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Neuburg: „Es ist brutal“: Wie die Baubranche auch im Raum Neuburg verrückt spielt

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„Es ist brutal“: Wie die Baubranche auch im Raum Neuburg verrückt spielt

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    Die Baubranche spielt derzeit verrückt. Die Verfügbarkeit von Materialien ist schlecht, die Preise steigen enorm. Das bekommen auch Betroffene im Raum Neuburg zu spüren, hier die Baustelle des Unternehmers Hans Mayr am Donauwörther Berg.
    Die Baubranche spielt derzeit verrückt. Die Verfügbarkeit von Materialien ist schlecht, die Preise steigen enorm. Das bekommen auch Betroffene im Raum Neuburg zu spüren, hier die Baustelle des Unternehmers Hans Mayr am Donauwörther Berg. Foto: Winfried Rein

    Ein Neubau mit viel Holz? „Damals war das die richtige Entscheidung“, sagt Bernhard Gmehling. Mit „damals“ meint der Neuburger Oberbürgermeister die Zeit, in der man die neue Kita an der Heinrichsheimstraße geplant hatte. Das war vor einigen Jahren. Seit dem Jahreswechsel steht die Kita, vor Kurzem fand dort eine kleine, offizielle Eröffnungsfeier statt. Auf der lobt Gmehling das Gebäude, das modern und zum Wohlfühlen sei. „Ich weiß aber nicht, ob wir das heute noch einmal so bauen würden“, sagt er und spricht die Entwicklung der Holzpreise an. Die sei momentan „irre“, so das Neuburger Stadtoberhaupt. Und nicht nur beim Holz spielt die Baubranche derzeit verrückt, was Betroffene im Raum Neuburg zu spüren bekommen.

    Knappheit und Preisexplosion: Baubranche in Neuburg hat zu kämpfen

    In einer Analyse des Münchener Ifo-Instituts ist die Rede von einem „erheblichen“ und „beispiellosen“ Materialmangel, wie es ihn seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben hat. Lieferengpässe haben die Preise für Bauholz innerhalb eines Jahres zum Teil verdreifacht. Auch andere Materialien, wie Baustahl und Kunststoffe, werden knapper beziehungsweise teurer. „Es ist brutal momentan“, sagt der Neuburger Bauunternehmer Hans Mayr mit Blick auf die Entwicklung der vergangenen Monate. Er bekomme aktuell mehrmals wöchentlich Mitteilungen, dass Materialien deutlich teurer werden. Vor allem Holz sei „sehr schwierig“, aber auch andere Stoffe würden sich diesem Trend anschließen, etwa Baustahl.

    In Unterhausen wird momentan im Baugebiet "Hülläcker" gebaut.
    In Unterhausen wird momentan im Baugebiet "Hülläcker" gebaut. Foto: Winfried Rein

    Zu den Preissteigerungen kommen außerdem immer schlechtere Verfügbarkeiten. Was heißt das in der Folge für Bauprojekte? „Man muss alles länger vorausplanen“, sagt Mayr. Neben dem Preis müsse man immer mehr auch die Lieferbarkeit einkalkulieren. Es sei deshalb gut möglich, dass sich neue Vorhaben verzögern. Laufende Projekte sind davon wohl eher nicht betroffen, meint Mayr: „Ich gehe davon aus, dass bei Objekten, die gerade in der Fertigstellung sind, Preise und Termine gehalten werden können.“

    Neuburg: Private Hausbauer müssen noch mehr Geld in die Hand nehmen

    Dafür werden auch private „Häuslebauer“ den Trend zu spüren bekommen. „Firmen müssen die gestiegenen Preise weitergeben“, sagt Mayr. Wer sich sein Eigenheim bauen möchte, muss künftig wohl noch mehr Geld in die Hand nehmen. Der Neuburger Bauunternehmer befürchtet, dass sich die Preisspirale weiter dreht – mit negativen Folgen für den einzelnen Kunden. „Ich hoffe, dass sich die Situation nicht so entwickelt, dass sich normale Menschen das Bauen überhaupt nicht mehr leisten können“, sagt er.

    Was die Entwicklung für den jeweiligen Bauherrn bedeutet, verdeutlicht Florian Sens, der in Neuburg einen Zimmerei- und Holzbaubetrieb führt. Wer ein großes Einfamilienhaus baut, muss nach seinen Angaben etwa 4000 bis 5000 Euro mehr zahlen als noch zuletzt – nur für die Zimmererarbeiten am Dach. Auf das ganze Haus gesehen kommt da so manche Finanzierung ins Wanken. Und nicht nur die Bauherren haben zu kämpfen. „Es ist eine Katastrophe“, beschreibt Sens die aktuellen Bedingungen in seiner Branche. Er hat bezüglich Holz Preissteigerungen von bis zu 140 Prozent seit dem vergangenen Jahr beobachtet. Das Problem: Die Preise steigen so schnell, dass vereinbarte Angebote nicht mehr zu halten sind. „Da zahlt der Handwerker dann drauf“, so Sens. „Außer der Kunde sieht das Problem ein und man kann sich irgendwie einigen.“ Der Zimmerermeister muss selbst schauen, irgendwie an Material zu kommen. Teilweise müsse er mit Lieferzeiten von 30 bis 40 Wochen leben. Der Preis werde erst bei Lieferung mitgeteilt. Es ist die sprichwörtliche „Katze im Sack“ für den Handwerker.

    Wegen Materialknappheit muss so manches Projekt verschoben werden

    So manches Bauprojekt verzögert sich durch die Materialknappheit. Sens berichtet beispielsweise von einem Haus in Unterhausen, dessen Bau sechs Wochen in Verzug ist, weil das Holz nicht lieferbar war. Falls machbar, werden Baustellen zum Teil gleich auf nächstes Jahr verschoben – in der Hoffnung, dass die Preise wieder sinken. Dies wiederum reiße Löcher in seinen Terminkalender, berichtet Sens. Er geht davon aus, dass sich der Markt wieder einigermaßen stabilisieren wird. „Die Preise werden aber nie mehr auf den Stand von vor einem halben Jahr fallen“, ist er sicher.

    Auch die Stadt Neuburg bekommt das Chaos am Baumarkt zu spüren. Alexander Regler, Sachgebietsleitung Hochbau, spricht von „täglich neuen Herausforderungen“ und „Tankstellenpreisen“, die Firmen derzeit zahlen müssen. Angesichts des dynamischen Marktes klopfe man täglich die Materialverfügbarkeiten ab und versuche, die laufenden Maßnahmen auf diese Situation einzustellen. Langfristige Planungen sind derzeit kaum möglich – ebenso wie seriöse Preis-Kalkulationen. „Wir fahren auf Sicht“, sagt Regler. Die Stadt reagiert auf die Herausforderungen. Für die neue Wohnungslosenunterkunft an der Nördlichen Grünauer Straße gibt sie der Rohbaufirma keinen exakten Termin vor, bis zu dem die Arbeiten fertiggestellt sein müssen, sondern lediglich einen Zeitkorridor.

    Und auch der Brändström-Kindergarten bekommt die Umstände zu spüren. Die dortige Erweiterung war bereits im vergangenen Jahr aufgrund von Preissteigerungen geschoben worden. Seit Ende Februar laufen die Arbeiten, berichtet Regler. Im November soll der Umzug zwar möglich sein. Doch kleinere Umbauarbeiten wird man auf 2022 schieben. „Wir hoffen, dass sich der Markt bis Ende des Jahres stabilisiert und wir wieder mehr Planungs- und Ausführungssicherheit haben“, sagt Regler.

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