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Neuburg-Schrobenhausen: Schausteller in der Krise: Das ausgebrannte Mandel-Geschäft

Neuburg-Schrobenhausen

Schausteller in der Krise: Das ausgebrannte Mandel-Geschäft

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    Sascha Feger vor seinem Stand auf dem Schanzer Herbstvergnügen im Oktober 2020.
    Sascha Feger vor seinem Stand auf dem Schanzer Herbstvergnügen im Oktober 2020. Foto: Andreas Dengler

    Es rattert, dampft und zischt. Immer wenn eine Mandel gegen den Kupferkessel knallt, unterbricht sie kurz den monotonen Maschinenlärm. „Jetzt sind sie dann schon fast fertig“, sagt Sascha Feger. Sein Gesicht hat er mit einer grünen Alltagsmaske bedeckt – nur eine Neuerung für ihn und seine Schaustellerkollegen in diesem Jahr. Der Knethaken der Brennmaschine dreht derweil unbeirrt weiter.

    Der 34-jährige Schausteller aus Ingolstadt karamellisiert die Kerne nach einem geheimen Familienrezept. Mandeln, Zucker und Wasser sind die Hauptzutaten der „Winterholler-Feger’s Gebrannte Mandeln“, die in Neuburg und Umgebung jeder kennt. Sie gehören zu den Neuburger Festen wie Rahmfleck und Steaksemmel. Ob es diese Leckereien trotz Corona-Pandemie in der Vorweihnachtszeit gibt, entscheidet sich in den kommenden Tagen.

    Neuburg und Region: Corona-Pandemie trifft Schausteller schwer

    Ein süßer Duft nach Kindheit und Weihnachten verbreitet sich in Fegers Verkaufswagen. Konzentriert stochert er mit einem langen Kochlöffel durch die Mischung, die Rezeptur stammt von Fegers Großmutter.

    Sein Blick weicht nicht von dem Kessel. Schnell schüttet er noch ein Schuss Wasser über die fast fertigen Mandeln. Es zischt. „Dann glänzen sie schön“, sagt er. Die Zeit- und Mengenangaben für gebrannte Mandeln hat er im Gefühl. Schon als Kind war Feger hinter dem Stand. Damals gehörte das Geschäft noch seinem Großvater Peter Winterholler aus Neuburg. Winterholler ist Neuburgs Mandelkönig und der wohl bekannteste Schausteller in der Umgebung.

    Neuburger Süßwarenstand bereits in der vierten Generation

    Fegers Geschäftskalender diktieren Volksfeste und Märkte. Eigentlich. Im Jahr 2020 ist das anders. In der Corona-Krise brach für die ganze Branche der Markt weg. Ob sie ein gutes Geschäftsjahr hat, liegt nun in den Händen der Veranstalter und Behörden. Die Verwaltungen entscheiden mit Alternativprogramm, Absage oder Soforthilfe über Gewinn und Verlust, über Weitermachen und Aufgabe. Mit diesem Schicksal ist Feger nicht allein. Auf ganz Deutschland kommen über 5000 Schaustellerbetriebe, mehr als 32.000 Angestellte und mehr als 1000 abgesagte Veranstaltungen. Bereits in der vierten Generation hat sich Fegers Familie auf gebrannte Kerne spezialisiert.

    Im Jahr 2015 übernahm Feger das Geschäft von seiner Mutter. Seine Ehefrau Anita hilft ihm an den Wochenenden hinter dem Süßwarenstand. Vom Donaumoos Volksfest im Frühjahr bis zum Weihnachtsmarkt in Ingolstadt steht er in seinem Stand und verkauft gebrannte Nüsse, Lebkuchenherzen, Schokofrüchte, Zuckerwatte und Gummibären.

