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Neuburg: Auf Achse mit einer Neuburger Stadtführerin

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Auf Achse mit einer Neuburger Stadtführerin

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    Im Angebot sind neben der klassischen, 90-minütigen Stadtführung an Sonn- und Feiertagen seit heuer auch 40-minütige Altstadtrundgänge an Werktagen.
    Im Angebot sind neben der klassischen, 90-minütigen Stadtführung an Sonn- und Feiertagen seit heuer auch 40-minütige Altstadtrundgänge an Werktagen. Foto: Norbert Eibel

    Es ist ein Bild wie gemalt für eine Tourismusbroschüre: Margit Vonhof-Habermayr steht mitten auf dem Karlsplatz auf den Stufen des Marienbrunnens, hinter ihr reckt an diesem Sommervormittag die Hofkirche ihre, von Laterne und Doppelkreuz gekrönte, welsche Haube in den weiß-blauen Himmel über Neuburg. Für die 63-Jährige, seit neun Jahren Sprecherin der Neuburger Stadtführer, ist die pittoreske Szenerie ein Arbeitsplatz. Mit insgesamt 40 Kollegen, in der Mehrzahl Frauen, bringen sie Gästen und Besuchern ihre Stadt in 17 abwechslungsreichen Führungen näher. Das Angebot reicht dabei von der klassischen Runde durch die Oberstadt mit Schloss, Schlosskapelle,

    Margit Vonhof-Habermayr stammt eigentlich aus der Pfalz, hat in Saarbrücken Kunstgeschichte studiert und kam „der Liebe wegen nach Neuburg. Ich habe dann hier Fuß gefasst und mich eingelebt.“ 1995 las ihr Mann ein Zeitungsinserat, „Stadtführer gesucht“. Eine Herausforderung, wie für sie gemacht, erinnert sie sich. Schon 1977 hatte der Verkehrsverein „Freunde der Stadt Neuburg“ auf Anregung von Fritz Seebauer die ersten Stadtführer ausgebildet. Nach 42 Jahren ist die mittlerweile bereits fünfte Generation ausgebildet.

    Stadtführerin: Neuburg ist ein ideales Pflaster

    Margit Vonhof-Habermayr, Sprecherin der Neuburger Stadtführer, nimmt Gäste auf ihrer Altstadtrunde mit zum Karlsplatz.
    Margit Vonhof-Habermayr, Sprecherin der Neuburger Stadtführer, nimmt Gäste auf ihrer Altstadtrunde mit zum Karlsplatz. Foto: Norbert Eibel

    Der Beruf des Fremdenführers entstand mit dem Aufkommen des Tourismus. Schon im 17. Jahrhundert gab es die Berufsbezeichnung im Vatikanischen Staat. Der Begriff des Cicerone, vermutlich von der Redegewandtheit eines Ciceros für einen Führer durch die historischen Stätten des Mittelmeerraums abgeleitet, verbreitete sich in ganz Europa. Heutzutage besteht die Aufgabe von Gästeführern in der Begleitung von kommentierten Stadtführungen, -rundfahrten, -wanderungen, Museums- und Schlossführungen, Ausflügen, Studienreisen und dergleichen mehr.

    Neuburg sei ein ideales Pflaster für Besucher und damit auch für Stadtführer, findet die Chefin der lokalen Gilde. „Wir haben hier so tolle Voraussetzungen, nicht nur von der historischen Substanz.“ Das Infobüro als Treffpunkt und Anlaufstelle – zusammen mit den drei Innenräumen der Schlosskapelle, der Hofkirche und der Provinzialbibliothek – bietet eine ideale Infrastruktur, findet Margit Vonhof-Habermayr. So sei es ein Leichtes, Besuchern die Schönheiten und die wechselvolle Geschichte der ehemaligen Residenzstadt des Fürstentums Pfalz-Neuburg nahebringen zu können. 500 Führungen bietet das Infobüro im Jahr inzwischen an, 20.000 Gäste erfahren dabei Interessantes über die Stadt und ihre Historie.

