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Neuburg: PFC: Dauer der Aufarbeitung in Neuburg „schwer nachvollziehbar“

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PFC: Dauer der Aufarbeitung in Neuburg „schwer nachvollziehbar“

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    Neun Jahre liegt die erste Messung in Sachen PFC am Fliegerhorst in Neuburg zurück.
    Neun Jahre liegt die erste Messung in Sachen PFC am Fliegerhorst in Neuburg zurück. Foto: Ulrich Wagner

    Als für sie „äußerst unbefriedigend“ stufen die Ortssprecher der direkt um den Fliegerhorst angrenzenden Stadtteile den 5. Runden Tisch zum Thema PFC-Belastung um den Nato-Flugplatz in Neuburg ein. Auf Einladung von Landrat Peter von der Grün tauschten sich dazu mit ihnen in einer Videokonferenz Vertreter der Fachbehörden, des Bundesministeriums der Verteidigung und der Bundeswehr, des Taktischen Luftwaffengeschwaders 74 und der Politik über den aktuellen Sachstand und das weitere Vorgehen aus.

    Videokonferenz beleuchtete den aktuellen Stand in Sachen PFC-Belastung rund um den Flugplatz in Neuburg

    Schwerpunkte des Gesprächs waren die laufenden Untersuchungen, die Beprobung von Hausbrunnen sowie ein Lebensmittelmonitoring. Den Stand der Untersuchungen stellte Thomas Backes vom Kompetenzzentrum Baumanagement München des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr dar. Mit Regierungsdirektor Thomas Huemer vom Verteidigungsministerium ging er kurz auf das dreistufige Altlastenprogramm der Bundeswehr ein, das nach einer klar festgelegten Reihenfolge durchgeführt wird. In Phase I werden kontaminationsverdächtige Flächen erfasst und bewertet, in den Phasen IIa und IIb laufen die Orientierende Untersuchung sowie die Detailuntersuchung, die mit einer Gefährdungsabschätzung abschließt. In den Phasen IIIa bis IIIc erfolgen die Sanierungsplanung und -durchführung sowie die Nachsorge.

    Thomas Backes erklärte, zum Stand der Untersuchungen, dass diese sich am Flugplatz Neuburg in den Phasen IIb sowie in Phase IIIa befänden. Dabei wurden für zehn Kontaminationsflächen eine Detailuntersuchung durchgeführt und für zwei Kontaminationsflächen eine Sanierungsplanung mit weiteren Sanierungsuntersuchungen erstellt. Laut Backes arbeite ein Ingenieurbüro derzeit die Konzepte für die Phasen IIb und IIIa aus. Auf deren Grundlage würde voraussichtlich im Spätsommer oder Herbst 2021 die Ausschreibung durch das Staatliche Bauamt Ingolstadt für die Durchführung erfolgen.

    Wegen der Untersuchung von Lebensmitteln gibt es ein breit aufgestelltes Monitoring

    Um genauere Erkenntnisse zu gewinnen, welche Lebensmittel von landwirtschaftlichen Flächen, Hausgärten oder aus fischereilich genutzten Gewässern besonders betroffen sind und welche Empfehlungen den Betroffenen dann gegeben werden können, sei laut Johannes Riedl, Veterinäramtsleiter des Landkreises, ein breit aufgestelltes Monitoring erforderlich. Dies war auch im Forderungskatalog von Landrat Peter von der Grün enthalten. Die Bundeswehr stimmte zu, die Beauftragung des Monitorings zu übernehmen. Ein weiterer Wunsch des Landrats richtete sich an das Staatliche Bauamt Ingolstadt. Er bat darum, Ausschreibungen möglichst zu beschleunigen.

