Startseite
Icon Pfeil nach unten
Neuburg
Icon Pfeil nach unten

Ingolstadt: Corona-Hilfen: In Ingolstadt stand ein Imbissbetreiber vor Gericht

Ingolstadt

Corona-Hilfen: In Ingolstadt stand ein Imbissbetreiber vor Gericht

    • |
    Zahlreiche Corona-Hilfen – Soforthilfen, Überbrückungshilfen oder auch Kredite – sind bislang in die Region geflossen. Nicht immer landen sie bei von Corona gebeutelten Unternehmern. Manchmal wollen auch Betrüger an die Gelder gelangen.
    Zahlreiche Corona-Hilfen – Soforthilfen, Überbrückungshilfen oder auch Kredite – sind bislang in die Region geflossen. Nicht immer landen sie bei von Corona gebeutelten Unternehmern. Manchmal wollen auch Betrüger an die Gelder gelangen. Foto: Robert Michael

    Sechs Tage in der Woche steht der Mann in seinem Imbiss. Elf Stunden jeden Tag. Er verkauft dort Currywurst, Burger, Getränke. Die Leute kaufen in den Geschäften ringsum ein und machen dann, vollbepackt mit Taschen und Tüten, eine kleine Pause am Imbisswagen des Mannes. Der Wagen steht dort, wo viele Menschen vorbei kommen, vor allem samstags. Das Geschäft reicht, „um einigermaßen über die Runden zu kommen“. Das sagt Jörg Gragert. Er ist der Verteidiger des Imbissbetreibers. Denn dieser musste sich vor Kurzem vor Gericht verantworten. Der Grund: Er hat Coronahilfen kassiert und sie nicht rechtmäßig verwendet.

    Der Angeklagte hatte mit den Coronahilfen teils seine privaten Schulden bezahlt

    Von einem Tag auf den anderen war Deutschland im vergangenen Frühjahr im Lockdown. An den Imbiss kamen nur noch wenige Menschen, das Geschäft brach ein. Im März und April hatte der Betreiber kaum noch Einnahmen, teilweise machte er Verlust. Wie so viele andere Unternehmer beantragte auch er staatliche Corona-Hilfen. Erhalten hat er insgesamt 9000 Euro. Doch anstatt sie gänzlich dafür zu verwenden, seine laufenden betrieblichen Kosten zu decken, investierte er sie anderweitig: Er kaufte sich ein Auto und zahlte damit einen Teil seiner privaten Schulden ab. Denn davon hat er eine ganze Menge. So an die 80.000 Euro, schätzt er selbst. Eine Privatinsolvenz steht bevor. Aber es stimmt nicht, sagt Anwalt Gragert, dass sein Mandant „wegen der Schulden sowieso hätte schließen müssen“. Heißt: Er habe die Coronahilfen durchaus gebraucht, immerhin habe er damit auch die Raten für seinen Imbisswagen abgestottert. Aber eben nicht nur. Was er vor Gericht auch zugegeben hat. Und das war nicht rechtens.

    Tauchte der Tatvorwurf des Subventionsbetrugs in den Akten von Polizei und Justiz in den vergangenen Jahren kaum auf, so hat sich das im Corona-Jahr 2020 deutlich geändert. 2019 hatten die Ermittler im Polizeipräsidium Oberbayern Nord (das zuständige Gebiet erstreckt sich vom Kreis Eichstätt im Norden bis zum Kreis Starnberg im Süden mit insgesamt 1,5 Millionen Einwohnern) noch zwei derartige Delikte aufgenommen, ein Jahr später war die Zahl bereits auf 120 Fälle gestiegen. Der dabei entstandene Schaden belief sich nach Angaben der Polizei auf rund 1,5 Millionen Euro. Die Delikte hätten sich fast ausschließlich auf Corona-Hilfen bezogen, die von den Tätern zu Unrecht bezogen worden sind.

