Startseite
Icon Pfeil nach unten
Neuburg
Icon Pfeil nach unten

Drogenprozess: Dem Staatsanwalt platzt der Kragen

Drogenprozess

Dem Staatsanwalt platzt der Kragen

    • |

    Dieser Prozess wird Vorsitzenden Richter Thomas Denz und allen übrigen Beteiligten sicher lange in Erinnerung bleiben. Allerdings nicht in guter. Schon, weil der Terminplan längst „zerschossen“, ist wie Denz gestern sagte. Darauf müssen sich neben der Kammer auch die sieben Anwälte und sechs Gutachter einstellen – also umplanen. Grund: Weil Angeklagte und auch Zeugen „wenig kooperativ sind“, sagt ein

    Es geht um Drogen und um den angeblichen „Überfall“ von zwei Räubern auf zwei Männer im Februar bei Feilenmoos im Landkreis Pfaffenhofen. Die beiden „Opfer“ (34 und 32) kamen mit schweren Stich- und Schnittverletzungen an diesem Abend in die Notaufnahme des Klinikums und sagten, sie seien von zwei Dunkelhäutigen mit Messern niedergestochen und ausgeraubt worden. Später stellt sich heraus, dass alles erstunken und erlogen ist. In Wahrheit hatte es in der Wohnung eines

    Angeklagt sind vier Männer: Der mutmaßliche „Boss“ (32) sowie sein Komplize (34) bei dem Überfall, ein 26-Jähriger, der durch einen Scheinkauf den Lockvogel spielte, und ein 35 Jahre alter Lokalbetreiber aus Geisenfeld, der als Fahrer angeheuert wurde. Alle nahmen Drogen, fast alle sind vorbestraft, jedem von ihnen droht eine mehrjährige Haftstrafe.

    Die Hintergründe und vor allem die Frage, welche Rolle das Quartett in der Drogenszene in dem Dreieck Ingolstadt-Manching-Geisenfeld gespielt haben könnte, beschäftigt das Gericht seit Anfang Januar. Die meisten Zeugen geben sich sehr zurückhaltend.

    Das war auch am Donnerstag so, als eine 23-Jährige und ein 29 Jahre alter Mann aus dem Bekanntenkreis der Angeklagten vernommen wurden. Immer, wenn es aus der Sicht des Gerichts und von Anklagevertreter Jürgen Staudt interessant zu werden schien, konnten oder wollten sich die beiden nicht mehr an Details erinnern können. Da platzte dem Staatsanwalt der Kragen: Er ließ beide Zeugen noch im Gerichtssaal vorläufig festnehmen. Danach machte Staudt Überstunden und bat beide zur staatsanwaltschaftlichen Vernehmung. Erst nach Mitternacht war sie zu Ende.

    Die Nachtschicht verfehlte nicht an Wirkung: Der Mann erschien gestern morgen nicht nur mit dunklen Ringen um die Augen, sondern auch mit mehreren eng beschriebenen Seiten Papier. Er hatte seine Erinnerung aufgefrischt und sich eifrig Notizen gemacht, die er dem Gericht nun bereitwillig vortrug: Auch er habe bei dem Überfall mitmachen sollen. 500 Euro Belohnung habe ihm der „Boss“ versprochen, aber er habe trotzdem gekniffen. „Du wärst sowieso zu blöd dazu gewesen“, habe der mutmaßliche Hauptangeklagte daraufhin zu ihm gesagt. Als der Überfall misslang, spielte er aber bereitwillig den Helfershelfer und holte die restlichen Drogen aus dem Versteck, das der „Boss“ im Hof vor seinem Wohnhaus in Geisenfeld unter einem Pflasterstein angelegt hatte. Etwa zehn Portionen „Spice“ und einen Tennisball, der prall gefüllt gewesen sei mit „Speed“, habe er geholt, dazu noch die Drogenwaage, mit der der „Boss“ bei seinen Geschäften portioniert habe, gestand der Zeuge. Das ganze Zeug habe er später jenem Mann übergeben, den angeblich alle nur unter dem Spitznamen „Der Rohrreiniger“ kennen.

    Noch gewaltigere Wirkung hatte das nächtliche Verhör durch den Staatsanwalt bei der jungen Dame: Die erschien gestern nicht im Zeugenstand, ließ aber mitteilen, dass jetzt eine Rechtsanwältin mit der Wahrung ihrer Interessen beauftragt habe. Ohne Anwältin als Beistand werde sie keine Angaben machen. Laut Richter Denz steht die Frau unter dem „Verdacht der uneidlichen Falschaussage“. Das macht es jetzt juristisch knifflig, denn nun hat sie ein Aussageverweigerungsrecht. Das Gericht hat inzwischen weitere Verhandlungstage bis April angesetzt. Wie gesagt: Der ursprüngliche Terminplan ist völlig „zerschossen“.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden