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Weichering: Mehr Arbeitsplätze, mehr Verkehr: Paketzentrum Weichering sorgt für Kontroverse

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Mehr Arbeitsplätze, mehr Verkehr: Paketzentrum Weichering sorgt für Kontroverse

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    Mit einem neuen Paketzentrum in Weichering sollen die bestehenden Zentren in Augsburg, Nürnberg, Regensburg und Aschheim entlastet werden. Außerdem verkürzen sich dadurch die Wege.  	„Ich frage mich, ob es für so eine weitreichende Entscheidung nicht einen Bürgerentscheid bräuchte.“„Dafür haben mich die Leute schließlich gewählt, dass ich solche Entscheidungen treffe.“
    Mit einem neuen Paketzentrum in Weichering sollen die bestehenden Zentren in Augsburg, Nürnberg, Regensburg und Aschheim entlastet werden. Außerdem verkürzen sich dadurch die Wege. „Ich frage mich, ob es für so eine weitreichende Entscheidung nicht einen Bürgerentscheid bräuchte.“„Dafür haben mich die Leute schließlich gewählt, dass ich solche Entscheidungen treffe.“ Foto: dpa

    Das geplante Paketzentrum in Weichering spaltet die Gemüter. Während der Gemeinderat darin die Chance erkennt, die Gemeinde aus der Dauer-Finanzkrise zu holen, gehen Bürger auf die Straße. Am kommenden Sonntag findet nahe des geplanten Standortes zwischen Maxweiler und Weichering eine Kundgebung statt, die sich gegen das Vorhaben richten wird. Sie könnte eine Messlatte dafür sein, wie groß der Widerstand in Weichering und Maxweiler tatsächlich ist. Weichering hat rund 1600 Einwohner, in Maxweiler wohnen 175 Menschen. Kämen 100 Teilnehmer, wären das fünf Prozent der Bürger aus den beiden Orten.

    100.000 Quadratmeter Acker- und Grünfläche, die bebaut und asphaltiert werden. Etwa 750 Last- und Lieferwagen, die täglich hin- und herfahren werden. Ein Betrieb, der 24 Stunden am Tag laufen wird. Es sind Argumente wie diese, die nicht nur besorgte Bürger, sondern auch den Bund Naturschutz und den Landesbund für Vogelschutz gegen das Projekt ins Feld führen. Aber sind das Einwände, die auch für Gernot Etzlstorfer, den einzigen Vertreter der Grünen im Weicheringer Gemeinderat, zählen?

    Der gebürtige Österreicher ist einer, der sich schon des Öfteren im Alleingang gegen seine Kollegen im Gemeinderat gestellt hat. Beim geplanten Paketzentrum hat er bislang jedoch kein Veto eingelegt. Nichtsdestotrotz verhehlt er nicht, dass er bei dem Thema hin- und hergerissen ist. Einerseits, so sagt er, sei der Flächenverbrauch atemberaubend und der Lkw-Verkehr mit bis zu 60 Fahrzeugen pro Stunde eine große Belastung. Außerdem würde das Areal in ein Landschaftsschutzgebiet gebaut werden. Diesen Status könne man nicht einfach zurücknehmen, „nur weil man gerade den Platz braucht“.

    Paketzentrum Weichering: Vorteile und Nachteile abwägen

    Auf der anderen Seite seien aber die Vorteile für den Ort und die Region nicht von der Hand zu weisen: 400 tarifgebundene Arbeitsplätze, die Gewerbesteuereinnahmen für die Gemeinde und enorme CO2-Einsparungen, weil Hunderte von Fahrzeugen wegen des zusätzlichen Verteilzentrums jeden Tag kürzere Wege haben. „Wenn solche Mengen an Strecken eingespart werden können, dann akzeptiere ich, dass die Belastung lokal steigt, um sie regional zu senken“, sagt Etzlstorfer.

    Viele Fragen sind für ihn noch offen. Deshalb sei seine Entscheidung pro oder contra Paketzentrum noch nicht gefallen. Etzlstorfer stellt sich gar die Frage, ob eine solche weitreichende Entscheidung überhaupt der Gemeinderat treffen sollte oder ob ein Bürgerentscheid nicht der bessere Weg sei.

    Diese Option kommt für Karl Beck von der CSU keinesfalls infrage. „Dafür haben mich die Leute schließlich gewählt, damit ich solche Entscheidungen treffe. Sonst bräuchte es ja keinen Gemeinderat“, ist seine Meinung. Genauso geradlinig ist sein Standpunkt zum Paketzentrum: „Meine Entscheidung steht: Das Paketzentrum soll kommen.“ Die Arbeitsplätze und die Gewerbesteuereinnahmen sind auch für ihn schlagende Argumente. „Wenn die Post nicht in Weichering bauen kann, dann macht sie es halt anderswo in der Region.“ Unter anderem sei wohl auch Neuburg mit einem Standort bei Bruck/Rothheim im Gespräch gewesen. Karl Beck will mit seiner persönlichen Meinung nicht für seine CSU-Kollegen oder gar den gesamten Gemeinderat mitsprechen. Doch er sagt: „Wir waren immer einstimmig der Meinung, dass das etwas Gutes für Weichering ist.“

