Im Totschlagsprozess um eine 30-jährige Frau aus Sachsen-Anhalt, die im Neuburger Stadtteil Bittenbrunn am 23. Dezember vergangenen Jahres ihren 41-jährigen Ex-Freund erstochen haben soll, war auch am vierten Verhandlungstag wieder volles Programm. Zuerst sagte ein Sachverständiger für textile Mikrospuren, also Fasern, am Landgericht Ingolstadt aus, danach ein Experte des forensisch toxikologischen Centrums in München, der Details zum Drogenkonsum der Angeklagten erläuterte. Anschließend trugen ein Facharzt für Rechtsmedizin, der die Obduktion beim Opfer durchgeführt hatte, und ein Experte für Blutspuren die Ergebnisse ihrer Gutachten vor.
Genauere Erkenntnisse zur Tatwaffe brachte die Aussage des Textil-Sachverständigen vom Landeskriminalamt. Dieser hatte drei Messer vom Tatort untersucht. Am meisten Fasern befanden sich an einem sogenannten Finnenmesser, ein Messer mit Holzgriff an einer zehn Zentimeter langen und zwei Zentimeter breiten Klinge. Dieses Messer passt zur Beschreibung, die die Angeklagte bereits am zweiten Verhandlungstag zur Tatwaffe gemacht hatte. Die Fasern klebten an Blut, das wiederum an der Klinge haftete. Die Fasern stammten vom Pullover des Geschädigten, was darauf hindeute, dass das Messer beim Herausziehen am Pulli entlang glitt, erklärte der Fachmann. Durchstochen wurde nur das T-Shirt, und zwar am Halsbündchen, nicht aber der Pullover. Gleich mehrere der Gutachter waren sich darüber einig, dass die Oberbekleidung des 41-Jährigen irgendwie ein Stück heruntergezogen worden sei, zum Beispiel bei einer Rangelei. Dies spricht allerdings gegen ein „blitzschnelles Zustechen“, wie von der Angeklagten geschildert.
Bluttat in Bittenbrunn: Angeklagte mit "problematischem Drogenkonsum"
Der toxikologische Sachverständige bestätigte im Grunde das, was im Laufe des Prozesses bereits erwähnt worden war. Er sagte, die Angeklagte weise einen „problematischen Konsum“ vor allem von Heroin und Amphetaminen wie Ecstasy auf. Wobei die Haarprobe der Beschuldigten zeige, dass der Drogenkonsum in den drei Monaten vor dem Vorfall geringer gewesen sei als etwa sechs oder zwölf Monate davor. Zur Tatzeit – gegen Mitternacht vom 22. auf den 23. Dezember 2019 – sei die Konzentration nicht sonderlich hoch gewesen, meinte der Experte.
Der Facharzt für Rechtsmedizin ging genauer auf die Todesursache ein. Es handle sich um „ein Verbluten nach außen und innen infolge einer Brustkorbstichverletzung“, sagte er. Der Stich ging zwischen der ersten und zweiten Rippe hindurch und durchtrennte die innere Brustwandschlagader. Außerdem wurden mehrere Lungengefäße verletzt. Der andere Messerstich im Hüftbereich war nicht tödlich, reichte aber bis zum Knochen. Die „Zeichen stumpfer Gewalteinwirkung“ am Schädel und im Gesicht waren ebenfalls nicht tödlich. Als Todeszeitpunkt gab der Gerichtsmediziner circa Mitternacht an. Die Wunden der Angeklagten – unter anderem ein Schnitt am rechten Daumen – könnten „passive Abwehrverletzungen“ sein, die beispielsweise dann entstehen, wenn man seine Hände zum Schutz vor einem Messerangriff nach oben nimmt. Die Abwehrverletzungen seien allerdings sehr gering, was für keine längere oder intensivere Auseinandersetzung spreche, so der Fachmann. Sowohl die Beschuldigte als auch der Geschädigte waren stark alkoholisiert. Ihr Promillewert lag gegen Mitternacht bei 2,2 bis 2,6 Promille, der des Mannes noch höher. Der Gerichtsmediziner deutete an, dass die Steuerungsfähigkeit der damals 29-Jährigen eingeschränkt gewesen sein könnte.
Landgericht Ingolstadt: Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt
Der Blutspuren-Experte rekonstruierte schließlich einen möglichen, für ihn plausiblen Tathergang: Der Stich in die Brust könnte noch in aufrechter Position des 41-Jährigen durchgeführt worden sein. Dann ging der Geschädigte nach ein bis zwei Minuten langsam zu Boden und erst dann erfolgte der Stich in den unteren Rücken. Dass der Stich in die Hüfte bereits Teil einer vorhergehenden Rangelei gewesen sein soll, hielt der Fachmann für unwahrscheinlich, da sich am Bund der Trainingshose kein heruntergelaufenes Blut befand.
Die Verhandlung wird am Donnerstag fortgesetzt.
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