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Natur in Neuburg: Schönheit des Auwalds: Der „Echte Seidelbast“ ist tückisch

Natur in Neuburg

Schönheit des Auwalds: Der „Echte Seidelbast“ ist tückisch

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    Der Echte Seidelbast wächst in ganz Eurasien, bevorzugt in Auwäldern – so auch im Neuburger Auwald.
    Der Echte Seidelbast wächst in ganz Eurasien, bevorzugt in Auwäldern – so auch im Neuburger Auwald. Foto: Michael Denk

    Der Donau-Auwald zwischen Neuburg und Ingolstadt bietet vielen bedrohten Tier- und Pflanzenarten eine Heimat. Das Aueninstitut Neuburg erforscht seit über zehn Jahren dieses besondere Ökosystem und unterstützt die Arbeit des Wasserwirtschaftsamtes

    Im Vorfrühling, bevor sich das neue Blätterdach bildet, lacht einem so mancher Frühjahrsblüher entgegen. Schneeglöckchen, Märzenbecher, Blaustern – das Leben kehrt wieder in die Pflanzenwelt ein, endlich. Wer aufmerksam durch den Wald spaziert, dem wird im Unterholz ein ganz besonderer Frühblüher auffallen: Ein Strauch, der so aussieht, als bestünden seine Äste gänzlich aus hellrosa bis purpurroten Blüten – der Echte Seidelbast, botanisch auch „Daphne mezereum“ genannt. Er wächst in ganz Eurasien, bevorzugt in Auwäldern, so auch im Neuburger Auwald. Den Namen „Daphne“ erhielt der Strauch wegen der Ähnlichkeit seiner Blätter zu denen des Lorbeers (griechisch: Daphne). Diese werden erst später im Laufe des Frühjahrs an den Sprossspitzen gebildet, was an den Blattschopf des Fruchtstandes einer Ananas erinnert.

    Der „Echte Seidelbast“ ist im Donau-Auwald bei Neuburg zu finden

    Die auffällige Blütenbildung direkt aus dem Holz des Strauchs wird als Stammblütigkeit oder Cauliflorie bezeichnet. Diese ist bei tropischen Pflanzen, dem Kakao etwa, häufig zu finden – in der mitteleuropäischen Flora aber einzigartig. Die im März erscheinenden, miteinander verwachsenen Blütenblätter bilden eine kelchförmige, vierzipfelige Röhre. Sie locken mit einem betörend süßen Geruch die ersten Insekten an. Vorzugsweise solche, die wie Schmetterlinge einen langen Saugrüssel besitzen, um an den reichlich zuckerhaltigen Nektar zu kommen.

    Im Spätsommer bilden sich tiefrote beerenartige Früchte, die von Vögeln gerne verspeist werden. Die Samen werden unverdaut wieder ausgeschieden, wodurch sie praktisch per Luftpost verbreitet werden und an einem geeigneten Standort landen. Säugetiere wie auch der Mensch sollten sich jedoch davor hüten, die Früchte des Seidelbastes zu verzehren: Sie sind hochgiftig.

    Die übrigen Pflanzenteile sind ebenfalls giftig. Es sind vor allem die Giftstoffe Daphnetoxin und Mezerein (angelehnt an den wissenschaftlichen Artnamen), die für die außerordentlich toxische Wirkung sorgen. Bei Hautkontakt verursachen sie Juckreiz und Blasenbildung, bei starker Einwirkung sogar geschwürigen Zerfall der Haut.

    Der Verzehr des "Echten Seidelbastes" kann tödlich sein

    Werden Früchte verschluckt, kommt es zu einem Brennen in Mund und Hals, gefolgt von Übelkeit mit Erbrechen, bis hin zu blutigem Durchfall, Schädigung des zentralen Nervensystems sowie der Nieren. Tödlich endet der Verzehr schon ab wenigen Beeren. Diesen Unannehmlichkeiten verdankt die Pflanze weitere Namen wie „Pfefferstrauch“ oder – in Anlehnung an das mittelhochdeutsche „kellen“ (von quälen) – „Kellerhals“. In den alten Tagen wurde der Seidelbast auch medizinisch als Abführ- und Brechmittel oder gegen Läuse und Geschwüre genutzt. Auch die moderne Wissenschaft konnte zeigen, dass sich die Inhaltsstoffe bei Mäusen gegen Leukämie und allgemein hemmend auf Krebsgeschwüre auswirken. Ein potentielles Heilmittel also?

    „Daphne mezereum“ stellt ein Paradebeispiel für eine erfolgreiche evolutive Anpassung dar – einerseits ist die Pflanze eine wichtige Futterquelle für Bestäuber und Samenverbreiter, andererseits hat sie eine extreme Giftwirkung auf diejenigen, die der Pflanze keinen Vorteil bringen. Begegnen Spaziergänger der tückischen Schönheit zum Beispiel im Auwald bei Neuburg, sollten sie also vorsichtig sein: Bezaubernd ist der Anblick des Seidelbastes, verführerisch sein Duft und todbringend ihr Verzehr.

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