    Paketzentrum soll für lange Zeit einzige Gewerbeansiedlung bleiben

    So sieht es auch Andrea Appel-Fischer von der SPD. In den bisherigen Gesprächen seien sich alle Gremiumsmitglieder einig gewesen. Ihre persönliche Meinung, die sie mit ihrem SPD-Kollegen Friedrich Höche teilt, lautet: „Wir stehen hinter dem Paketzentrum.“ Natürlich würde sie auch die Nachteile wie den Flächenverbrauch sehen. Doch mit dem Paketzentrum würden weitere Gewerbeansiedlungen in den nächsten 15, 20 Jahren überflüssig gemacht werden. „Wir würden darüber hinaus keine weiteren Gewerbeflächen ausweisen“, sagt sie. Für Andrea Appel-Fischer steht fest: Weichering könnte nichts Besseres passieren. Und so würde es auch die meisten Bürger sehen, mit denen sie ins Gespräch kommt. „Ich bekomme überwiegend nur positives Feedback.“

    Ganz andere Erfahrungen hat dagegen Stefan Appel von der Weicheringer Dorfgemeinschaft (DGW) gemacht. Die Rückmeldungen, die ihn erreicht haben, seien eher negativ, verunsichert oder enttäuscht gewesen. „Mir ist noch keiner vor Freude darüber in die Arme gesprungen.“ Seiner Meinung nach gebe es noch viel Informationsbedarf – nicht nur für die Bürger, sondern auch für die Gemeinderäte. Stefan Appel habe für sich noch keine finale Entscheidung getroffen, sagt er. „In meiner Brust schlagen zwei Herzen: Einerseits brauchen wir das Geld. Kindergärten, Schulen, Neubaugebiete – das alles verschlingt ein Heiden Geld. Andererseits steigt der Verkehr und wir verbrauchen jede Menge Fläche.“ Vorteile und Nachteile wiegen seiner Meinung nach gleich viel, weshalb er sich noch nicht entschieden habe. Er wolle deshalb die Sicht der Bürger dazu abwarten und diese in seine Entscheidung mit einfließen lassen. Außerdem vertraut er auf den formalen Prozess, den das Vorhaben durchlaufen muss. Ehe gebaut werden könne, müssten noch viele Instanzen durchlaufen werden, in denen verschiedenste Aspekte beleuchtet und bewertet werden.

    In der Tat ist es noch ein langer Weg, ehe das Paketzentrum tatsächlich gebaut werden darf. Im Augenblick handelt es sich um Vorgespräche mit der Deutschen Post DHL, denen der Gemeinderat – wenn man so will – ergebnisoffen positiv gegenübersteht. Nächster Schritt wäre, eine Genehmigung zu erhalten, dass der geplante Standort zwischen Weichering und Maxweiler im Außenbereich bebaut werden darf. Eine Anfrage beim Innenministerium läuft derzeit, wie Werner Seitle von der Gemeindeverwaltung in Weichering sagt. Danach muss der Natur- und Umweltausschuss des Kreistages genehmigen, dass das Paketzentrum in einem ausgewiesenen Landschaftsschutzgebiet entsteht. Grundlage dafür wird unter anderem die Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde sein. Weil das Landschaftsschutzgebiet nicht einfach ausgelöscht werden kann, muss es in gleicher Größe an anderer Stelle ausgewiesen werden.

    So läuft das Verfahren für das Paketzentrum in Weichering

    Sind diese Hürden genommen, muss der Flächennutzungsplan geändert werden, damit an diesem Standort eine gewerbliche Nutzung möglich wird. Der Gemeinderat Weichering wird dafür ein Planungsbüro beauftragen, das unter anderem alle Träger öffentlicher Belange um ihre Einschätzung beten wird. Auch Bürger haben in diesem Zuge die Möglichkeit, ihre Bedenken zu äußern.

    Parallel zum Flächennutzungsplan kann der Bebauungsplan aufgestellt werden. In diesem wird unter anderem dokumentiert, welche Nachteile das Vorhaben mit sich bringt und wie diese ausgeglichen werden. Da geht es etwa um Lärmschutzwände, die Bepflanzung des Geländes oder um artenschutzrechtliche Prüfungen. Auch dazu können die Träger öffentlicher Belange sowie Bürger ihre Stellungnahmen abgeben. Spätestens an diesem Punkt muss sich auch der Gemeinderat final entscheiden, ob das DHL-Projekt verwirklicht werden soll oder nicht.

    Erst wenn der Flächennutzungsplan und der Bebauungsplan genehmigt sind, ist Baurecht entstanden – und erst dann kann das Paketzentrum gebaut werden. Wie lange der ganze Prozess dauert, lässt sich aufgrund der Komplexität schwer abschätzen. Er wird jedoch sicherlich mindestens ein Jahr dauern. Aus diesem Grund wurde der mögliche Baubeginn auch auf das Jahr 2023 angesetzt.

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