Es ist leise geworden. Keine Sänger, die auf Bühnen melodieren. Keine Chöre, die vor Altaren klingen. Und auch keine Kapellen, die in Städten und Dörfern spielen, um das Leben der Menschen taktvoller zu gestalten. Der Lockdown lässt die Musik verstummen oder sich zumindest ins Private zurückziehen. Und so engt das Virus den Radius, Kontakte und das Zwischenmenschliche ein. Zum Glück aber nicht die Schaffenskraft der Musiker. Denn wie verschiedene Beispiele aus dem Landkreis zeigen, spielt in einigen Bereichen trotzdem die Musik.
Kapellen in Neuburg-Schrobenhausen: Die Neuburger Stadtkapelle kreiert ein Video
Bei Alexander Haninger und der Neuburger Stadtkapelle zum Beispiel. Wäre Corona nicht, würden sich die Musiker aktuell für das Frühjahrskonzert vorbereiten. Eigentlich. Weil das pandemiebedingt natürlich nicht geht, verlagert das Orchester seine Notengeschicke ins Digitale – und das nicht zum ersten Mal. Schon vor einigen Monaten, es war 2020, hat die Stadtkapelle mit den Brüdern Alexander und Markus Haninger ein ähnliches Projekt realisiert. Damals spielten sie ein klassisches Stück, „The Sun Will Rise Again“ von Philip Sparke. Anspruchsvoll – nicht nur, was Tempo und Intonation betrifft. Anspruchsvoll vor allem, weil dahinter sehr viel Arbeit steckt. Die aber gehen die beiden Brüder mit ihren Musikerinnen und Musikern jetzt von Neuem an.
Ihr Projekt funktioniert so: Alexander Haninger kümmert sich um die Blechblasinstrumente, sein Bruder Markus um die Holzbläser, wobei sich insgesamt 45 Orchestermitglieder an dem Vorhaben beteiligen. Register für Register – Trompete, Klarinette, Posaune und Co. – treffen sich freitagabends virtuell zum gemeinsamen Spielen, auf dem Bildschirm also, via Zoom oder Microsoft Teams. „Ich versuche dann, ihnen zu erklären, wie ich die jeweilige Stimme gerne haben möchte“, schildert Alexander Haninger. Er spielt den Musikern vor, sie spielen ihm nach. Anschließend haben sie eine Woche Zeit, um die neuen Aspekte einzustudieren. Dann gibt es ein weiteres Treffen.
Sitzt die Melodie, bekommen die Musikerinnen und Musiker ein Video zugesandt, in dem Alexander Haninger zum ausgesuchten Stück dirigiert. „Sie sehen mich auf dem Schirm, spielen ihre Stimme dazu und schicken diese Aufnahme von sich zurück.“ Am Ende entsteht aus allen eingesandten Videos der Konzertmarsch „Die Sonne geht auf“ von Rudi Fischer – übrigens der Lieblingsmarsch von Neubugs Oberbürgermeister Bernhard Gmehling. Zu sehen und hören wird das Musikvideo später auf dem Youtube-Kanal der Neuburger Stadtkapelle sein.
Ziel des Ganzen ist einerseits, den Orchestern die Möglichkeit zum Spielen zu geben. Damit der Ansatz gewissermaßen nicht flöten geht. Auf der anderen Seite, sagt Alexander Haninger, ist das Vereinsleben durch die Pandemie fast ganz heruntergefahren. Dieses digitale Projekt soll gerade das ein wenig abfangen. Das Gute sei, meint der Dirigent, dass alle Orchester dabei seien, „die Vorstufe, die Jugend und das große Orchester“. Und sogar die Studenten, die in Nürnberg, Regensburg, München studieren und normalerweise nicht an den Proben teilnehmen könnten, sind digital am Start.
Blaskapelle Karlshuld: Auch hier haben Musiker ein Video erarbeitet
Wie die Neuburger Stadtkapelle so ist auch die Blaskapelle Karlshuld Opfer einer unmöglichen Vereinigung in der Corona-Krise. Es war Sommer, als die Bläserinnen und Bläser des Donaumooses das letzte Mal zusammenkamen. Aber auch sie haben sich ins Internet getraut – zum Neujahrsanblasen. Der Vorsitzende der Kapelle, Florian Smid, erklärt: „Jeder von uns hat ein Stück bekommen, das er mit den Kopfhörern anhörte, während er seine Stimme dazu spielte.“ Auch hier wurde diese Aufnahme zurückgeschickt und mit den anderen Stimmen zu einem vielschichtigen Werk komponiert. „Das war schon aufwendig“, gesteht der Vorsitzende und lacht. „Das macht man nicht alle Tage.“ Noch heute kann es auf der Facebook-Seite der Blaskapelle angehört werden.
Auch bei Stefanie Czerny und der Marktkapelle Rennertshofen können Proben derzeit nicht stattfinden. Aber: Um dennoch ein wenig zu musizieren, trifft sich hier zum Beispiel die sogenannte Spätlese zum Online-Musizieren. Das sei eine Gruppierung aus Menschen, die eher locker und zum Vergnügen zusammenspielen. Daneben versucht es auch die Bläserklasse mit der Musik auf Online-Plattformen. Wie ihre musikalischen Kolleginnen und Kollegen freut sich Stefanie Czerny darauf, dass man das Spielen im Frühling wenigstens draußen wieder aufnehmen könnte. Um die Leute indes aufzumuntern und den Kontakt zu halten, haben die Organisatoren ihren Musikern ein Überraschungspaket geschnürt und vorbeigebracht – mit Süßigkeiten und Noten. Als Inspiration, sagt Stefanie Czerny, und Geste – in der Hoffnung, dass bald mehr möglich sein wird.
Eine Hoffnung, die sie mit vielen teilt. Natürlich, betont auch Alexander Haninger von der Neuburger Stadtkapelle, sei nichts schöner als das Spielen in Präsenz. Das aber geht momentan nur als Ausbildung in der Musikschule. Nicht aber für Orchester. Das sei schade. Denn selbst wenn die Kapellenmusik nicht den Geschmack aller treffe, sei sie doch eine Bereicherung für das kulturelle Leben. „Das ist unsere Aufgabe.“
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