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Ingolstadt: Ingolstadt: Christian Scharpf ist seit einem Jahr Oberbürgermeister

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Ingolstadt: Christian Scharpf ist seit einem Jahr Oberbürgermeister

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    Christian Scharpf ist der erste SPD-Oberbürgermeister in Ingolstadt seit fast einem halben Jahrhundert. Am 4. Mai 2020 wurde er vereidigt, seitdem stand seine Amtszeit im Zeichen von Corona.
    Christian Scharpf ist der erste SPD-Oberbürgermeister in Ingolstadt seit fast einem halben Jahrhundert. Am 4. Mai 2020 wurde er vereidigt, seitdem stand seine Amtszeit im Zeichen von Corona. Foto: Luzia Grasser

    Herr Scharpf, vor zwei Jahren konnten Sie in Ingolstadt noch unerkannt durch die Fußgängerzone gehen. Sie waren zwar hier geboren, lebten aber schon lange in München. Wünschen Sie sich manchmal diese Anonymität zurück?

    Wegen Corona fand die konstituierende Sitzung des Ingolstädter Stadtrats im Festsaal des Ingolstädter Stadttheaters statt. Christian Scharpf und seine Frau Stefanie Geith sitzen neben Christian Lösel, daneben Alterspräsident Manfred Schuhmann.
    Wegen Corona fand die konstituierende Sitzung des Ingolstädter Stadtrats im Festsaal des Ingolstädter Stadttheaters statt. Christian Scharpf und seine Frau Stefanie Geith sitzen neben Christian Lösel, daneben Alterspräsident Manfred Schuhmann. Foto: Luzia Grasser

    Scharpf: Im Moment noch nicht. Das gehört zum Job dazu. Und es zeichnet einen Bürgermeister ja auch aus, dass er ansprechbar ist.

    Sie waren vor Ihrer Wahl politisch in Ingolstadt ein ziemlich unbeschriebenes Blatt, haben aber stets betont, dass Sie in München bei Christian Ude und Dieter Reiter in die OB-Lehre gegangen sind. Was haben Sie von den beiden SPD-OBs gelernt?

    Scharpf: Ich war seit 2004 im Direktorium der Stadt München. Drei Jahre lang war ich auch persönlicher Mitarbeiter von Christian Ude. Ich habe ihn täglich begleitet und gesehen, wie OB-Sein funktioniert. Ich habe nicht nur gelernt, wie die Verwaltung, sondern auch, wie Stadtpolitik funktioniert.

    Ihr erstes Jahr war geprägt von Corona. Sie selbst waren ja auch in Quarantäne. Wie funktioniert OB-Arbeit aus dem Homeoffice?

    Scharpf: Zum Glück war es nur eine gute Woche, die ich in Quarantäne war. Es geht schon, viel lief über Videokonferenzen. Aber seitdem war ich nicht mehr im Homeoffice. Mittlerweile habe ich auch die erste Impfung.

    Was waren dabei für Sie die größten Herausforderungen, aber vielleicht auch einige Vorteile in diesem Corona-Jahr?

    Scharpf: Der große Vorteil war, dass ich mich sehr tief in die ganzen Stadtthemen einarbeiten konnte. Da viele Veranstaltungen weggefallen sind, hatte ich Zeit, viele Themen aufs Gleis zu setzen, zum Beispiel bei der Innenstadtentwicklung, bei der Schlosslände und beim Viktualienmarkt. Aber mir fehlen natürlich die Kontakte, die kurzen Abstimmungswege innerhalb des Stadtrats. Im Juli – da waren die Inzidenzwerte ja ziemlich niedrig – sind wir nach einer langen Stadtratssitzung noch alle zusammen in den Biergarten gegangen und haben zusammen Brotzeit gemacht. Das fehlt mir schon.

    Aber es gab und gibt ja nicht nur Corona. Die Autoindustrie steckt auch in der Krise...

    OB Christian Scharpf im Gespräch mit dem Kaufhof-Betriebsratsvorsitzenden Dagobert Rabensteiner, der ihm eine Unterschriftenliste zum Erhalt der Ingolstädter Kaufhof-Filiale überreicht hat.
    OB Christian Scharpf im Gespräch mit dem Kaufhof-Betriebsratsvorsitzenden Dagobert Rabensteiner, der ihm eine Unterschriftenliste zum Erhalt der Ingolstädter Kaufhof-Filiale überreicht hat. Foto: Luzia Grasser

    Scharpf: Das macht sich natürlich bei den Steuereinnahmen bemerkbar und wir haben einen Konsolidierungshaushalt beschlossen. Aber ich glaube, dass es nur eine wirtschaftliche Delle sein wird. Es gibt zwei Studien, die sich damit befassen, welche Städte am schnellsten wieder aus der Krise herauskommen. Und beide sagen, dass Ingolstadt dabei ist. Es sind ja nicht alle Industrien von der Corona-Krise betroffen und die Autoindustrie gehört dazu. Wenn die Pandemie vorbei ist, werden wir uns wieder sehr schnell erholen, aber durch dieses Tal müssen wir jetzt durch. Volle Auftragsbücher bei Audi, 100 Millionen Euro Förderung für die Urban Air Mobility Initiative und der IN-Campus, wo zahlreiche Arbeitsplätze entstehen werden – da ist richtig was im Werden. Ich bin optimistisch für die Zukunft.

    Gilt das auch für die Innenstadt? Kaum im Amt, verkündete der Karstadt-Konzern, dass die Kaufhof-Filiale in Ingolstadt geschlossen wird. Wie sehen Sie die Zukunft der Innenstadt?

