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Neuburg: Wasser, Fische, Eier – was verseucht PFC in Neuburg noch?

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Wasser, Fische, Eier – was verseucht PFC in Neuburg noch?

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    Bei der Untersuchung von Hühnereiern aus einem Hof im Ortsteil Rosing in der Gemeinde Königsmoos waren zwei mit perfluorierten Chemikalien belastet. Zuvor war das Gift bei Fischen beim Einlauf der Friedberger Ach in die Donau nachgewiesen worden.
    Bei der Untersuchung von Hühnereiern aus einem Hof im Ortsteil Rosing in der Gemeinde Königsmoos waren zwei mit perfluorierten Chemikalien belastet. Zuvor war das Gift bei Fischen beim Einlauf der Friedberger Ach in die Donau nachgewiesen worden. Foto: Sophia Huber

    Die Verunsicherung unter den Bürgern wächst. Nach der Meldung über die mit perfluorierten Chemikalien belasteten Fische und Eier war das Thema PFC am Sonntag auch Thema rund um den Gottesdienst in der Kirche in Zell. „Jetzt Fische und Eier: die Menschen fragen sich, was kommt denn als Nächstes“, erzählt Roland Habermeier, Ortssprecher des Neuburger Stadtteils.

    Es ist mittlerweile knapp zehn Jahre her, dass bei ersten Probeuntersuchungen auch in und um den Fliegerhorst in Zell per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC) nachgewiesen wurden. „Seitdem wurde zwar viel untersucht. Aber die Chemikalien haben sich ja nicht aufgelöst. An der Situation der belasteten Böden und Gewässer inklusive Brunnen hat sich somit seitdem nichts verändert“, schildert Habermeier. „Und wenn ein Bürger weiß, dass Eier oder Fische rund um seine Heimat mit PFC belastet sind, dann isst er doch auch keine mehr.“ Der Ortssprecher gehe ja mit seinen Kindern auch nicht mehr im Zeller Weiher baden, nachdem das Gift dort nachgewiesen worden war.

    Ortssprecher vom betroffenen Neuburger Stadtteil Zell fordert Zuschuss für Wasserzähler in den Gärten der betroffenen Bürger

    Noch einmal  werden 36 Hausbrunnen in der Nachbarschaft zum Neuburger Flugplatz untersucht.
    Noch einmal werden 36 Hausbrunnen in der Nachbarschaft zum Neuburger Flugplatz untersucht. Foto: stock.adobe.com

    In einem Brief an Oberbürgermeister Bernhard Gmehling geht er auf die „leider sehr schleppende Aufarbeitung“ der PFC-Belastung und die Verunsicherung „rund um unser höchstes gut, das Grundwasser“, ein. Wegen der Ungewissheit, was Haus- und Bewässerungsbrunnen angeht, stellt er den Antrag, die betroffenen Bürger in den Stadtteilen um den Fliegerhorst mit einem einmaligen Zuschuss zum Gartenwasserzähler in Höhe von 100 Euro – rückwirkend zum 1. Januar 2020 – zu unterstützen.

    Dem Zeller Ortssprecher geht die Aufarbeitung der Folgen, die der von der Bundeswehr über Jahre nicht nur auf dem Neuburger, sondern auf allen Militärflugplätzen verwendete und mit giftigen Stoffen belastete Löschschaum angerichtet hat, viel zu langsam. Doch da steht er nicht alleine da. Wobei das Thema bis vor zwei, drei Jahren kaum jemand interessiert habe, wie Landrat Peter von der Grün sagt. Seitdem werde einem allerdings bewusst, welche Geduld einem die Vorgaben des Bundesbodenschutzgesetzes mit all seinen Phasen auch nach dem Altlastenprogramm abfordern. „Das ist ein Kampf gegen Windmühlen“, beschreibt der Landrat. Aber das Landratsamt habe die Problematik im Auge.

