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Neuburg/Ingolstadt: Erste Drogen mit zwölf: „Trauriger und extremer Fall“ in Neuburg

Neuburg/Ingolstadt

Erste Drogen mit zwölf: „Trauriger und extremer Fall“ in Neuburg

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    Ein drogenabhängiger 31-Jähriger aus dem Raum Ingolstadt musste sich vor dem Amtsgericht Neuburg verantworten.
    Ein drogenabhängiger 31-Jähriger aus dem Raum Ingolstadt musste sich vor dem Amtsgericht Neuburg verantworten. Foto: Elisa Glöckner (Symbol)

    Der Richter spricht gleich zu Beginn Klartext. Wenn es zu einer Verurteilung komme, und dafür spreche einiges, könne sich der Angeklagte eine Strafe zur Bewährung „abschminken“. Diese einleitenden Worte richten sich an einen 31-Jährigen aus dem Raum Ingolstadt, der sich vor dem Neuburger Amtsgericht verantworten muss. Ihm werden Urkundenfälschung, unerlaubtes Beschaffen von Betäubungsmittel, Erschleichen von Leistungen sowie Betrug vorgeworfen. Christian Veh, Vorsitzender Richter des Schöffengerichts, macht dem Mann klar, um was es geht. Dieser ist 13-fach vorbestraft, zum Teil einschlägig. Bestätigt sich die neuerliche Anklage, führt kein Weg am Gefängnis vorbei.

    Prozess in Neuburg: Mann erschleicht sich Fentanylpflaster

    Der drogenabhängige 31-Jährige soll, so die Staatsanwaltschaft, ein Rezept gefälscht haben, um in einer Apotheke ein Medikament mit dem Inhaltsstoff Pregabalin zu erhalten, der mitunter eine euphorisierende Wirkung hat. Außerdem soll er zehn verschiedene Ärzte in der gesamten Region aufgesucht haben, um sich diverse Fentanylpflaster verschreiben zu lassen. Von April bis Oktober 2019 erhielt der Mann laut Anklage insgesamt 290 Pflaster im Wert von gut 7200 Euro. Die jeweiligen Kosten gingen zulasten seiner Krankenkasse. Außerdem wollte der Angeklagte offenbar ein echtes Rezept eigenhändig erweitern. Statt der verordneten 20 Fentanylpflaster, versuchte er, an 40 zu kommen. Ein Apotheker durchschaute den Versuch und stellte Anzeige.

    Mit acht Jahren geraucht, mit zwölf Drogen genommen

    Der Angeklagte streitet den ersten Anklagepunkt, also das Fälschen eines Rezeptes, ab. Er wisse nicht, wer dahinterstecke, er sei es jedenfalls nicht gewesen, behauptet er. In der Ingolstädter Drogenszene sei es „Mode“, dass man sich gegenseitig mit Rezepten aushelfe. Diesen Punkt kann das Gericht im Rahmen der Verhandlung nicht klären. „Das fällt aber nicht ins Gewicht“, sagt Richter Veh. Denn die anderen Vorwürfe gibt der Angeklagte zu. Verteidiger Stefan Roeder erreicht lediglich, dass statt der angeklagten 18 Fälle, in denen sich sein Mandant Fentanylpflaster besorgt hat, nur 13 Fälle in das Urteil einfließen. Roeders Begründung: Es waren mehr Pflaster medizinisch notwendig, als von der Staatsanwaltschaft angenommen. Auch der Vorwurf des Betrugs wird fallengelassen.

    Gutachter und Landgerichtsarzt Thomas Obergrießer bescheinigt dem Angeklagten eine „multiple Substanzabhängigkeit“. Dieser habe bereits mit acht Jahren geraucht, mit zwölf Jahren Drogen genommen. Die Analyse einer Haarprobe habe ergeben, dass der Mann, außer Alkohol, nahezu alle Drogen konsumiere. Dies, und die Art, wie er sich die Drogen verabreicht, machen ihn zu einem „Höchstrisikopatienten“, trotz einer Substitutions-Behandlung, so Obergrießer.

    Das „Ärztehopping“ wurde leicht gemacht

    Vorsitzender Richter Veh spricht von einem „traurigen und extremen Fall“, den man selten erlebe. „Viele andere mit Ihrem Konsum würden nicht mehr leben“, macht er dem Angeklagten klar. Sein „Ärztehopping“ sei zu verurteilen. Die fehlende Vernetzung zwischen den Ärzten habe es ihm jedoch leicht gemacht. Das Schöffengericht verurteilt den 31-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Außerdem ordnet es die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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