Der Mordprozess um einen 38-Jährigen, der im Juni vergangenen Jahres in einem Ingolstädter Internetcafé einen 50-jährigen Mann erschossen haben soll, startete am Donnerstag mit einer Panne. Wie Vorsitzender Richter Konrad Kliegl sagte, habe die zuständige Kammer des Landgerichts Ingolstadt es versäumt, dem türkischen Beschuldigten rechtzeitig eine Übersetzung der Anklageschrift in seiner Muttersprache zukommen zu lassen.
Die Übersetzung ging erst einen Tag vor Beginn der Verhandlung beim Angeklagten ein. Diese Zeitspanne sei jedoch zu gering für eine hinreichende Vorbereitung auf den Prozess, erklärte der Richter.
Der Beschuldigte, der zuletzt in Ingolstadt gewohnt hat, sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Er soll am 19. Juni einen Bekannten mit einer Pistole getötet haben. Der 50-Jährige starb noch am Tatort. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass ein vorhergehender Streit zwischen dem mutmaßlichen Täter und dem Opfer Auslöser des Verbrechens war.
Staatsanwaltschaft: Ingolstädter wollte "Ehre wieder herstellen"
Die beiden sollen bereits einige Tage vor dem Vorfall eine körperliche Auseinandersetzung gehabt haben. Der Angeklagte habe es nicht auf sich sitzen lassen wollen, dass der ältere Mann ihn geschlagen und verletzt habe. Mit dem Angriff auf den 50-Jährigen habe der türkische Staatsangehörige seine Ehre wieder herstellen wollen. Der mutmaßliche Täter war kurz nachdem er das Café verlassen hatte, von den Einsatzkräften festgenommen worden.
Die Hauptverhandlung wurde unterbrochen und wird nun am 23. Februar fortgesetzt. Dann wird sich wohl auch der Angeklagte kurz äußern, kündigte sein Pflichtverteidiger Jörg Gragert an. Am Donnerstag wollte der Beschuldigte nicht einmal seine Personalien angeben – weil man ihm seine private Kleidung in der Justizvollzugsanstalt nicht gegeben habe. Dabei hätte er sich aus Respekt vor dem Gericht angemessen kleiden wollen, sagte er.
Gragert betonte, dass die Panne nicht bedeute, dass sein Mandant bislang „unverteidigt“ war. Es handle sich lediglich um eine Formalie. Für den Prozess sind insgesamt neun Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil ist für Ende März geplant. (mit dpa)
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