    In München ist ein Corona-Betrüger zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden

    Erst im März war ein Mann in München zu einer viereinhalbjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Er wollte sich Soforthilfen in Millionenhilfe ergaunern, teils hatte er auf den insgesamt 91 Anträgen Identitäten erfunden. Offenbar wollte er es sich zunutze machen, dass die Hilfen unbürokratisch ausbezahlt werden sollen. Doch dieser Betrug im großen Stil ist eher eine Seltenheit, ist von Ermittlern und Richtern zu hören. Zwar gab es auch in der Region einen Fall, dass jemand kurzerhand eine Firma erfunden hatte, um Coronahilfen zu kassieren. Oder die Polizei ermittelte im Fall eines Autohändlers, der auch ohne Pandemie wohl pleite gewesen wäre, sich mit der Finanzspritze vom Staat aber offenbar noch über Wasser halten wollte.

    Bei niedrigen Schadenssummen ist ein Strafbefehl möglich

    In vielen Fällen aus der Region, die bekannt werden, erhalten die Unternehmer, die die Hilfen zu Unrecht ausbezahlt bekommen haben, lediglich einen Strafbefehl, erklärt Günter Mayerhöfer, Direktor des Ingolstädter Amtsgerichts. Das ist bei Vergehen möglich. Wenn die Beschuldigten die Strafe – zumeist eine Geldstrafe – akzeptieren, kommt es dann auch zu keinem öffentlichen Prozess. Das ist aber nur möglich, wenn relativ geringe Schadenssummen im Raum stehen. Erst wenn eine Haftstrafe von mindestens vier Jahren möglich sein könnte, landen die Strafverfahren am Landgericht. Das war bislang in der Region aber noch nicht der Fall.

    Das Amtsgericht Ingolstadt hat den Imbissbetreiber schließlich zu einer achtmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. In seinem Imbisswagen steht er weiterhin, sechs Tage die Woche. Elf Stunden jeden Tag. Schließlich muss er noch 7300 Euro an den Staat zurückzahlen. Geld, das er zu Unrecht kassiert hat. Auch wenn Richter Mayerhöfer in seinem Urteil betonte: „Wir reden hier nicht von einem klassischen Betrug.“

    Bei den Novemberhilfen sind im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen 4,2 Millionen Euro ausbezahlt worden

    Bislang sind in die Region viele Millionen an Corona-Hilfen für Firmen und Unternehmen geflossen. Nach Auskunft von Reinhard Brandl, CSU-Bundestagsabgeordneter für unsere Region, wurden bis Ende des vergangenen Jahres allein im Kreis Neuburg-Schrobenhausen 81 KfW-Unternehmerkredite mit einem Volumen von 17,2 Millionen Euro zugesagt. Bei den Novemberhilfen sind 328 Anträge mit einem Volumen von 4,2 Millionen Euro ausbezahlt worden. Diese richten sich an Unternehmen, die beim zweiten Lockdown schließen mussten. An Überbrückungshilfen für Firmen mit Umsatzeinbußen sind in den Kreis bis Mitte März gut zweieinhalb Millionen Euro geflossen.

    Coronahilfen für die Region

    Für die Region 10 gesamt

    Überbrückungshilfe I (Stand Mitte November 2020)

    • Rund 520 bewilligte Anträge • Über 6,7 Millionen Euro ausgezahlt

    Überbrückungshilfe II

    • Über 560 bewilligte Anträge • Über 10,5 Millionen Euro ausgezahlt

    Novemberhilfe

    • Über 1.500 bewilligte Anträge • Rund 22,7 Millionen Euro ausgezahlt

    Für den Landkreis Neuburg-Schrobenhausen

    Überbrückungshilfe I (Stand Mitte November 2020)

    • 73 bewilligte Anträge • Über 814.000 Euro ausgezahlt

    Überbrückungshilfe II (Stand Mitte März 2021)

    • 106 bewilligte Anträge • Rund 1,76 Millionen Euro ausgezahlt

    Novemberhilfe (Stand Mitte März 2021)

    • 328 bewilligte Anträge • Rund 4,2 Millionen Euro ausgezahlt

    Lesen Sie auch:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden