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Neuburg-Schrobenhausen: In den Fängen der Sucht? Hier bekommen Jugendliche aus dem Raum Neuburg Hilfe

Neuburg-Schrobenhausen

In den Fängen der Sucht? Hier bekommen Jugendliche aus dem Raum Neuburg Hilfe

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    Weil die Zahlen von Drogendelikten von Minderjährigen im Landkreis seit einiger Zeit wieder steigen, hat das Jugendamt die Suchtberatung neu aufgestellt. 
    Weil die Zahlen von Drogendelikten von Minderjährigen im Landkreis seit einiger Zeit wieder steigen, hat das Jugendamt die Suchtberatung neu aufgestellt.  Foto: Adobe Stock (Symbol)

    Es sind diese täglichen Auseinandersetzungen, die andauernden Reibereien, die einen zermürben. Vielleicht ist die Pubertät daran schuld, vielleicht sind es aber auch die falschen Freunde. Wobei schon lange nicht mehr klar ist, mit wem sich der 15-Jährige eigentlich trifft und austauscht. Gesprächsversuche der Eltern enden im besten Fall im Leeren oder mit knallenden Türen. „Er rutscht uns immer mehr weg und wir wissen gar nicht, was los ist“, müssen sich die Eltern irgendwann eingestehen. Nicht selten steckt ein Suchtproblem hinter einem solchen Verhalten. In diesen Fällen können sich Eltern, aber auch Lehrer, Arbeitgeber und Betroffene selbst seit Kurzem bei einer neuen Beratungsstelle im Landkreis Hilfe holen. Das Angebot ist kostenlos und richtet sich an Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren.

    Seit März hat der Verein Condrobs aus Ingolstadt die Arbeit im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen aufgenommen. Mit ihrem Programm „easyContact“ beraten und betreuen sie Jugendliche und deren Familien bei Suchtproblemen etwa mit Nikotin, Alkohol, Drogen, Medikamenten oder auch exzessivem Medienkonsum. Der Name „easyContact“ steht dabei für die Leitlinie der Einrichtung, nämlich dass der Kontakt so einfach und unkompliziert wie möglich hergestellt werden soll. Zwei Büros hat sich Condrobs im Landkreis dafür eingerichtet: im Bürgerhaus im Neuburger Ostend und in der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche, Eltern und Familien in Schrobenhausen. Aber auch Gespräche in den eigenen vier Wänden oder an einem anderen Ort sind möglich, betont Condrobs-Leiterin Birgit Popp. „Der Rahmen soll einfach so sein, dass sich die Jugendlichen bestmöglich wohl fühlen.“ Denn sie weiß, dass die Sozialpädagogen der Beratungsstelle bei einem Spaziergang um den See mitunter mehr erfahren als bei einem Gespräch am Schreibtisch.

    Condrobs ist die neue Suchtberatungsstelle in Neuburg und Schrobenhausen

    Insbesondere in diesem Punkt unterscheidet sich Condrobs von der Caritas, die zuvor zehn Jahre lang die Suchtberatung für Kinder und Jugendliche im Landkreis übernommen hatte. Die Mitarbeiter sind flexibel bei der Wahl des Treffpunktes und kommen auch nach Hause – was nach Erfahrung von Birgit Popp vor allem dann von Vorteil ist, wenn sich Eltern an die Beratungsstelle wenden, das Kind sich aber einem Gespräch verschließt. „Meistens sind sie ja dann doch neugierig und schleichen herum – und diese Gelegenheit können wir dann nutzen.“

    Es war Jugendamtsleiter Sebastian Karl, der es an der Zeit sah, althergebrachte Methoden der Drogenprävention zu überdenken und die Suchtberatung im Landkreis zeitgemäßer aufzustellen. Deshalb machte er sich auf die Suche nach alternativen Angeboten – „und Condrobs hat dabei das überzeugendste Konzept vorgelegt.“ Mit ein Grund war, dass 2019 zum ersten Mal nach Jahrzehnten Drogendelikte an erster Stelle standen, weshalb unter 21-Jährige aus dem Landkreis vor Gericht kamen. Die Fälle waren über die Jahre immer mehr geworden, ehe sie die Personendelikte, also etwa Körperletzungen, Bedrohungen oder Beleidigungen, auf dem bisherigen Spitzenplatz überholten.

    Der Missbrauch von Drogen nimmt in Neuburg-Schrobenhausen wieder zu

    Außerdem hatte sich über die Jahre hinweg der Drogenkonsum verändert, denn auch Süchte unterliegen einem Zeitgeist. Kräutermischungen, Schnüffeln, Partydrogen, Pilze – alles hat seine Zeit. Es ist gut zehn Jahre her, als es unter Kindern und Jugendlichen den „Trend“ zum Komasaufen gab. 2009 wurden 89 Minderjährige in das Neuburger Krankenhaus mit einer Alkoholvergiftung eingewiesen, die Jüngsten waren gerade mal elf Jahre alt. „Heute spielt Alkohol nicht mehr die Rolle, wie noch vor ein paar Jahren“, sagt Karl. Die meisten Fälle, in denen junge Menschen vor dem Gericht und in der Folge bei der Jugendhilfe des Jugendamtes landen, hätten mit Marihuana zu tun. Birgit Popp weiß aus ihrer Arbeit in Ingolstadt darüber hinaus, dass derzeit verstärkt Medikamente missbraucht werden. Darunter sind Schmerzmittel, Beruhigungs- oder Aufputschmittel – je nachdem, was gerade gebraucht wird.

    Sucht – egal welcher Art – hat nach den Worten von Birgit Popp immer etwas mit Ausprobieren und Abgrenzung zu tun. Gleichzeitig würden Selbstsicherheit, Gruppenidentität oder Selbstbestimmtheit eine Rolle spielen. „Das ist ein Zusammenspiel aus ganz vielen Faktoren, ähnlich einem Puzzle. Deshalb haben wir bei unserer Arbeit nicht nur den Jugendlichen, sondern sein ganzes Umfeld im Blick.“

    Suchtprobleme bei Jugendlichen: Die Beratung bei Condrobs ist kostenlos

    Und um darüber etwas zu erfahren, braucht es den richtigen Ton. Damit sich Jugendliche öffnen, würden die Condrobs-Mitarbeiter „jugendgerecht“ agieren. Kein erhobener Zeigefinger, lautet das Gebot, sondern ein „geschmeidiger Umgang mit Widerstand“, formuliert es Birgit Popp.

    Die Hilfe von Condrobs kann nach zwei Kontakten enden, sie kann sich bei einer intensiven Betreuung aber auch auf bis zu acht Wochen ausdehnen. In jedem Fall bleiben die Mitarbeiter, wenn einmal der Kontakt aufgenommen wurde, an der Sache dran. „Wenn jemand einfach nicht mehr zur Beratung kommt, dann gehen wir der Sache nach“, sagt die Einrichtungsleiterin. Auch flexible Einsatzzeiten würden zum Geschäft dazu gehören. „Wenn es abends Zoff gibt, dann kann man bei uns auch um 19 Uhr noch jemanden erreichen.“

    Condrobs hat Sprechstunden in Neuburg und Schrobenhausen

    Die Beratung und Betreuung ist für die Klienten kostenlos. Der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen lässt sich das Angebot rund 46.000 Euro im Jahr kosten. Es ist ein Invest, der sich bezahlt machen soll, sagt Jugendamtsleiter Karl. Denn wenn Suchtprobleme bei Jugendlichen frühzeitig erkannt und behoben werden können, spart sich der Landkreis bares Geld für spätere, deutlich teurere Hilfen.

    Die Beratungsstelle Condrobs ist an zwei Tagen in der Woche im Landkreis vor Ort. In Neuburg ist das Bürgerhaus im Ostend (Berliner Str. 164) Anlaufstelle, in Schrobenhausen finden die Gespräche in der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche, Eltern und Familie (Regensburger Str. 5) statt. Dafür sind Termine notwendig. Diese können unter Telefon 0841/8818894 vereinbart werden.

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