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Neuburg/Weichering: Stiller Protest an gedeckten Tischen in Neuburg und Weichering

Neuburg/Weichering

Stiller Protest an gedeckten Tischen in Neuburg und Weichering

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    In Neuburg schlossen sich 17 Wirtsleute und Hoteliers zum stillen Protest auf dem Schrannenplatz zusammen. Dort deckten sie Corona konform Tische, an denen allerdings keiner Platz nehmen durfte. An ihre Seite stellten sich auch hochrangige Vertreter der lokalen Politik.
    In Neuburg schlossen sich 17 Wirtsleute und Hoteliers zum stillen Protest auf dem Schrannenplatz zusammen. Dort deckten sie Corona konform Tische, an denen allerdings keiner Platz nehmen durfte. An ihre Seite stellten sich auch hochrangige Vertreter der lokalen Politik. Foto: Claudia Stegmann

    Der Tisch ist gedeckt, das Bett frisch bezogen und die Mitarbeiter stehen bereit. Allein es fehlt an den Gästen. Seit vier Monaten haben die Gastronomien bundesweit geschlossen, und ein Ende ist aktuell nicht in Sicht. Im Vorfeld der nächsten Bund-Länder-Gespräche am Mittwoch hat der Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA deshalb zu einem stillen Protest aufgerufen. Dem schlossen sich Betroffene im Landkreis, unter anderem auf dem Schrannenplatz in Neuburg und vor dem Rathaus in Weichering an. Ihnen geht es nicht um Öffnungen auf Kosten der Gesundheit oder um jeden Preis. „Uns geht es um verlässliche Perspektiven und verantwortbare Szenarien“, sagte der stellvertretende Kreisvorsitzende des Verbandes und für Neuburg zuständige Gastronom, Karl Deiml vom Neuwirt.

    17 Gastwirte und Hotelliers aus Neuburg forderten auf dem Schrannenplatz eine verbindliche Perspektive

    Mit ihm hatten sich 17 Kollegen und Hoteliers vor dem Café Zeitlos die Mühe gemacht, Tische zu decken. Teils hatten die Wirte ihre eigene Bestuhlung dafür mitgebracht. Manfred Enzersberger, Wirt vom Arco, war der große Initiator für die Aktion in Neuburg. Bei Karl Deiml fand er ein offenes Ohr dafür – und nicht nur bei ihm. Auch Vertreter von Blaue Traube, Bootshaus, Da Manuele, Elisenlounge, Fly, Hertlein, Sonderbar, Huba, Il Re Matto, Kirchbauer, Mary’s Café Lounge, Ozon, Pfafflinger und Wittelbacher Golfclub waren neben den bereits Erwähnten vor Ort, um sich am stillen Protest zu beteiligen.

    Neuburgs Wirtesprecher Karl Deinl: "Ein Start von Null auf 100 läuft nicht."

    In seiner Ansprache vor der – so wie erhofft – überschaubaren Zahl an Schaulustigen verdeutlichte Wirtesprecher Deiml, dass Gastwirte und Hoteliers dringend eine verlässliche Perspektive brauchen. „Wir brauchen einen Vorlauf, können nicht von heute auf morgen loslegen“, verdeutlichte Deiml. Die Lager seien nach vier Monaten Stillstand leer. Brauereien müssten liefern, Waren müssten bestellt werden, festes Personal müsste aus der Kurzarbeit genommen sowie neue Kräfte und Aushilfen gesucht werden. „Ein Start von Null auf 100 läuft nicht.“ Gastronomie und Hotellerie hätten bereits nach dem ersten Lockdown vor einem Jahr bewiesen, „dass man mit Abstand aufsperren könnte“, sagte er und Manfred Enzersberger zeigte auf die mit Abstand aufgestellten Tische auf dem Schrannenplatz, wie dies aktuell konkret aussehen könnte. „Wo ist hier das Problem“, fragte er laut und erinnerte daran, dass die Gastronomie nachgewiesenermaßen bislang nicht zu den Pandemietreibern zählte.

