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Interview: Joe Kienemann über das Birdland: "Da hat sich der Jazz nicht verkrochen"

Interview

Joe Kienemann über das Birdland: "Da hat sich der Jazz nicht verkrochen"

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    Kennt keinen schöneren Jazzclub: Pianist und Moderator Joe Kienemann..
    Kennt keinen schöneren Jazzclub: Pianist und Moderator Joe Kienemann.. Foto: Gerd Löser (Archiv)

    Am 1. Februar 1991 fand das erste Konzert im Birdland Jazzclub in den Räumlichkeiten der alten Hofapotheke in der Neuburger Altstadt am Karlsplatz statt. Joe Kienemann, in welchen Funktionen haben Sie das Birdland seither besucht?

    Joe Kienemann: Vor allem als Musiker. Das Birdland wurde für den Bayerischen Rundfunk von der Sendereihe „Jazz auf Reisen“ bedacht und das war nicht in meiner Hand, dafür war Ado Schlier und später Peter Machac zuständig, heute ist es Roland Spiegel. Ich habe dann aber auch von dem Aufnahmematerial profitiert und habe auch in anderen Sendungen davon berichtet. Ich war aber meistens als Musiker in unterschiedlichen Trio-Formationen dort.

    Gibt es da ein Konzert, an das Sie sich besonders erinnern?

    Kienemann: Das Konzert mit Bassist Sava Medan und Gitarrist Helmut Nieberle hat sich mir sehr eingeprägt. Die anderen Konzerte waren auch sehr schön, aber dieses Konzert am 19. Februar 2010, das war für mich ein Highlight. In dieser klassischen Oscar-Peterson-Besetzung ohne Schlagzeug, das ging dermaßen ab. Für mich war das schönste Erlebnis mit Helmut Nieberle zusammenzuspielen. Als Klavierspieler und Gitarrenspieler denken und spielen wir akkordisch, und wenn da nicht diese spontane Übereinstimmung der Töne stattfindet, dann ist alles nichts. Beim Helmut und mir war das fantastisch und schon fast magisch.

    Joe Kienemann: "Jeder Tag im Birdland war für uns ein Jazz-Feiertag"

    Was ist denn so besonders an diesem Jazzclub? Können Sie die Atmosphäre dort beschreiben?

    Kienemann: Es geht in den Keller, so wie in viele Keller, wo der Jazz gespielt wird und wo er sich oft verstecken musste, um die bürgerlichen Menschen nicht zu stören und zu verärgern. Im Birdland ist das aber anders. Da hat sich der Jazz nicht verkrochen. Wenn man da die lange Treppe herunterkam, da hat sich ein Paradies eröffnet. Da saßen Menschen, die waren erwartungsfroh und jazzkenntnisreich. Auf der einen Seite war man gefordert, denn die Menschen kannten sich sehr gut aus und waren Gutes gewöhnt, auf der anderen Seite schlugen einem unglaublich viel Sympathie und Aufgeschlossenheit entgegen. Diese ganze Atmosphäre hat uns Jazzmusiker wahnsinnig inspiriert und hat uns auch zu Höchstleistungen angespornt. Wir haben da wirklich oft klasse gespielt. Man hatte nicht das Gefühl, wir sind Stiefkinder der Kultur, sondern wir sind Hochkultur. Jeder Tag im Birdland war für uns ein Jazz-Feiertag und dafür hat Manfred Rehm gesorgt.

    Seit Jahrzehnten lenkt Manfred Rehm die Geschicke des Jazzclubs, können Sie seine Rolle noch etwas mehr beschreiben?

    Kienemann: Es ist schwer über ihn etwas zu sagen, weil er so zurückhaltend und bescheiden ist. Er hat kaum mal eine Ansage gemacht, aber er gibt einem einfach das Gefühl, dass man höchstwillkommen ist und dass er sich freut, dass wir bei ihm spielen. Man hat aber auch gemerkt, dass er das Publikum durch Rat und Tat erzogen oder gebildet hat. Durch die ständige Qualität im Programm hat er das Publikum richtig jazz-erwachsen gemacht. Er ist ein stiller, aber sehr effektiver Macher.

    Für Sie als Pianist hat der Flügel in einem Club ja eine besondere Bedeutung, wie ist der im Birdland?

    Kienemann: Der Bösendorfer-Flügel dort ist schon ein Glanzstück. Das inspiriert beim Improvisieren und bringt einen einfach auf andere Gedanken, als wenn man auf einem mittelmäßigen Gerät spielt. Das können sich Laien vielleicht gar nicht vorstellen.

    Neuburger Birdland in den Augen Kienemanns edelster Jazzclub

    Wie wichtig ist denn ein festes Zuhause für den Jazz in solchen Clubs?

    Kienemann: Ein Club, wie das Birdland – das kommt mir schwer über die Lippen – denn das Birdland gibt es ja nur einmal. Aber ich sag mal, ein guter Club ist wichtiger als jedes Festival. Ein Club, das ist der Jazzwerktag und das wirkliche Leben. Da entsteht ein Heimatgefühl für das Publikum. Ein Jazzfestival verrauscht und da ist der Kontakt zwischen Musikern und Publikum nicht so da. Aber ein Club ist eine Heimat. Das ist Familie, da gibt es menschliche Wärme. Es ist einfach ein wunderbares Gefühl, in einem Club zu agieren und zu wissen, da geht es morgen und übermorgen weiter. Da kommen immer wieder tolle Gruppen und da bin ich zu Hause. Das Birdland ist wirklich der edelste und schönste Jazzclub, den ich kenne. Ich kenne auch in New York nichts Schöneres und Besseres.

    Was wünschen Sie dem Jazzclub zum 30. Geburtstag in seinem Zuhause in der Hofapotheke?

    Kienemann: Natürlich jeden erdenklichen Erfolg! Unsere Musik ist natürlich anspruchsvoller und stellt größere Ansprüche an das Publikum, deshalb wünsche ich dem Birdland besonders, dass ihm das Publikum die Treue hält.

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