Startseite
Icon Pfeil nach unten
Neuburg
Icon Pfeil nach unten

Neuburg: 29-Jähriger wollte BMW stehlen: Braver Dieb vor dem Amtsgericht Neuburg

Neuburg

29-Jähriger wollte BMW stehlen: Braver Dieb vor dem Amtsgericht Neuburg

    • |
    Ein 29 Jahre alter Mann musste sich vor dem Amtsgericht in Neuburg verantworten.
    Ein 29 Jahre alter Mann musste sich vor dem Amtsgericht in Neuburg verantworten. Foto: Laura Freilinger (Archiv)

    Wann war man so lange in Haft, dass sich das Gefängnis vertraut anfühlt, die Gitter als Refugium? Eine Zuflucht. Zuhause. Dass das oft schnell gehen kann, scheint ein Fall vor dem Amtsgericht in Neuburg zu zeigen.

    Fall vor dem Amtsgericht in Neuburg: Dieb benahm sich sehr anständig

    Herbert, der eigentlich anders heißt, ist Postzusteller. Nebenbei arbeitet er als Sicherheitsmann auf dem Gelände eines großen Autozulieferers in der Region. 10.000 Wagen stehen tagtäglich auf diesem Areal, manchmal sind es mehr. Die Marken decken die ganze Bandbreite der Autowelt ab, BMWs, Audis, Mercedes, andere. Von Montag bis Freitag werden sie abgeholt, geordnet, geliehen. Nur nicht am Wochenende, da ist es leiser. Ist das Tor geschlossen, die Pforte leer, stehen die Karosserien zumindest weitgehend still.

    Der 29-Jährige geriet schon öfter mit dem Gesetz in Konflikt.
    Der 29-Jährige geriet schon öfter mit dem Gesetz in Konflikt. Foto: Isabella Tartamella (Symbolfoto)

    So auch an diesem Tag Anfang März, als Herbert wieder Schicht hatte. Er wies einen neuen Kollegen ein, stieg dann in ein Auto, als er plötzlich einen Wagen über das Gelände fahren sah. Ganz langsam schlich der BMW durch die Autoreihen. Nicht ungewöhnlich für einen Wochentag, erzählt Herbert vor Gericht. Für einen Sonntag wie diesen aber auffällig. Also fuhr Herbert dorthin, um nachzufragen, was mit dem Wagen geschehen sollte. Dort angekommen, traf er einen Mann, 29. Er gab an, mit dem BMW das Gelände über die Pforte verlassen zu wollen. An einem Sonntag? Ja, meinte dieser, was Herbert misstrauisch machte. Er rief die Polizei an, dann seinen Chef. Und es zeigte sich: Der Mann wollte den BMW 330i Performance im Wert von 75.000 Euro stehlen.

    Anstatt jetzt zu flüchten, blieb der Dieb in diesem Moment des Auffliegens aber gelassen. „Das muss ich ihm hoch anrechnen“, sagt Herbert vor Gericht. Er sei freundlich gewesen, kooperativ, ehrlich. Habe ihm erzählt, dass ihm ein Freund gesteckt habe, dass man sich hier ein Auto aussuchen und die Schlüssel nehmen könne. An der Pforte müsse man nur noch unterschreiben, dann könne man wegfahren. Einfach so, meinte der Mann.

    Dieb wollte nicht abhauen: Ein "ungewöhnlicher Fall" vor dem Amtsgericht Neuburg

    Der Fall ist ungewöhnlich – das stellt auch Richter Christian Veh fest. Nicht allzu oft gehe es bei einem Autodiebstahl zu wie bei diesem. „98 Prozent der Diebe hätten versucht abzuhauen.“ Nicht aber der Angeklagte, der sich seinem Schicksal eher ergeben hätte. Ein Verhalten, fährt Christian Veh fort, das er nun auch in ähnlicher Weise vor dem Amtsgericht zeige. „So hoffnungslos, wie Sie auftreten.“

    Ungewöhnlich sei aber auch, dass der Angeklagte Bekannten geglaubt habe, die ihm erklärten, wie man hier gratis zu einem Auto kommt. „Latrinenparolen von Leuten“, wie es der Richter formuliert. „Insgesamt scheinen Sie mir intellektuell überfordert gewesen zu sein.“ Doch merkt der Richter auch an, dass kriminelles Gedankengut schon tief im Innern des Angeklagten verfestigt sein muss. Zumal er nur Tage nach seiner Entlassung im Februar bereits wieder straffällig wurde – „und zwar ganz massiv“. Warum?

    Er habe nicht geplant, so schnell wieder ins Gefängnis gehen zu müssen, antwortet der 29-Jährige zurückhaltend. Irgendwie aber habe der Knast etwas Heimisches gewonnen. Sein Vorstrafenregister ist lang, sieben Mal ist der Angeklagte wegen Vergehen wie Sachbeschädigung, Drogenbesitz oder Körperverletzung vorbestraft. Die Rückfallgeschwindigkeit mit nicht einmal 30 Jahren also sei enorm, findet das Schöffengericht und spricht den Angeklagten des versuchten Diebstahls und des Hausfriedensbruchs schuldig. Er muss für ein weiteres Jahr und acht Monate ins Gefängnis. Dennoch appelliert Christian Veh an ihn, etwas zu ändern. „Sonst werden Sie nach Ihrer Entlassung gleich wieder einkassiert.“ Und es winkt ein Leben hinter Gittern.

    Lesen Sie dazu auch:

    Prozess gegen Schrobenhausener Heilpraktikerin beginnt

    Prozess am Amtsgericht Neuburg: „Ein Kind ist kein Gegenstand“

    Ein Abend, zwei Erwartungen: Prozess um sexuellen Übergriff in Neuburg

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden