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NeuburgDonau: PFC: Noch scheint alles im grünen Bereich

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PFC: Noch scheint alles im grünen Bereich

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    Fisch-, Obst- und Gemüseproben aus Weihern und Privatgärten um den Flugplatz Zell wurden und werden derzeit noch am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit untersucht. 
    Fisch-, Obst- und Gemüseproben aus Weihern und Privatgärten um den Flugplatz Zell wurden und werden derzeit noch am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit untersucht.  Foto: Matthias Becker

    Wer sich mit dem Thema PFC auseinandersetzt, dem wird schnell bewusst, mit welch diffiziler Materie er es zu tun hat. Allein wegen der damit zusammenhängenden Begrifflichkeiten ist der Versuch, die Problematik einfach darzustellen, eine große Herausforderung – und zwar offenkundig auch für Experten, denen diese Thematik nicht ganz fremd ist. Einen Hinweis darauf geben zum Beispiel die jetzt deutlich verschärften Richtwerte für Substanzen der Industriechemikalie in Bezug auf eine wöchentlich unbedenkliche Aufnahmemenge. Denn was die strengeren Bewertungen für die Verbraucher letztlich bedeuten, ist weiter unklar.

    Der Grund ist, dass noch nicht ausreichend erforscht ist, wie stark Lebensmittel durchschnittlich mit den Chemikalien belastet sind und ob diese Belastung nun über oder unter den neuen Richtwerten liegt. Beides habe das Landesamt für Gesundheit und Lebenssicherheit auch auf eine wiederholte Anfrage des Bayerischen Rundfunks bei dessen Recherchen zur PFC-Belastung nicht mitteilen können, wie der Sender wissen lässt. Der Grund dafür liegt auch darin, dass die „Kommission Human-Biomonitoring” (HBM-Kommission) des Umweltbundesamtes wegen der Unklarheit der Datenlage (noch) nicht festgelegt hat, ab wann die Gesundheit letztlich tatsächlich gefährdet ist.

    PFC: Aktuell werden beim zuständigen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit Fische, Obst und Gemüse untersucht

    Nichtsdestotrotz hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) im August neue, verschärfte Richtwerte für die wöchentliche Aufnahme von Perfluoroctansulfonsäuren (PFOS) festgelegt. Bei PFOS handelt es sich um die im Grundwasser ermittelten Belastungswerte rund um mehrere Bundeswehrstandorte, darunter auch die bei Manching und Neuburg. Der tolerierbare Richtwert wurde deutlich, nämlich um das 80-fache verschärft. Die Chemikalie gilt als möglicherweise krebserregend. Aktuell lässt das Landratsamt in Neuburg, Fische sowie Obst und Gemüse beim Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) untersuchen. Bei bereits davor vorgenommenen Proben in Lebensmitteln und im Wasser konnte das LGL Entwarnung geben.

    Wie Pressesprecherin Sabine Gooss vom Landratsamt mitteilt, wurden zuletzt verschiedene Fischarten aus Weihern gefischt, die in der Grundwasserströmung liegen, die auch durch den Flugplatz Zell verläuft. Die Fische wurden dann an das LGL geschickt. Dorthin ging auch Obst und Gemüse, das von den drei Hausbrunnen bewässert wurde, bei denen erhöhte Werte gemessen worden waren. Mit den Ergebnissen der kürzlich vom Landratsamt eingeschickten Fisch-, Obst- und Gemüseproben werde, so Gooss, in den nächsten Wochen gerechnet. Möglicherweise sollen auch noch Proben von Wildtieren und von Eiern zur Untersuchung nach Oberschleißheim geschickt werden.

    PFC: Das zuständige Landesamt in Oberschleißheim verwendet die strengeren Richtwerte schon seit Ende 2018

