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Neuburg: Wenn Gastronome zu Handwerkern werden

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Wenn Gastronome zu Handwerkern werden

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    Bob, der Baumeister: Statt scharfen Messern hat Manfred Enzersberger dieser Tage eher scharfe Sägen in der Hand.
    Bob, der Baumeister: Statt scharfen Messern hat Manfred Enzersberger dieser Tage eher scharfe Sägen in der Hand. Foto: Claudia Stegmann
    So viel Zuneigung haben die Fußleisten im Café Zeitlos mutmaßlich noch nie erfahren wie derzeit aus der Hand von Michaela Enzersberger.
    So viel Zuneigung haben die Fußleisten im Café Zeitlos mutmaßlich noch nie erfahren wie derzeit aus der Hand von Michaela Enzersberger. Foto: Claudia Stegmann

    Mit beinahe meditativer Muse streicht Michaela Enzersberger eine Fußleiste nach der anderen. Draußen scheint die Sonne, drinnen dudelt das Radio vor sich hin. Es gibt keinen Zeitdruck, keine Hektik. Denn im Augenblick weiß niemand, wann das Café Zeitlos am Schrannenplatz wieder eröffnen darf. Seit vier Wochen sind alle Gastronomiebetriebe in Bayern geschlossen. Wann sie wieder öffnen dürfen, steht in den Sternen. „Vielleicht“ werde es kleine Lockerungen ab Pfingsten geben, hat Ministerpräsident Markus Söder am Donnerstag gesagt. Bis dahin könnte Michaela Enzersberger noch sehr viele Fußleisten streichen.

    Die Hoffnung, die sie wenige Stunden zuvor noch hatte, sind damit dahin. Da hatte sie auf verkürzte Öffnungszeiten mit entsprechenden Abstandsregelungen ab Mai spekuliert. Jetzt bleibt für den Umbau des Cafés noch mehr Zeit. Eigentlich, so erzählt sie, wollten sie ursprünglich nur die Risse im Mauerwerk ausbessern, die durch den Abriss des Nachbarhauses vor drei Jahren entstanden waren. Außerdem waren ein neuer Fußboden, neue Lampen und frische Farbe für die Wände vorgesehen. Zwei Wochen wollten sie dafür ihr Café schließen. Jetzt werden ungewollt wohl mindestens zwei Monate daraus.

    Café Zeitlos, Arco-Schlösschen, Kolpinghaus - alles dicht wegen Corona

    Die Corona bedingte Zwangspause nutzen die Enzersbergers nun, um das Café Zeitlos auch an Stellen zu verschönern, die zunächst gar nicht vorgesehen waren. So wie etwa die Fußleisten, die nun einen neuen Anstrich bekommen. Oder auch die Bar gleich neben dem Eingang, die Manfred Enzersberger gerade schreinert. Normalerweise steht er in der Küche des Arco-Schlösschens, dem zweiten Standbein der Enzersbergers, und brät ein Filet vom Landuro Schwein. Jetzt sägt er Bretter zurecht und zimmert Möbel. Wie lange sie noch im Zeitlos werkeln werden, ist derzeit völlig offen – und nach den neuesten Nachrichten auch unerheblich. „Jetzt is eh scho wurscht“, sagt er.

    Gerade hat er wieder einen Anruf bekommen. Die nächste Hochzeitsfeier im Arco, die abgesagt wurde. Auch für das Kolpinghaus, das ebenfalls die Enzersbergers betreiben, wird eine Veranstaltung nach der anderen gecancelt. Zwei bis drei Monate, sagt Manfred Enzersberger, könne er unter diesen Bedingungen überbrücken. Seine Angestellten hat er, wie viele andere Betriebe auch, in Kurzarbeit geschickt.

    Im Haus Enzersberger wird zum ersten Mal Ostern gemeinsam gefeiert

    Im Café Zeitlos wurden unter anderem ein neuer Boden verlegt und die Wände gestrichen.
    Im Café Zeitlos wurden unter anderem ein neuer Boden verlegt und die Wände gestrichen. Foto: Claudia Stegmann

    Noch sind Michaela und Manfred Enzersberger aber guter Dinge. „Uns geht’s eigentlich gut“, sagen sie. Der Shutdown hat für ihr Familienleben bislang unbekannte Möglichkeiten eröffnet: Zum ersten Mal überhaupt hätten sie zusammen Ostern gefeiert. Und im Garten steht jetzt ein selbst gebautes Baumhaus. „Die erzwungene Pause hat auch ihr Gutes“, sagt Michaela Enzersberger und streichelt eine weitere Fußleiste mit dem Pinsel.

    Der Pinsel ist in diesen Tagen auch das Handwerkszeug der Mitarbeiter von Leotrim Gashi. Normalerweise stehen sie an der Türe oder hinter der Bar. Doch der Stillstand in den Gastrobetrieben wird auch in der Fly-Bar für Umbauarbeiten genutzt. „Eigentlich wollten wir nur einen ordentlichen Frühjahrsputz machen“, sagt

    Im Bootshaus in Neuburg wurde die Küche vergrößert

    Leotrim Gashi (links) hat Barkeeper Marcel (Mitte) und Türsteher Alex für die Umbauarbeiten in der Fly-Bar verpflichtet.
    Leotrim Gashi (links) hat Barkeeper Marcel (Mitte) und Türsteher Alex für die Umbauarbeiten in der Fly-Bar verpflichtet. Foto: Claudia Stegmann

    Auch die Gashi-Brüder hatten gehofft, Anfang Mai zumindest eingeschränkt den Betrieb im Huba und im Bootshaus wieder aufnehmen zu können. Im Bootshaus wurde zuletzt die Küche vergrößert, um die Gäste auch bei einem vollen Biergarten adäquat bewirten zu können. Doch der wird vorerst leer bleiben müssen, auch wenn das Wetter noch so schön ist. Leotrim Gashi ist aber optimistisch, dass sich die Neuburger mit den Neuburger Betrieben solidarisch zeigen werden, sobald es die Situation wieder zulässt. „Wenn es wieder los geht, werden die Gäste auch kommen.“

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