    Stadtführer: Sechsmonatiger Kurs und Prüfungen sind Pflicht

    Damit die Stadtführer das passende Rüstzeug zur Hand haben, sind sie gründlich ausgebildet worden. In einem sechsmonatigen Kurs, den alle Bewerber absolvieren müssen, haben sich die künftigen Botschafter Neuburgs das Wissen angeeignet, das in einer schriftliche Prüfung und einem praktischen Teil, der ersten eigenen Stadtführung, unter Beweis gestellt werden muss. Und schließlich soll der erworbene Grundstock stetig erweitert werden. So hätten es sich die Neuburger Stadtführer zur Aufgabe gemacht, so Vonhof-Habermayr, ihre historischen Kenntnisse durch monatliche Treffen mit steter Fortbildung, Exkursionen und Besuchen aktueller Ausstellungen aufzufrischen.

    Die Spezialität der 63-Jährigen sind Führungen als Herzogin Amalie, getreu ihrem Credo „jeder Stadtführer ist auch ein bisschen ein Schauspieler“. Im historischen Kostüm führt sie in dieser Rolle die Besucher, stilecht in Wort und Gestik, durchs Schloss oder die Altstadt. „Man muss versuchen, die Person zu sein“, geht Margit Vonhof-Habermayr ganz in ihrer Rolle auf. „Ich öffne dann zum Beispiel nicht selbst die Türen, das müssen die Männer in der Gruppe übernehmen. Diese Illusion will der Zuhörer auch.“ Herzogin Maria Amalia von Pfalz-Zweibrücken, die letzte fürstlichen Bewohnerin des Residenzschlosses, hatte es der Kunsthistorikerin angetan, weil sie in der Öffentlichkeit weitgehend in Vergessenheit geraten war. Vonhof-Habermayr wollte dies ändern, hat eine eigene Führung konzipiert und im Kollektaneenblatt mehrere Artikel über die Herzogin veröffentlicht. Zudem hat sie das Bild der Herzogin, das im Rathaus hing und Gefahr lief, ins Depot verbannt zu werden, für die Öffentlichkeit gerettet. Heute hängt das Porträt im Schloss.

    Stadtführerin: Gruppe möchte einen schönen Tag haben

    Auch die benachbarte Provinzialbibliothek ist Teil der Führung.
    Auch die benachbarte Provinzialbibliothek ist Teil der Führung. Foto: Norbert Eibel

    Aber es ist nicht nur der glamouröse Auftritt, die Stadtführerin schätzt auch ganz normale Touren. Die Kunst sei es, sich auf die unterschiedlichen Gruppen einzustellen und vorzubereiten. Mitgliedern eines Gartenbauvereins müsse man anders begegnen als einer Schülergruppe, und Einheimischen anders als Gästen aus dem Norden. Am einfachsten zu führen seien ältere, kunsthistorisch interessierte Besucher, am liebsten sind ihr Schüler, „weil das die größte Herausforderung ist. Ich versuche deshalb immer, die Geschichte an dem Objekt, das ich zeige, aufzuhängen.“ Eine Rolle spiele auch, wie homogen die Gruppe sei. „Schwierig sind die, die eigentlich lieber gleich Kaffee trinken gehen wollen, oder die, die sich lange nicht gesehen und viel zu erzählen haben.“ Margit Vonhof-Habermayr reagiert darauf flexibel. „Ich lasse die auch mal reden und versuche, dezent zu sein.“ Bei Störern oder Besserwissern reagiert sie dagegen energisch, bevor die Tour kippt. „Ich frage die einfach, ob nicht sie weitermachen möchten. Das reicht, die sind dann ganz schnell ruhig.“ Oft passiere das nicht, 99 von 100 Führungen verliefen reibungslos.

    Routine und ganz viel Erfahrung kommen der Stadtführerin dabei zupass. So sei es etwa ganz wichtig, an einer Station, der Karlsplatz biete sich an, auf das moderne Neuburg einzugehen. „Solche Sachen interessieren vor allem Auswärtige sehr.“ Ein Stadtführer, sagt Margit Vonhof-Habermayr, müsse überzeugend wirken, über ein großes Repertoire verfügen und sattelfest sein. „Man darf durchaus auch mal zugeben, etwas nicht zu wissen. Was man aber vermeiden muss, ist irgendwie rumzulabern. Es gibt heute Gäste, die überprüfen das Gesagte an Ort und Stelle auf ihrem Smartphone.“

    Ganz am Ende, und das weiß Margit Vonhof-Habermayr aus ihrer langen Erfahrung, müsse jedem Stadtführer klar sein, „die Gruppe möchte einfach einen schönen Tag verbringen. Die Leute treibt nicht der Wissensdurst an, sondern sie wollen eine angenehme Zeit haben.“

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