    Neuburg hat mit Dult-to-go eine Alternative geboten

    Wie viele Kollegen auch, hat Feger im Frühjahr eine finanzielle Soforthilfe vom Staat erhalten. Der vierstellige Betrag kam für ihn im richtigen Moment. Denn die Zeit zwischen den Jahren hatte er genutzt, um den Fuhrpark und die Stände zu renovieren. Hohe Investitionen, die ohne Aussicht auf Einnahmen belasten. „Ich hatte großes Glück“, beschreibt Feger. Neben der Soforthilfe tat sich für die abgesagten Feste oft ein Ersatz auf: das Karlshulder Volksfest-to-go, die Neuburger Dult-to-go oder das Schanzer Herbstvergnügen. „Noch so ein Jahr brauchen wir aber nicht.“

    Nach einem alten Familienrezept bereitet Sascha Feger die gebrannten Mandeln zu.
    Nach einem alten Familienrezept bereitet Sascha Feger die gebrannten Mandeln zu. Foto: Andreas Dengler

    Weihnachtsmarkt: Ingolstädter Stadtrat hat sich noch nicht festgelegt

    Ob das Geschäftsjahr 2020 für die Schausteller halbwegs positiv endet, hängt davon ab, ob die Weihnachtsmärkte eröffnen. Der Neuburger Stadtrat war sich in seiner jüngsten Sitzung einig, an den adventlichen Märkten in der Altstadt und am Schrannenplatz festzuhalten. Einen Weihnachtsmarkt wie in den vergangenen Jahren werde es heuer dennoch nicht geben, betont der Pressesprecher der Stadt Neuburg, Bernhard Mahler. Das Konzept, das derzeit im Raum steht, ist ein Weihnachtsmarkt mit sogenanntem Dult-to-go-Charakter. Das Landratsamt und die Regierung von Oberbayern prüfen gerade, ob ein Markt-zum-Mitnehmen umsetzbar sei, erklärt Mahler. Ähnlich ist es in Ingolstadt. Dort will der Stadtrat Ende November über eine Absage entscheiden. Für Ingolstadt gebe es derzeit zwei Varianten, sagt Ingrid Schmutzler von der Pressestelle. Entweder der Markt werde dezentral, oder an einem eingezäunten Standort mit Besucherregistrierung stattfinden.

    „Das Warten ist nervig“, sagt Feger, der derzeit im Zwangsurlaub ist. Fast stündlich checkt er sein Handy nach neuen Nachrichten. „Ich gehe fast davon aus, dass der Weihnachtsmarkt in Ingolstadt nicht stattfindet.“

    Weihnachtsmarkt: Neuburg will Schausteller schnell informieren

    Die Schaustellerbranche ist durch die Corona-Krise abgebrannt. Die wirtschaftliche Situation hat sich in den vergangenen Monaten immer mehr zugespitzt. Dessen ist sich auch die Stadt Neuburg bewusst. „Wir wollen den Schaustellern schnell Klarheit geben“, sagt Mahler. Mit verschiedenen To-go-Angeboten hat Neuburg den Betrieben bereits mehrfach eine Alternative geboten. Trotzdem, der Ton unter Fieranten wurde rauer, die Atmosphäre bei den wenigen gebliebenen Veranstaltungen ernster. Das hat zumindest Feger beobachtet.

    Wie sie duften: gebrannte Mandeln.
    Wie sie duften: gebrannte Mandeln. Foto: Anne Wall (Symbolbild)

    Pinke, blaue, grüne und gelbe Tüten mit der schwarzen Aufschrift „Winterholler-Feger’s Gebrannte Mandeln“ stapeln sich in der Auslage. Die auffälligen Papierverpackungen haben die gleichen Farbtöne wie Fegers Schürze und Mundschutz. Der Zucker und das Wasser haben sich inzwischen wie ein Mantel um die ovalen Kerne im Kessel geschmiegt. Feger klappt den Rühr-arm der Mandelbrennmaschine zurück, hebt den heißen Kessel aus der Rührmaschine und kippt den Inhalt auf ein silbernes Backblech. Dort kühlen die gebrannten Mandeln aus, bevor Feger sie in die Papiertütchen wiegt. Schon rattert die Mandelbrennmaschine wieder los. Und Fegers Stimme verblasst unter dem mechanisch klingenden Lärm.

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