    Beschleunigung – ein Wort, dessen Aussage trifft, was den Ortsprechern Hildegard Weis (Marienheim), Alexandra Plenk (Bruck) und Roland Habermeier (Zell) in dieser Angelegenheit fehlt, „bei der es um nichts weniger als unser wichtigstes Lebensmittel, unser Grundwasser geht“, so Habermeier. Weil die Bundeswehr sich nun wohl nur noch auf die Leitsubstanz PFOS (Perfluoroctansulfonsäure ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der per- und polyfluorierte Alkylverbindungen) beziehe, würden die anderen giftigen PFC-Substanzen, die es etwa im Zeller Weiher oder in Gartenbrunnen gebe, bei weiteren Analysen ausgeblendet. Auf der von der Bundeswehr gezeigten Bewässerungskarte, so Habermeier, sei deshalb „alles wunderschön grün“ dargestellt gewesen. Sofortige Maßnahmen wären aus diesem Grund nicht notwendig.

    Die erste Messung in Sachen PFC auf dem Flugplatz liegt bereits neun Jahren zurück

    Dabei fand die erste, bekannt gewordene Messung in Sachen PFC bereits im September 2012 auf dem Flugplatz statt. Seitdem laufe, so der Familienvater, PFC-verseuchtes Wasser ungehindert von dort ab, auch wenn kein vergifteter Löschschaum mehr verwendet werde. Und dies zudem schneller, als ursprünglich einmal gedacht. Aber ein Abschluss der finalen Gutachten und Konzepte für eine dauerhafte Eindämmung der Belastung liege noch in weiter Ferne.

    Im Namen der Bürger in Zell, Marienheim, Rödenhof und Bruck beantragen die Ortssprecher daher die sofortige Durchführung von vorübergehenden Maßnahmen, um den Ursprung der Belastung, nämlich die Hotspots auf dem Flugplatzgelände, endlich zu minimieren beziehungsweise zu beseitigen.

    Die Ortssprecher rund um den Flugplatz in Neuburg stellten an den Landrat einige Anträge

    Weitere Anträge sind unter anderem die Ausweitung der anstehenden Brunnen-Beprobung auf die Ortsteile Bruck, Marienheim-Oberdorf und Rödenhof. Außerdem beantragen sie die fachgerechte Reinigung des aufgrund des eingesetzten Enteisungsmittels kontaminierten Wassers. Die Entsorgung vom Flugplatz erfolge bisher in verdünnter Form auf die umliegenden Bäche (Zeller Kanal, Gänsgraben, Längenmühlbach).

    Die von den Ortssprechern kurzfristig schriftlich eingereichten Fragen bezogen sich vor allem auf die in ihren Augen unsägliche Dauer der einzelnen Verfahrensschritte. Wann es eine Zeitachse für die kommenden Phasen gebe und wann endlich mit einer Sanierung gestartet wird, wollen sie unter anderem wissen.

    Die Aufarbeitung der Folgen der PFC-Verunreinigungen hat sich in den letzten zwei, drei Jahren beschleunigt

    Antworten, die nicht in der Videositzung gegeben werden konnten, würden den Ortssprechern schriftlich zugesandt, erklärt dazu der Landrat. Er sagt auch, dass die Dauer der Aufarbeitung wegen des vorgeschriebenen gesetzlichen Verfahrens „mit gesundem Menschenverstand schwer nachvollziehbar“ sei. Allerdings sei die Sache in den vergangenen zwei, drei Jahren deutlich beschleunigt worden. Seine Mitarbeiter blieben dran, mittlerweile zeigten sich alle Beteiligten auch sehr bemüht, Beschleunigungsvorschläge seinerseits würden jetzt auch ernst genommen.

    Aber es gebe auch Anlass zur Kritik, gerade was die Schadensersatzansprüche angehe. Die Bundeswehr biete den Anwohnern zwar eine Verlängerung zur Schadensmeldung bis zum 31. Dezember 2024 an. Ein Antragssteller müsse aber selbst beweisen, dass der von ihm gemeldete Schaden tatsächlich auf die PFC-Verunreinigung zurückzuführen sei.

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