    Lebensmittelmonitoring: Bundeswehr stimmte Forderung von Landrat Peter von der Grün zu

    Mittlerweile habe die Bundeswehr einem Lebensmittelmonitoring, also einer ständigen Überwachung zugestimmt. Es gebe eine erneute Beprobung der 36 Hausbrunnen in der Nachbarschaft zum Flugplatz und Aufklärung der Bevölkerung bei einem Runden Tisch mit Bundeswehr, Wasserwirtschaftsamt, Staatlichem Bauamt, Landratsamt, Gesundheitsamt und anliegenden Ortssprechern. Außerdem wird das Gesundheitsamt wieder die an den Flugplatz angrenzenden Weiher (Schimmer, Zauner, Zeller und Rosinger) untersuchen. Auch weitere Proben von Hühnereiern wird das Veterinäramt vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) analysieren lassen, nachdem jetzt in zwei Eiern aus einem Hof im Ortsteil Rosing perfluorierte Chemikalien nachgewiesen worden sind. In untersuchten Eiern aus Bruck sei dagegen nichts gefunden worden. Dabei könnte man meinen, so der Landrat, dass die Fließrichtung des Grundwassers vom Flugplatz doch eher zur Donau hin verlaufen würde.

    Untersucht worden seien vom LGL zudem 28 Proben mit Gemüse, Getreide, Obst und Salat aus der Nachbarschaft. Dabei seien, erklärt Peter von der Grün, keine bedenklichen Werte gemessen worden. Allerdings sei man bei diesen Untersuchungen auf die freiwillige Mitarbeit der Grundstücksbesitzer angewiesen. „Manch einer will gar nicht, dass man bei ihm aktiv wird“, sagt der Landrat. Demnächst stehe auch ein Termin mit Christian Wild, Leiter vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Pfaffenhofen an, um zu erfahren, was aus dessen Sicht noch Wichtiges zu berücksichtigen sei.

    Auf dem Fliegerhorst in Neuburg-Zell gibt es zwölf unterschiedlich stark kontaminierte Bereiche

    Mehrere Flächen auf dem Nato-Flugplatz in Neuburg-Zell sind mit per und polyfluorierten Chemikalien (PFC) kontaminiert. Zwei Stellen ganz besonders.
    Mehrere Flächen auf dem Nato-Flugplatz in Neuburg-Zell sind mit per und polyfluorierten Chemikalien (PFC) kontaminiert. Zwei Stellen ganz besonders. Foto: Ulrich Wagner

    Auf dem Fliegerhorst gibt es, wie berichtet, insgesamt zwölf unterschiedlich stark betroffene Flächen. Während bei zehn noch weitere Untersuchungen anstehen, geht es bei zwei darum, wie die Bereiche saniert werden sollen. Wie Peter von der Grün erklärt, soll das Konzept dafür ein Ingenieurbüro erstellen, das nach der Ausschreibung jetzt vom Staatlichen Bauamt als zuständiger Behörde damit beauftragt wurde. Danach erfolgt wiederum die Ausschreibung für die Sanierung nach diesem Konzept.

    Während das Landratsamt die Dinge also so gut es geht, vorantreiben werde, bleibt auch Bundestagsabgeordneter Reinhard Brandl in Sachen PFC am Ball, hält Kontakt zu Bundeswehr, Landratsamt und Ortssprecher Roland Habermeier. „Wenn auch mir das Ganze viel zu langsam geht, kann ich zumindest sagen, dass sich nicht Nichts tut“, erklärt der CSU-Politiker. Genaue Untersuchungen seien wichtig um zu wissen, wo man überhaupt anfangen muss. So seien rund um den Fliegerhorst positive Ergebnisse gemessen worden, wo man sie nicht vermutet hätte. Auch die Fließgeschwindigkeit der PFC-Verbreitung von der Liegenschaft sei mittlerweile von 15 Meter pro Jahr auf 800 Meter deutlich nach oben korrigiert worden. Das alles müsse man in Erfahrung bringen, bevor man irgendwo irgend etwas sanieren könne.

    Neuburgs Oberbürgermeister fordert endlich wirksame Maßnahmen, die die Verbreitung des Giftes verhindern

    Natürlich lässt das Thema auch Oberbürgermeister Bernhard Gmehling nicht kalt. Aber was kann er tun, damit das Gift nicht noch weiter in die Nahrungskette eindringt? Zunächst soll André Gramsch von der Umweltbehörde am Landratsamt in der nächsten Stadtratssitzung am 16. März über den Stand der Dinge informieren. „Wir können nur auf den Staat und die zuständigen Stellen zugehen und verdeutlichen, dass sich die Bürger allein mit weiteren, langwierigen Untersuchungen nicht mehr zufrieden geben werden. Beschlossen werden müssen jetzt endlich wirksame Maßnahmen, um eine weitere Verbreitung des Giftes zu verhindern,“ sagt der Oberbürgermeister – wohl wissend, dass sein Einfluss in dieser Sache sehr gering ist.

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