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Neuburg: Weg vom Diktatorischen

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Weg vom Diktatorischen

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    Rainer Zack ist Gemeindevorsteher im Ehrenamt. Er arbeitet hauptberuflich bei Audi. Seit 15 Jahren ist er Pastor der Neuapostolischen Kirche in Neuburg und hofft, dass die Kirchenbänke in Zukunft wieder etwas voller werden.
    Rainer Zack ist Gemeindevorsteher im Ehrenamt. Er arbeitet hauptberuflich bei Audi. Seit 15 Jahren ist er Pastor der Neuapostolischen Kirche in Neuburg und hofft, dass die Kirchenbänke in Zukunft wieder etwas voller werden. Foto: Gloria Geißler

    Von außen mutet die Kirche riesig an. Lang steckt sich das Gebäude von der Rohrenfelder Straße nach hinten. Die Front ziert ein großes Kreuz, hinter dem symbolisch die Sonne aufgeht. Wer eintritt, den empfängt der Charme der 60er Jahre und überraschenderweise kein Kirchenraum, sondern eine große Garderobe. Bis auf das Zimmer des Pastors und einen Gemeinschaftsraum mit Tischen und Stühlen ist im Erdgeschoss nicht mehr viel. Das Wesentliche findet sich im ersten Stock. Der Raum, in dem die Gottesdienste stattfinden, ist groß. Zu groß für die 165 Mitglieder zählende Gemeinde der Neuapostolischen Kirche in Neuburg. „Zu Hochzeiten waren es weit über 300“, berichtet Pastor Rainer Zack. „Da war die Kirche voll.“ Heute seien es sonntags im Schnitt 60 Gottesdienstbesucher.

    Die Jungen fehlen, sagt Zack. Woran das liegt, weiß er nicht: „Vielleicht, weil es den Menschen zu gut geht?!“ Für ihn selbst bedeutet das, dass sein Ehrenamt mit den Jahren zeitaufwendiger wird. „Bei uns ist es üblich, dass der Gemeindevorsteher zu allen Menschen kommt, die den Gottesdienst nicht mehr besuchen können, und mit ihnen feiert.“ Damit bleibt für den Technischen Betriebswirt bei Audi wenig Freizeit, denn Gemeindevorsteher bei der Neuapostolischen Kirche ist ein Ehrenamt. Erst das Bischofsamt ist bei den Neuapostolischen hauptamtlich. Die Diakone, Priester, Evangelisten, Hirten, Bezirksevangelisten und Bezirksältesten werden vom Apostel ausgesucht und berufen. Über ihm steht nur noch der Bezirksapostel und der Stammapostel, der dem Papst entspricht. Sie alle verstehen sich als Nachfolger der ersten Apostel Jesu von Nazaret.

    Ein theologisches Studium hat Zack nicht. Das sei nicht üblich. Aber natürlich braucht es ein gewisses Talent und Engagement, um eine Gemeinde zu führen und die Predigt frei sprechen zu können, wozu ihn der Heilige Geist befähigt.

    Ein riesiges Gotteshaus haben die Neuburger Neuapostolischen in der Rohrenfelder Straße.
    Ein riesiges Gotteshaus haben die Neuburger Neuapostolischen in der Rohrenfelder Straße. Foto: Gloria Geißler

    Im Gegensatz zu anderen Glaubensrichtungen gibt es bei den Neuapostolischen drei Sakramente: die Heilige Wassertaufe, das Heilige Abendmahl und die Heilige Versiegelung. Durch die Taufe werden die Mitglieder – hauptsächlich bereits im Kindesalter – in die Gemeinschaft aufgenommen, die Versiegelung ist die Taufe mit dem Heiligen Geist und bewirkt die „Gotteskindschaft“. Das Heilige Abendmahl wird in jedem Gottesdienst gefeiert und ist jedem zugänglich – auch Kindern.

    In einigen Punkten ähnelt die Neuapostolische Kirche dem Katholizismus. Von dem haben sich deren Vorläufer in den 1860er Jahren abgespalten. Eine Besonderheit ist die Lehre über Verstorbene. Dreimal jährlich findet ein Gottesdienst zum Gedenken an die Entschlafenen statt. In diesem werden die Sakramente den Seelen verstorbener Menschen gespendet.

    Bis vor einigen Jahren habe der Neuapostolischen Kirche die Offenheit gefehlt, gesteht Zack. Gerade wegen der strengen Gehorsamsstruktur hätten viele Mitglieder die Neuapostolische Kirche verlassen. Doch das habe sich inzwischen geändert. Das diktatorisch Konservative weiche langsam auf. Zack hofft so, auch die jungen Menschen wieder zu erreichen. Damit die Kirche bald wieder voll ist.

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