    Wie das LGL auf Anfrage mitteilt, zieht es die strengeren Richtwerte bei seinen Untersuchungen schon seit Ende 2018 heran. Damals hat bereits die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde eine Neubewertung zu gesundheitlichen Risiken durch PFOS in Lebensmitteln veröffentlicht. Bereits 2018, teilt das LGL mit, seien aus der Umgebung des Flugplatzes pflanzliche Lebensmittel untersucht worden (Pflaumen, Weizen, Gurken), in denen keine entsprechenden Substanzen nachweisbar waren. Anfang dieses Jahres habe das Landesamt eine Fleisch- und eine Leberprobe von einem Schwein aus der näheren Umgebung des Flughafens untersucht, dort sei ebenfalls nichts nachzuweisen gewesen. Im Juni 2019 sei zudem noch ein Karpfen aus dem Zeller Moosweiher untersucht worden, in dem nur geringe Gehalte der Substanzen nachweisbar gewesen seien. Ein Verzehr würde, so das LGL, „zu keiner für die lebensmittelrechtliche Beurteilung relevanten Überschreitung des mittlerweile geltenden, strengeren Richtwertes führen“. Auch zwei Rohwasserproben aus den Wasserversorgungen der Arnbachgruppe und den Stadtwerken Neuburg seien noch 2018 am LGL ohne entsprechend nachweisebare Substanzen untersucht worden.

    Neben den Lebensmitteluntersuchungen laufen derzeit auch noch weitere Detailuntersuchungen. Neben Weihern und privaten Brunnen werden dabei auch zum Beispiel die kontaminierten Flächen auf dem Gelände des Flugplatzes in Zell genauer unter die Lupe genommen. Mit Ergebnissen wird noch in diesem Jahr gerechnet.

    Individuelle Fragen von Anwohnern oder anderen Bürgern zum Thema PFC werden vom Landratsamt Neuburg-Schrobenhausenunter der eigens hierfür eingerichteten E-Mail-Adresse pfc@lra-nd-sob.de beantwortet.

    Wissenswertes zum Thema PFC

    • PFC ist eine Abkürzung für per- und polyfluorierte Chemikalien – auch bekannt als PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) oder PFT (perfluorierte Tenside).
    • PFAS sind eine Gruppe von Industriechemikalien, deren besondere Eigenschaften sie in vielen Industriebereichen und auch im Haushalt scheinbar unverzichtbar machen. Die bekanntesten Stoffgruppen der PFAS sind perfluorierte Alkylsulfonate (bekanntester Vertreter: Perfluoroktansulfonsäure, kurz PFOS), die auch im Bereich der Bundeswehrstandorte Manching und Neuburg nachgewiesen wurden.
    • PFOS (Perfluoroctansulfonsäure) ist eine Industriechemikalie, die jahrzehntelang bei der Herstellung vieler Produkte verwendet wurde, etwa in Beschichtungen von Textilien wie Outdoor-Kleidung oder Feuerlöschern. PFOS ist schwer abbaubar (beim Menschen hauptsächlich über die Nieren) und mittlerweile überall in der Umwelt verbreitet. Es ist daher auch in der Nahrungskette und im Menschen (etwa im Blut oder der Leber) nachweisbar. Die Verwendung ist seit 2010 in Europa verboten.
    • EFSA Im Dezember 2018 hat die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) eine Neubewertung zu gesundheitlichen Risiken durch PFOS in Lebensmitteln veröffentlicht. Danach wurden die vorläufigen, tolerierbaren wöchentlichen Aufnahmemengen für PFOS abgeleitet (13 Nanogramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Woche). Diese Werte geben die wöchentliche Dosis an, die bei lebenslanger Aufnahme keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen beim Menschen erwarten lassen.
    • Aufnahme PFOS wird vor allem über Milch und Milchprodukte, Fisch und Fischprodukte, Eier und Trinkwasser aufgenommen. In den meisten untersuchten Proben, die für die EFSA-Bewertung relevant waren, lagen die Werte unterhalb der Nachweisgrenzen.
    • Abwehr Konsumenten können die Aufnahme von PFOS über Lebensmittel kaum beeinflussen. PFOS geht in die Muttermilch über und reichert sich bereits während der Stillperiode im kindlichen Organismus an. Messergebnisse und Modellierungen zeigen jedoch, dass sich die Blutgehalte dieser Verbindungen von lange gestillten und nicht gestillten Kindern innerhalb weniger Jahre angleichen. Deshalb besteht derzeit kein Grund, von bestehenden Stillempfehlungen abzuweichen. (Quellen: Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit/Umweltbundesamt)

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar von Manfred Rinke: " Beim Thema PFC gilt es Vertrauen zu schaffen"

    Zum Thema PFC lesen Sie auch "PFC-Altlasten bei Manching: Steigende Werte bei Hausbrunnen"

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