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Neuburg: Bundeswehr in Neuburg: Haben es Frauen nach 20 Jahren geschafft?

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Bundeswehr in Neuburg: Haben es Frauen nach 20 Jahren geschafft?

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    Heute hat Katja Getschmann einen Bürojob im Stab. Ihre Ausbildung begann die heute 42-Jährige in der Wartungs- und Waffenstaffel im Jagdgeschwader in Neuburg.
    Heute hat Katja Getschmann einen Bürojob im Stab. Ihre Ausbildung begann die heute 42-Jährige in der Wartungs- und Waffenstaffel im Jagdgeschwader in Neuburg. Foto: Jennifer Güngör

    Kameras und Blitzlichtgewitter begrüßten Katja Getschmann an ihrem ersten Arbeitstag. Als sie am 2. Januar vor 20 Jahren die Wache im Luftwaffenausbildungsregiment am Standort Germersheim zum Dienstantritt durchschritt, war sie eine der ersten weiblichen Soldaten in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.

    Bundeswehr in Neuburg: Als vor 20 Jahren die Frauen kamen

    „Bis zu diesem Zeitpunkt war es mir tatsächlich nicht bewusst, dass wir für die Medien etwas Besonderes waren“, erzählt die heute 42-Jährige. Für sie sei es eine selbstverständliche Entscheidung gewesen, den Beruf der Soldatin zu ergreifen, als eine Änderung des Grundgesetzes dieses möglich machte. Diese war hart umkämpft, die Einwände zahlreich: Der Dienst an der Waffe ist zu hart für Frauen. Sie schwächen die Truppe. Eine Armee ist nichts für die Emanzipation. Doch eine junge Frau, die sich 1996 als Soldatin in der Kampftruppe beworben hatte und abgelehnt wurde, zog bis vor den Europäischen Gerichtshof – und bekam recht. Die Wehrpflicht blieb Frauen zwar weiterhin untersagt, aber als Freiwillige durften sie sich von nun an melden.

    2001 kamen fünf junge Frauen zum Neuburger Luftwaffengeschwader

    Katja Getschmann tat das als eine der ersten. Ist sie besonders wagemutig? „Nein“, sagt sie, „ich wollte schon immer zur Bundeswehr.“ Aber eine sanitäts- oder musikdienstliche Verwendung kam für sie nicht infrage. Getschmann ist im technischen Bereich zu Hause. Nach der Schule absolvierte sie eine Ausbildung zur Industriemechanikerin und war in ihrer Heimatstadt Schweinfurt zunächst als Facharbeiterin beschäftigt.

    „Als sich die Öffnung der Bundeswehr für Frauen abzeichnete, informierte ich mich über mögliche Verwendungen im technischen Bereich und nach einer absolvierten Truppenwerbung im damaligen Jagdgeschwader 74 wurde ich als Flugzeugwartungsmechanikerin ’Phantom’ eingeplant.“ Im Anschluss an die Grundausbildung trat sie den Dienst in der Wartungs- und Waffenstaffel in Neuburg an. Insgesamt fünf junge Frauen waren es, die Anfang März 2001 im Neuburger Luftwaffengeschwader ihre Arbeit aufnahmen.

    Viele Bedenken haben sich im Alltag aufgelöst

    „Mit einem Blick zurück auf diese Zeit haben wir wohl für enorm viel Wirbel gesorgt – nicht nur in der Technischen Gruppe. Wie geht man mit Soldatinnen um? Was darf man in ihrer Gegenwart sagen und was nicht. Dürfen die ’Neuen’ eine Werkzeugkiste tragen? Was ist, wenn sie das erste Mal auf der Alarmrotte zusammen mit Soldaten Dienst leisten“, erinnert sich Katja Getschmann. Viele dieser Bedenken hätten sich im täglichen Dienst in Luft aufgelöst. „Ich wollte nie eine Sonderbehandlung und das habe ich für meine Belange genauso gelebt. Sicherlich gab es Kameraden, die das anders sahen. Aber auch dies ist absolut in Ordnung.“

    Eurofighter-Pilotinnen gibt es in Neuburg keine einzige.
    Eurofighter-Pilotinnen gibt es in Neuburg keine einzige. Foto: Oliver Lang/ddp

    Swen Jacob, stellvertretender Kommodore des Neuburger Luftwaffengeschwaders, traf das erste Mal auf Katja Getschmann, als er 2001 – damals in Laage stationiert – mit seiner Phantom in Neuburg landete. Getschmann nahm sein Flugzeug zur Wartung entgegen. „Ich war nicht skeptisch den Frauen gegenüber“, erzählt er, „sondern ich stellte mir vielmehr die Frage, was ich ihnen gegenüber falsch machen könnte.“ Doch die Damen hätten klare Vorstellungen von ihrem Job gehabt und seien dementsprechend aufgetreten. Durch die Frauen habe sich der Umgangston innerhalb der Bundeswehr verändert. Auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei durch die Vorreiterrolle der Frauen schneller gegangen als ohne Frauen.

    Bei der Bundeswehr in Neuburg sind 97 Frauen tätig

    Heute sind in Neuburg von 978 Soldaten 97 Frauen quer durch alle Bereiche tätig. Ein Prozentsatz, der laut Jacob leicht über dem nationalen Durchschnitt liegt. Doch in Führungspositionen findet man Frauen immer noch wenig. Auch Eurofighter-Pilotinnen gibt es in Neuburg keine einzige. Deutschlandweit seien es zwei. Und wie sieht es mit einer Frau Kommodore aus? Das sei rein rechnerisch noch nicht möglich. Jacob: Um Kommodore, also der Ranghöchste eines fliegenden Verbandes, zu werden, muss man den Dienstgrad des Oberst erreicht haben. Das sei üblicherweise erst nach rund 27 Jahren der Fall.

    Im Alltag sind Frauen nach 20 Jahren eine Selbstverständlichkeit. „Früher haben die Leute schon geguckt, wenn ich in Uniform im Supermarkt war. Heute nicht mehr“, erzählt Katja Getschmann. Sie war 23 Jahre alt und Mutter eines kleinen Sohnes, als sie sich 2001 bei der Bundeswehr verpflichtete. Ihr Mann und ihre Familie standen hinter ihr, denn anders sei ein Vollzeitjob, der oft wochenlange Lehrgänge in ganz Deutschland und auch Auslandseinsätze mit sich bringt, nicht zu stemmen.

    Frauen in der Bundeswehr gehören zum Alltag

    Nach 15 Jahren Dienst in der Technischen Gruppen mit unterschiedlichen Verwendungen und einer anschließenden Versetzung in den Stab kann Katja Getschmann sagen: Ja, ich lebe meinen Traumberuf. Eine Berufung eines ganz besonderen „Berufsstands“. Im Laufe der letzten 20 Jahre seien Soldatinnen in der Bundeswehr keine Seltenheit mehr und gehören zum Dienstalltag. „Ich freue mich auf die Zukunft und was sie unter anderem dienstlich mit sich bringt. Nicht Mann oder Frau zählt, sondern der Mensch, der als Soldatin oder Soldat dahintersteht.“

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