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Pandemie: Wegen Corona: Hunde-Boom zeichnet sich auch im Landkreis ab

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Wegen Corona: Hunde-Boom zeichnet sich auch im Landkreis ab

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    Besonders während der Corona-Pandemie hat die Nachfrage deutlich zugenommen.
    Besonders während der Corona-Pandemie hat die Nachfrage deutlich zugenommen. Foto: Jonas Gütller (Symbolfoto)

    Hundebesitzer ernten aktuell ungewöhnlich viele neidische Blicke. Nicht, weil der vierbeinige Begleiter besonders süß drein geschaut hätte oder besonders engagiert das Stöckchen zurückbringt. Vielmehr steht der Hund für die Erfüllung zweier Wünsche. Erstens: das Haus verlassen, und zwar egal wann – ob nun Ausgangssperren gerade gelten oder nicht. Zweitens: einen treuen Begleiter an der Seite zu haben, der einen im tiefsten Lockdown-Blues aufmunternd mit der feuchten Nase anstupst und sich neben einem aufs Sofa kuschelt, während die ganze Welt Abstand hält. Kein Wunder also, dass sich gerade jetzt so viele Menschen einen Hund zulegen.

    Tierschutzverein Neuburg-Schrobenhausen erlebt in der Pandemie einen Ansturm

    „Wir können uns kaum retten“, sagt Gerd Schmidt, Vorsitzender des Tierschutzvereins Neuburg-Schrobenhausen, und meint damit die Nachfrage nach kleinen, unkomplizierten Hunden. Seit 30 Jahren arbeitet Schmidt im Tierheim. Noch nie habe er eine solche Nachfrage erlebt. „Das hat nachvollziehbar mit Corona zu tun.“

    Wer glaubt, ein Tierheimleiter müsste diese Entwicklung eigentlich positiv sehen, weil dann weniger Tiere auf ein neues Zuhause warten, der täuscht sich. „Ich gehe davon aus, dass nach der Corona-Pandemie die Heime voll sein werden“, sagt Schmidt. Denn die Einrichtungen haben längst nicht so viele Hunde abzugeben, wie aktuell nachgefragt werden. Und zumindest Schmidt gibt die Tiere nicht einfach ohne Prüfung des neuen Besitzers weg. Also erfüllen sich die Menschen ihren Hundewunsch woanders – bei Züchtern, im Ausland, auf dem Schwarzmarkt. „Diese Tiere belasten dann die Heime, wenn die Besitzer merken, dass es vielleicht doch nicht so leicht ist, einen Hund zu halten“, fürchtet Schmidt.

    Auch einige Züchter sehen den aktuellen Boom durchaus kritisch, so wie dieser aus dem Landkreis, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Er missbilligt den Boom, wie er gerade stattfindet, moniert die Vorgehensweise der Leute, die versuchen, an einen Welpen zu kommen. Beispielsweise bieten ihm Familien mehr Geld, eine Provision oder drängen ihm anderweitige Gegenleistungen auf. „Das ist absurd und ekelt an.“ Ähnlich ergeht es einer anderen Züchterin aus der Region. Auch sie will nicht namentlich genannt werden.

    Gerd Schmidt, vorsitzender des Tierschutzvereins Neuburg-Schrobenhausen, hat gerade mit einem Ansturm zu kämpfen.
    Gerd Schmidt, vorsitzender des Tierschutzvereins Neuburg-Schrobenhausen, hat gerade mit einem Ansturm zu kämpfen. Foto: Manfred Dittenhofer (Archiv)

    Etwa 50 Prozent mehr Anfragen gehen bei ihr in Lockdown-Zeiten ein. Manchmal habe sie Tage mit 15 E-Mails im Postfach und zehn unbeantworteten Anrufen auf dem Telefon. Interessiert seien vor allem Familien. „Es ist uferlos“, sagt sie, „und tragisch.“ Die Vereinsamung der Leute, die fehlenden sozialen Kontakte: „Ich denke, dass der Hund das kompensieren soll.“ Dazu seien viele Arbeitnehmer im Homeoffice und nähmen an, die doch intensivere Betreuung eines Welpen stemmen zu können. Aber, sagt die Züchterin deutlich, auch im Homeoffice müsse man arbeiten.

