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Phänomen: Warum auch in Neuburg so viele Barbershops eröffnen

Phänomen

Warum auch in Neuburg so viele Barbershops eröffnen

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    Aboud Loli, 31, aus Syrien hat seit Mitte Dezember einen Barbershop in der Weinstraße. Den Laden hat der von der Familie Lettenmayer gemietet, die nebenan eine Kaffeerösterei betreibt.
    Aboud Loli, 31, aus Syrien hat seit Mitte Dezember einen Barbershop in der Weinstraße. Den Laden hat der von der Familie Lettenmayer gemietet, die nebenan eine Kaffeerösterei betreibt. Foto: Fabian Kluge

    David Beckham trägt ihn, Mats Hummels sowieso und Prinz Harry wollte sich nicht einmal zu seiner Hochzeit von ihm trennen. Keine Frage: Bärte sind wieder schwer in Mode. Standen sie jahrelang für Ungepflegtheit, feiern mittlerweile selbst Schnauzer wieder eine echte Renaissance. Unzählige Pflegeprodukte in Drogeriemärkten zeugen von der besonderen Verbindung der Männer zu ihrer Gesichtsbehaarung. Der Mann von heute lässt sich seinen Bart auch gerne pflegen.

    Möglich ist dies in sogenannten Barbershops. Sie sprießen in den vergangenen Jahren in deutschen Städten wie Bartstoppeln nach der Rasur. Alleine drei gibt es in Neuburg. Erst Mitte Dezember hat Aboud Loli, 31, seinen Barbershop in der Weinstraße eröffnet. Im Schaufenster blinkt noch ein kleiner Weihnachtsbaum, drin saust der Inhaber mit schnellen Scherenschnitten um den Kopf eines Kunden. Dieser wünscht sich lediglich einen Haarschnitt, aber schon der nächste möchte seinen Bart stutzen lassen. Doch warum erleben

    Augenbrauen mit Fäden zupfen

    Der 31-jährige Syrer vermutet, dass es am Gesamtpaket liegt: „Herren erhalten hier auf Wunsch eine Bartpflege. Da die Rasur mit dem messer stattfindet, sieht es danach sauber und gepflegt aus.“ Loli zupft seinen Kunden außerdem die Augenbrauen mit einem Faden, entfernt Härchen an Nase und Ohren – vorausgesetzt, die Männer möchten das.

    Außerdem, sagt Loli, steige das Interesse an den Barbershops, weil mittlerweile viele Männer einen Bart tragen und mehr auf ein modisches Äußeres bedacht sind. „Bei Bärten ist es gerade in Mode, sie an den Seiten etwas kürzer, vorne dafür ein bisschen länger zu tragen“, erklärt Loli.

    Vor fünf Jahren kam der gebürtige Nordsyrer nach Deutschland. Obwohl er bereits in seiner Heimat einen Meisterbrief erhalten und jahrelang selbstständig gearbeitet hatte, musste er in der Bundesrepublik erneut eine Meisterprüfung absolvieren. 2017 bestand er diese in München.

    Loli verzichtet auf Feuer

    Von Showeinlagen wie dem Einsatz von Feuer, um Härchen wegzubrennen, hält Loli nichts. „Das ist zu gefährlich und nicht gut für die Haut.“ Er setzt lieber auf die Fadentechnik, die in südlichen Ländern stark verbreitet ist. Teil der Ausbildung sei sie dort aber nicht, erklärt Loli: „Die Technik bringt man sich in der Praxis selbst bei. Es gibt einige hier in Neuburg, die sich gerne die Augenbrauen mit Fäden zupfen lassen.“

    Noch arbeitet Loli alleine in seinem Laden, in ein paar Wochen will er noch jemanden zusätzlich einstellen. Mit dem Start seines Geschäfts zeigt er sich zufrieden: „Für den Anfang läuft es gut, die Kundschaft ist zufrieden und ich habe den passenden Laden bei netten Vermietern gefunden.“

    Einer, der das Herrenfriseur-Geschäft schon seit gut 50 Jahren sehr gut kennt, ist Walter Binknus aus dem gleichnamigen Salon am Schrannenplatz. Er ist Mitglied der Friseurinnung, 45 Friseure gibt es alleine in Neuburg. Auch er vermutet, dass vor allem die Bartmode für den Hype der Barbershops verantwortlich ist: „Sie ist in den vergangenen fünf bis zehn Jahren wiedergekommen, sie ist wieder in geworden.“ Auch der 64-Jährige trägt Bart – einen an der Seite hochgerollten Schnauzer. Sein Markenzeichen, wie er selbst sagt.

    Stars geben Frisurenmode vor

    Er kennt das Geschäft schon seit über 50 Jahren: Herrenfriseur Walter Binknus aus dem gleichnamigen Salon am Schrannenplatz in Neuburg.
    Er kennt das Geschäft schon seit über 50 Jahren: Herrenfriseur Walter Binknus aus dem gleichnamigen Salon am Schrannenplatz in Neuburg. Foto: Fabian Kluge

    Zwar bezeichnet er die Barbershops als Modeerscheinung, sagt aber auch: „Die Bartpflege, die dort angeboten wird, ist gutes Handwerk. Wir mussten früher noch mit einem Ballon üben, um das richtige Gefühl mit dem Messer bei der Rasur zu erlangen.“ Eine Zeit lang durften Friseure dann gar nicht mehr rasieren. „Das war vor allem in den Jahren, als Aids aufkam“, erinnert sich Binknus.

    Was über all die Jahre hinweg gleich geblieben ist: Fußballer, Stars und Prominente haben maßgeblichen Einfluss, welche Haarmode gerade in ist. „Viele suchen sich die passenden Frisuren im Internet raus und bringen sie dann auf einem Foto mit“, sagt der Herrenfriseur. 2019 gehen die Frisuren für die Herren wieder weg vom beliebten Undercut, also Seiten kurz, oben lang. In Mode sind stattdessen wieder längere Haare. Frauen tendieren in diesem Jahr wieder mehr zu Locken.

    Doch egal ob Locken oder Glatze. Auch nach 50 Jahren sagt Binknus: „Friseur ist einer der schönsten Berufe. Man hat mit den unterschiedlichsten Menschen zu tun und ist schon so eine Art Seelenklempner. Wenn es einem nicht gut geht, lässt man sich den Kopf waschen. Dann sieht die Welt schon wieder anders aus.“

    Das sieht auch Loli so. Friseur sei für ihn weniger ein Beruf als vielmehr eine Berufung: „Es ist mein Traumjob“, sagt er und greift wieder zum Messer, um seinem nächsten Kunden den Dreitagebart zu kürzen.

    Lesen Sie dazu eine Kolumne von Fabian Kluge.

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