reichel: Übungen abhalten, Einsätze leiten und nachbereiten, sich um die Ausrüstung kümmern. Damit sie darauf vorbereitet ist, hat die Verwaltungsfachangestellte einen Kommandantenlehrgang einer staatlichen Feuerwehrschule absolviert. Dieser dauerte vier Tage lang und hat online stattgefunden, was Stephanie Reichel ein wenig bedauerte – denn so fehlte der zwischenmenschliche Austausch.
An der Schulung haben laut Stephanie Reichel etwa 20 Neu-Kommandanten teilgenommen – darunter nur eine weitere Frau. Und auch in ihrer eigenen Feuerwehr war die Bergheimerin zeitweise ganz alleine unter Männern, nachdem einige Kameradinnen weggezogen waren und den Verein verließen. Inzwischen zählen wieder vier Frauen zur Bergheimer Wehr – und die neue Kommandantin hofft, dass es künftig „noch mehr Mädels werden“. Bei den Bergheimer Feuerwehrleuten spiele das Geschlecht keine Rolle. „Ich habe da noch nie etwas anderes zu spüren bekommen“, sagt Stephanie Reichel. „Wir bewegen uns alle auf einer Ebene.“ Sie ist sehr froh darum, dass es ihr gegenüber keine Vorbehalte gibt.
Zur Feuerwehr gekommen ist Stephanie Reichel – genau wie ihr Stellvertreter Florian Riedl – schon mit 16 Jahren. Ihre beiden Väter waren bereits bei der Feuerwehr und so konnten sie es kaum erwarten, ebenfalls tätig zu werden. Dass es einmal der Kommandanten-Posten werden sollte, war beiden zu Beginn noch nicht klar.
Es geht um die Qualifikation und nicht ums Geschlecht
Jetzt, wo Stephanie Reichel das Kommando hat, möchte sie vor allem „frischen Wind und Schwung“ in die Mannschaft bringen. Derzeit findet pro Monat eine Übung statt – wenn es die Corona-Maßnahmen zulassen, möchte die 26-Jährige künftig wieder zwei Übungen pro Monat abhalten. So sei das auch vor der Pandemie gewesen. Ansonsten hofft die Bergheimerin, dass die Mannschaft hinter ihr steht und Rückhalt gibt. Im neuen Feuerwehrhaus sollen die Kameradinnen und Kameraden noch stärker zusammenwachsen, so ihr Wunsch. Die Kommandantin möchte sich von der Mannschaft inspirieren lassen und reagieren, wenn jemand mit Anregungen und Vorschlägen auf sie zukommt. „Ich will nicht nur meinen Stiefel durchsetzen“, schildert Stephanie Reichel. „Ich bin ja schließlich nicht alleine da.“ Abgesehen davon möchte sie die Dinge einfach auf sich zukommen lassen.
Gut ist, dass ihr ihr Vorgänger Florian Riedl als Stellvertreter erhalten bleibt und Erfahrung mitbringt. Der heute 38-Jährige war genauso alt wie Stephanie Reichel, als er das Amt des Kommandanten vor zwölf Jahren übernahm.