In 400 Jahren kommt einiges zusammen – so alt ist das Neuburger Studienseminar und entsprechend reichhaltig ist sein Archiv. Josef Alt hat es in mühevoller Kleinarbeit geordnet und systematisiert. Jetzt ist er fertig geworden.
Neuburger Studienseminar: Der 82-jährige Josef Alt war hier Ökonom
Den 82-jährigen Pensionär darf man als treuesten Mitarbeiter der Stiftung bezeichnen. Als junger Landwirtschaftsmeister war er vor 60 Jahren eingestiegen, als das Seminar noch 300 Hektar Wiesen und Äcker, Kühe, Schweine und Hühner besaß, die Seminaristen noch zum Kartoffelklauben mussten und die Ökonomie die Küche belieferte. Mit dem Umzug vom Wolfgang-Wilhelm-Platz zum Kreuter Weg 1980 ging die Bedeutung der Landwirtschaft weiter zurück. Heute sind die Felder an Bauern der Umgebung verpachtet.
Die Zeiten, als Pferdefuhrwerke mit Pritschenwagen ins Seminar rollten – Josef Alt kann sich noch gut daran erinnern. „Das ist Nostalgie, alles vorbei“, sagt er heute. Der Wandel der einzelnen Nutzungen dokumentiert die Schnelllebigkeit: Die Landwirtschaft wich einer Akademie für pastorale Gemeindereferenten, und die Akademie hielt gerade mal 25 Jahre durch.
Auch über diese Abläufe enthält das Seminararchiv Dokumente neben vielerlei Verträgen, Personalien, geschichtlichen Akten, Bildern, Kupferstichen, auch Ölgemälden und religiöser Volkskunst. Josef Alt hat alles jahrelang gesichtet, geordnet und auffindbar untergebracht. Er ist kein Computerfreak, doch mit seinem PC im Keller der Verwaltung hat er ein Register mit 7000 Sparten und Einzelpositionen anlegen können. „Meine Nachfolger sollen sofort problemlos damit arbeiten können“, sagt der Archivar. Die Seminarvorstände Anton Haberer und Alfred Hornung schätzen diese Arbeit sehr.
Über die Ausleihe der staatlich geführten Provinzialbibliothek kann auch das Seminararchiv genutzt werden. Eine Professorin fragte kürzlich nach Originalunterlagen des Augsburger Bischofs Albert Riegg (1767-1836), der als einfacher Bub aus Landsberg Karriere gemacht hatte, in Neuburg Direktor von Studienseminar und Provinzialbibliothek gewesen und im Juli 1824 in München zum Bischof von Augsburg geweiht worden ist. Das Kloster Metten wollte Noten des Chorleiters und Gesangs-Pioniers Konrad Max Kunz (1812-1875) haben, dem ersten Dirigenten des bayerischen Sängerbundes. Die „Musikalien“, Originalnoten renommierter Komponisten aus dem Seminar, gelten als Schätze des Archivs. Neben wertvollen Handschriften finden sich auch stringente Dinge wie eine Forst- und Holzverordnung aus dem Jahr 1577 und 250 Jahre alte Schülerverzeichnisse. Letztere sind mit den Jahresberichten der Seminarzöglinge immer interessant, denn es geht um Menschen, Karrieren und Schicksale.
An markanten Persönlichkeiten fehlt es dem Neuburger Studienseminar nie
An markanten Persönlichkeiten fehlt es dem Neuburger Studienseminar nie. Da war zum Beispiel Franz Lachner (1803-1890) aus Rain, der als Schüler Herzogin Amalie auf dem Piano vorspielte und Generalmusikdirektor in München wurde. Oder Fritz Schäffer (1888- 1967), Gymnasiast in Neuburg, von den Nationalsozialisten ins KZ gesperrt und später von Konrad Adenauer zum Bundesfinanzminister berufen.
Karl August von Reisach (1800-1869) war erster Besitzer des Arcoschlösschens und Kurienkardinal, Michael Heiss (1818-1890) hat als Erzbischof von Milwaukee in Amerika Pionierarbeit geleistet. Architekt Hans Döllgast (1891-1974), in Bergheim geboren, hat der Stadt Neuburg in den 50er Jahren den Weg für Wachstum im Westen gewiesen – der aber lange nicht verfolgt worden ist. Zum Ehrenbürger ernannte die Stadt auch den Musiker Paul Winter (1894-1970), der die Olympiafanfare 1936 und den Steckenreitertanz komponiert hat.
Einige Seminaristen sind Oberbürgermeister geworden, etwa Otto Höchtl (1887-1959) in Straubing, Karl Konrad (1888-1973), Theo Lauber (1914-1999) und Bernhard Gmehling (Absolvia 1979), amtierender OB, der sich noch bestens an seine Seminarzeit erinnern kann.
Auch die bayerischen Schriftsteller Ludwig Thoma, Georg Queri und Ludwig Ganghofer erlebten einige Jahre ihrer Jugendzeit im Neuburger Gymnasium und Seminar. Ganghofer passte das gar nicht, er wollte lieber in die Natur und „in die Freiheit“. Ein berühmter Autor ist er trotz der kritischen Neuburger Zensuren geworden.
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