    Normalerweise bekunden Menschen ihr Interesse, kommen vorbei, man lernt sich gegenseitig kennen und der Züchter entscheidet sich dann für oder gegen den Interessenten. „Das geht wegen Corona momentan leider nicht.“ Deshalb hat die Züchterin Wartelisten eingeführt: Angenommen also, in drei Monaten gebe es den nächsten Wurf. Die Interessenten melden sich telefonisch und werden in eine Liste eingetragen. Weil die Leute aber so unbedingt einen Hund wollen, rufen sie – anders als früher – bei mehreren Züchtern parallel an und lassen sich auf die jeweiligen Listen schreiben – wodurch das Prinzip torpediert werde. Dass der Welpe an die richtigen Besitzer kommt, ist für sie – wie für alle seriösen Züchter – sehr wichtig. Über das Telefon, über das Internet, über Videoanrufe: „Ich schaue mir die Leute sehr genau an, sehr kritisch.“

    Raum Neuburg: Neben Hunden sind auch Katzen gefragt

    Neben Hunden sind auch Katzen gefragt, die traditionellen Lieblingstiere hierzulande: Schon vor Beginn der Pandemie lebte in jedem vierten deutschen Haushalt eine Katze, in jedem fünften ein Hund. Jetzt, in Zeiten von Isolation und fehlenden Freizeitaktivitäten schießen die Anfragen massiv in die Höhe. Nach Angaben des Verbands für das deutsche Hundewesen, kurz VDH, sind im vergangenen Jahr rund 20 Prozent mehr Hunde gekauft worden als in den Jahren davor.

    Unproblematisch sieht Christine Schneemeier diesen Trend zum Haustier, den die Tierärztin auch in ihrer Praxis beobachtet. „Wir können das nicht mit Zahlen belegen, aber vor allem Besitzer von Hundewelpen kommen mehr und mehr in die Praxis“, sagt sie. Auch sie beobachtet, dass sich viele Familien einen Hund zulegen. Kunden erzählen ihr von Problemen, aktuell überhaupt einen Hund zu bekommen. „Ich denke, viele überlegen schon länger, sich ein Tier zuzulegen, treffen aber jetzt die Entscheidung.“ Der Urlaub sei eh gestrichen und im Homeoffice hätten die Menschen Zeit, die so wichtige Bindung mit dem Tier aufzubauen.

    Neuburg-Schrobenhausen: Welpen sollten aus seriöser Quelle kommen

    Allerdings, betont sie, sollten Interessierte darauf achten, dass die Hundewelpen aus einer seriösen Quelle kommen. „Leider hatten wir zuletzt einige Fälle, in denen Tiere krank waren. Das treibt dann natürlich auch die Kosten in die Höhe.“ Tierschutzorganisationen, die auch in der Region tätig sind, seien im Gegensatz zu dubiosen Internetquellen verlässliche Ansprechpartner. „Wer sich unsicher ist, kann auch bei den Tierschutzorganisationen oder Tierärzten nachfragen“, so Schneemeier.

    Auch der Landestierschutzverband schlägt, ob der gestiegenen Nachfrage nach Hundewelpen, Alarm. So habe der illegale Handel mit den Tieren enorm zugenommen, heißt es in einer Pressemitteilung. Häufig würden die Welpen unter tierschutzwidrigen Bedingungen gezüchtet und transportiert. Ein aktuelles Beispiel ist der Fall eines acht Wochen alten Hundewelpen, der am Dienstag zufällig von Polizeibeamten in einem Koffer entdeckt wurde. Der Verband appelliert deshalb an alle Tierliebhaber, keine Tiere aus unklaren Quellen, über das Internet oder von dubiosen Anbietern zu erwerben.

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