    Beim stillen Protest in Neuburg machten auch Landrat Oberbürgermeister und Landtagsabgeordneter mit

    Unterstützung erhielten sie alle auch von politischer Seite. Landrat Peter von der Grün wies auf die seit längeren guten Inzidenzwerte des Landkreises hin und unterstützte die Betroffenen in ihrer Forderung nach einer bayernweiten Öffnungsstrategie. Oberbürgermeister Bernhard Gmehling warb auch für Verständnis für die hohe Politik, die aufgrund der Vielzahl von Interessen einen schwierigen Abwägungsprozess zu meistern habe. Er setze nun auf die Impfungen und ebenfalls auf eine Perspektive für Gastronomie, Hotellerie, aber auch für den Einzelhandel.

    Vogelsang-Chefin Christine Hammer (rechts) und ein Teil ihrer Mitarbeiter haben vor dem Rathaus einen Tisch und ein Bett aufgestellt, um für Öffnungsperspektiven in der Gastrobranche zu protestieren. Unterstützt wurden sie dabei von Bürgermeister Thomas Mack (2. von links).
    Vogelsang-Chefin Christine Hammer (rechts) und ein Teil ihrer Mitarbeiter haben vor dem Rathaus einen Tisch und ein Bett aufgestellt, um für Öffnungsperspektiven in der Gastrobranche zu protestieren. Unterstützt wurden sie dabei von Bürgermeister Thomas Mack (2. von links). Foto: Claudia Stegmann

    Monatelange Schließungen, zögerlich fließende Hilfsgelder und niedrige Inzidenzwerte: Landtagsabgeordneter Matthias Enghuber dankte den Wirten für ihren Zusammenhalt in der schwierigen Zeit und machte Mut. Schließlich gebe es seit Montag erste Öffnungen. Unter Einhaltung der Vorgaben müssten nun als nächstes der innerstädtische Handel folgen und dann die Gastronomie mit ihren Außensitzplätzen.

    Neben den Kollegen aus Neuburg hat an der Aktion am Montag auch das Gasthaus Vogelsang in Weichering teilgenommen. Vor dem Rathaus haben sich zehn der 35 Mitarbeiter postiert – angefangen von der Auszubildenden im ersten Lehrjahr, über die Servicekraft und die Bürohilfe bis hin zum langjährigen Koch. Mittendrin steht Gastwirtin Christine Hammer. „Ich wünsche mir, dass wir Ostern wieder aufmachen dürfen“, sagt sie. Mit dem schönen Wetter würde es die Menschen scharenweise nach draußen drängen. „Was bringt’s, wenn alle an den Weiher rennen oder sich privat treffen? Dann doch lieber in einem Biergarten mit Abstand“, ist ihre Meinung.

    Christine Hammer vom Voglsang in Weichering verfällt trotz aller Einschränkungen nicht ins Jammern

    In den vergangenen zwölf Monaten hatte die Gastrobranche sechs Monate geschlossen. Christine Hammer mag trotzdem nicht jammern. „Wir können zufrieden sein, wie’s läuft.“ Die November- und Dezemberhilfen seien bei ihr angekommen, das Liefergeschäft am Wochenende laufe gut und das Wohnmobil-Dinner würde wegen der hohen Nachfrage bereits zum dritten Mal stattfinden. Und trotzdem: Es sei an der Zeit, dass sich die Lage ändert.

    Den ersten Lockdown, so sagt sie, habe sie wegen der Unsicherheit der Situation noch verstanden. Auch dass es an Weihnachten und Silvester keine Veranstaltungen geben durfte, habe sie befürwortet. Doch mittlerweile schwinde die Akzeptanz. Manche Kollegen, so sagt sie, seien gar der Überzeugung, dass man die Gastrobetriebe zuletzt nicht hätte zusperren müssen.

    Weicherings Bürgermeister Thomas Mack unterstützte die Aktion vor dem Rathaus

    Neben Mitarbeitern hat am Montagvormittag auch die Familie von Christine Hammer und Bürgermeister Thomas Mack die Aktion unterstützt. Sie alle sind sich an diesem sonnigen Tag einig, dass die Durchhaltekraft schwindet und die Restriktionen zunehmend zur Belastung werden. „Die Leute wollen raus“, sagt Carsten Diebel, der seit 18 Jahren Koch im Gasthaus Vogelsang ist. Und auch er will wieder an den Herd – und zwar nicht nur am Wochenende.

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