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Neuburg-Schrobenhausen: Kampf gegen Corona: So gut schützt selbst gemachter Mundschutz

Neuburg-Schrobenhausen

Kampf gegen Corona: So gut schützt selbst gemachter Mundschutz

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    Christiane Neumaier näht 40 Masken aus Baumwolle oder Baumwoll-Polyester-Gemisch am Tag.
    Christiane Neumaier näht 40 Masken aus Baumwolle oder Baumwoll-Polyester-Gemisch am Tag. Foto: Elena Winterhalter

    Eigentlich kreiert Martina Jansen mit ihrem Team aufwendige Kostüme und Requisiten für die Bühnenstücke des Stadttheaters Ingolstadt. Seit einigen Tagen tüftelt die Gewandmeisterin an einem sehr gefragten Stück Stoff. Mundschutzmasken sind in Zeiten der Corona-Pandemie zur Mangelware geworden. Nachschub fehlt an allen Ecken und Enden und das nicht nur im privaten Bereich. Viele Ärzte, Kliniken und Pflegedienste schlagen Alarm. Die Vorräte an Schutzmasken reichen nicht aus.

    Deshalb nähen rund 30 Freiwillige der Theaterbelegschaft, Näherinnen, Einlassdamen und Schauspieler Mundschutzmasken für das Klinikum Ingolstadt – und zwar im Homeoffice.

    Zum Einsatz kommen sie dann bei dem Personal in der Klinik, das nicht direkt mit Patienten in Kontakt kommt. Denn einen hundertprozentigen Schutz bieten die Varianten aus Baumwolle oder Moltonstoffen nicht.

    Mundschutz verringert die Streuung des Coronavirus

    Einer der ersten, der Mundschutzmasken und damit verbunden die schrumpfenden Vorräte in der Region thematisierte, war der Zahnarzt Dr. Michael Rotter aus Neuburg. Er begann bereits vor drei Wochen damit, den Mundschutz selbst zu produzieren. Damals hagelte es Kritik. In der aktuellen Lage sagen aber auch viele Mediziner, wie Ärztesprecher Uli Kurutz, dass es sinnvoll sein kann, Mund und Nase mit Stoff zu schützen.

    Klar ist, die selbst genähte Vari-ante ist kein medizinisches Produkt, nicht zertifiziert und damit im Umgang mit Patienten völlig untauglich. „Aber wer eine Maske vor dem Mund trägt, reduziert die Verbreitung der Tröpfchen beispielsweise beim Sprechen, Husten oder Niesen“, so Kurutz. „So kann die kritische Distanz von 1,5 Metern etwas reduziert werden.“ Wer Mundschutz trägt, schützt also vor allem andere und beugt einer weiteren Streuung der Viren vor.

    Der beste Schutz vor den Viren sei laut Kurutz nach wie vor, Abstand zueinander zu halten. „So lange es immer noch Menschen gibt, die das nicht kapiert haben, ist es sinnvoll, das eigene Infektionsrisiko zumindest so weit es mit herkömmlichen Mitteln möglich ist, zu reduzieren.“ Man sollte sich aber auch keiner falschen Illusion hingeben. Die sogenannten Aerosole, in denen die Viren verteilt werden, dringen auch durch Spalten im Mund-Nasenschutz ein und können damit genauso verbreitet werden. Eine allgemeine Mundschutzpflicht, wie sie bereits in anderen Ländern und auch in einigen deutschen Städten gilt, hält Kurutz besonders unter einem Aspekt für sinnvoll: „Das macht uns bewusster, sodass wir uns nicht ständig ins Gesicht greifen und ausreichend Abstand halten.“

    Im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen nähen viele den Mundschutz selbst

    Mittlerweile gibt es viele Initiativen und auch viele Privatpersonen, die Mundschutz aus Baumwollstoffen herstellen. Allerdings ist es aktuell schwierig, an Nähutensilien zu kommen. Das spüren auch Martina Jansen und ihre Mitstreiter. „Ich habe zwar Nachschub bestellt, aber viele Lieferanten haben lange Wartezeiten oder können gar nicht liefern.“ Deshalb näht die Theatergruppe viel mit gespendeten Stoffen. Da entstehen dann auch schon mal gemusterte und bunte Stücke. Wichtig dabei ist, dass der Stoff kochbar sein muss, also 95 Grad in der Waschmaschine verträgt. Regelmäßiges Waschen ist bei den Stoffalternativen besonders wichtig. „Sobald eine leichte Durchfeuchtung des Materials stattgefunden hat, ist der Schutz reduziert“, sagt Kurutz. Wie schnell das geht und wie viel Feuchtigkeit beim Atmen abgegeben wird, erkenne man beispielsweise beim Hauchen gegen einen Spiegel, so der Allgemeinmediziner.

    Etwa dreißig Minuten dauert es, bis in der Ingolstädter Produktion eine Maske fertig ist. „Wir nähen immer zweilagig. Gerade versuchen wir, ein Filterschutzmaterial mit einzuarbeiten“, erklärt Martina Jansen. Privatpersonen können über das Stadttheater keine Masken erwerben. Aber Martina Jansen macht auch Menschen Mut, die keine Nähprofis sind. „Das kann mit etwas Geduld jeder.“ Im Internet finden sich zahlreiche Anleitungen und Videotutorials zum Nachmachen.

    Wer keine Nähmaschine besitzt oder sich die Produktion selbst nicht zutraut, findet im Nähcafé in der Schrannenstraße in Neuburg Alternativen. Hier nähen seit einigen Tagen Christiane Neumaier und Corinna Fricke Mund-Nasen-Masken. Drei Modelle gibt es zur Auswahl und der Kunde kann sich verschiedene Stoffmuster online selbst aussuchen. Das Material kommt aus dem benachbarten Geschäft Murmelstoffe.

    Selbst gemachter Mundschutz ist nicht für medizinischen Bereich geeignet

    Die Masken sind aus Baumwolle beziehungsweise atmungsaktivem Baumwoll-Polyester-Gemisch. Initiator der Idee, Frank Thonig, betont: „Unsere Masken erfüllen nicht den sogenannten FFP2 oder FFP3 Standard und sind damit nicht für den medizinischen Bereich geeignet.“ Auch hier gehe es um den gegenseitigen Schutz im Alltag, beim Einkaufen oder beim Arztbesuch im Wartezimmer, so Thonig.

    Rund 40 Masken schafft Christiane Neumaier an einem Tag. Um das optimale Schnittmuster zu entwickeln, tüftelte sie eine Woche, probierte viel aus und nahm immer wieder Maß von Gesichtern. „Jetzt haben wir den idealen Schnitt.“ Eine Maske kostet für Kinder 12,90 Euro, für Erwachsene 15,90 Euro. Für Praxen gibt es ein spezielles Modell für 13,90 Euro. Bestellen kann man auf der Homepage www.naehcafe-neuburg.de. Der Erlös hilft außerdem dabei, das neu eröffnete Nähcafé zu unterstützen. Von jeder verkauften Maske wird ein Euro für einen sozialen Zweck in Neuburg gestiftet.

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