    Grundsteinlegung für die Neubauten am Kavalier Dalwigk (von links): Oberbürgermeister Christian Scharpf, Architekt Falk von Tettenborn, Nicolai Fall (Geschäftsführer von Inko-Bau), Brigk-Geschäftsführer Franz Glatz und Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle.
    Grundsteinlegung für die Neubauten am Kavalier Dalwigk (von links): Oberbürgermeister Christian Scharpf, Architekt Falk von Tettenborn, Nicolai Fall (Geschäftsführer von Inko-Bau), Brigk-Geschäftsführer Franz Glatz und Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle. Foto: Luzia Grasser

    Scharpf: Das ist im Prinzip ein Desaster, die Innenstadt liegt auf der Intensivstation. Aber wir haben ein Leerstandsmanagement initiiert, es gibt einen Innenstadtkümmerer und bald einen Stadtmarketing-Manager. Leerstände sollen kulturell bespielt werden, es gibt ein Konzept für ein Kultur- und Kreativhaus. Auch Street Art soll für eine Belebung sorgen. Als Erste-Hilfe–Maßnahme haben wir am Montag eine temporäre Senkung der Parkgebühren beschlossen. Aber der Einzelhandel wird nicht mehr die Rolle spielen wie früher.

    Viele Projekte, die Sie weiterverfolgen, hat aber bereits Ihr Vorgänger Christian Lösel angestoßen. Stichworte Gießereiglände, Erweiterung der Hochschulen, Urban Air Mobility Initiative. Wo wollen Sie Ihre eigenen Schwerpunkte setzen?

    Scharpf: Neben der Innenstadt ist einer meiner Schwerpunkte unter anderem die Stadtplanung und -entwicklung. Die Schlosslände soll umgebaut werden, damit die Stadt näher an die Donau rückt. Ich möchte wirklich, dass noch in dieser Amtsperiode der Bagger kommt. Eines meiner Leib- und Magenthemen ist auch der ÖPNV. Dessen Anteil soll sich von sieben auf 14 Prozent verdoppeln. Glücklich bin ich auch, dass bei den sozialen Themen schon viel aufs Gleis gesetzt worden ist, wie der Pflegestützpunkt und ein Zentrum für bürgerschaftliches Engagement.

    Ihre Landrats-Kollegen aus der Region 10 sind auch alle neu in ihren Ämtern. Wie läuft in Ihren Augen die Zusammenarbeit?

    Scharpf: Wir sind alle neu und man hat vom ersten Augenblick an gemerkt, dass die Chemie zwischen uns stimmt. Wir haben eine gemeinsame WhatsApp-Gruppe und treffen uns regelmäßig zu einem Jour Fixe in einer der Städte.

    Was wollen Sie zusammen angehen?

    Scharpf: Wir haben Gespräche geführt zur Schulentwicklung in der Region und machen eine gemeinsame Wirtschaftsstrukturanalyse, die zeigen soll, welche Perlen wir außer der Autoindustrie noch haben. Dann geht es natürlich auch noch um den Verkehr. Eine gleistechnische Untersuchung soll zeigen, wie und ob ein S-Bahn-Netz in der Region umsetzbar ist. Der Knackpunkt ist hier ganz klar die Donaubrücke in Ingolstadt. Auf einer ICE-Strecke kann ich nicht noch S-Bahnen fahren lassen. Erst müssen die technischen Möglichkeiten da sein, dann können wir das Potenzial ausloten. In Ingolstadt gibt es über 60.000 Einpendler. Wir müssen die Menschen aus der Region stärker auf die Schiene bringen.

    Ein Klinik-Gutachten hat im Landkreis Eichstätt für einiges Aufsehen gesorgt. Demnach sollen die beiden Krankenhäuser in Eichstätt und Kösching zugunsten eines Neubaus in Gaimersheim oder Eitensheim geschlossen werden. Mit den Landräten haben Sie sich auch schon zu einem Klinik-Gipfel getroffen. Wohin könnte der Weg führen?

    Scharpf: Wir müssen das alles im Großen sehen und nicht nur jeder Landkreis für sich alleine. Ergebnisse gibt es aber noch nicht, wir haben uns ja erst vor Kurzem getroffen.

    Sie gelten als sehr kulturinteressiert, haben selbst schon in der Öffentlichkeit zu Klarinette und Saxofon gegriffen. Aber gerade laufen die Kosten beim MKKD aus dem Ruder und einige befürchten, bei den Kammerspielen könnte das nächste finanzielle Desaster drohen. Wie viel Kultur kann sich Ingolstadt aktuell leisten?

    Scharpf: Es ist seit zehn Jahren bekannt, dass das Stadttheater saniert werden muss. Was sind also die Alternativen zu den Kammerspielen? Man könnte während der Sanierung das Theater zusperren und nichts machen. Dann könnte man wie in München ein Theaterzelt aufbauen, das auch viele Millionen kostet und am Ende hat man nichts. Oder man könnte eine leer stehende Halle theatertauglich umbauen. Sind die anderen Möglichkeiten wirklich billiger? Nachhaltiger sind sie jedenfalls nicht.

    Für Sie steht ein spannendes Jahr bevor. Bevor Sie im August 50. Geburtstag feiern, werden Sie wieder Vater. Wird es einen OB Scharpf in Elternzeit geben?

    Scharpf: Nein, das habe ich mit meiner Frau so abgesprochen. Bei den anderen Kindern war ich in Elternzeit und habe das sehr genossen. Beim ersten Kind würde ich es vielleicht machen, aber das ist ja jetzt das vierte.

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