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Bauen & Wohnen: Neuburg-Schrobenhausen: Wie hat sich der Stil beim Hausbau geändert?

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Neuburg-Schrobenhausen: Wie hat sich der Stil beim Hausbau geändert?

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    26 Jahre war Peter Zwack Kreisbaumeister im Landratsamt. Bautrends sieht er immer noch mit kritischem Blick.
    26 Jahre war Peter Zwack Kreisbaumeister im Landratsamt. Bautrends sieht er immer noch mit kritischem Blick. Foto: Annemarie Meilinger

    Herr Zwack, als Architekt und ehemaliger Kreisbaumeister haben Sie Ende der 1980er Jahre den damals aufkommenden „Jodlerstil“ in unserer Region kritisiert – jene Häuser, die mit viel Holz und Lüftlmalerei ausgestattet wurden und normalerweise ihren Platz im Alpenraum haben. Welchen Trend sehen Sie heute, wenn Sie durch die Straßen gehen?

    Peter Zwack: Der Jodlerstil ist in den vergangenen Jahren verdrängt worden durch das sogenannte, völlig aus der Luft gegriffene „Toskana-Haus“. Die Makler offerieren das Toskana-Haus, doch keiner kann sich darunter etwas vorstellen. Markant ist das flache Zeltdach, das prägend für dieses Haus ist. Das ist momentan sehr „in“.

    Wenn Sie übers Land fahren, was sticht Ihnen sonst noch ins Auge?

    Zwack: Einiges, vor allem eine große Wahlfreiheit bezüglich der Dachformen. Alles, was an Dachformen möglich ist, wird heute nebeneinander gebaut: Steildach, Pult-, Walm- und Flachdach. Mittendrin unter lauter Steildachhäusern steht in einem Dorf bei Schrobenhausen ein Flachdachhaus. Das wurde vom Gemeinderat mehrheitlich so genehmigt, habe ich auf Nachfrage erfahren.

    Die hohen Grundstückspreise im Landkreis sind durch den hohen Siedlungsdruck verursacht

    1988 haben Sie in einem Artikel geschrieben, dass steigende Grundstückspreise zwangsläufig zu einem starken Siedlungsdruck führen. Ist es heute nicht umgekehrt?

    Zwack: Es ist definitiv umgekehrt. Die Preise sind durch den Siedlungsdruck verursacht. Die gut verdienenden Audi-Mitarbeiter ziehen ins Umland, wo die Quadratmeterpreise im Vergleich zu Ingolstadt noch „moderat“ erscheinen. Wenn man sich in Neuburg-Nord umschaut, steht oft ein Audi mit Ingolstädter Kennzeichen vor einem neu gebauten Haus.

    Sie kritisieren 1988 „monotone Neubausiedlungen auf dem Land“, „Häuser, wie auf der Schnur aufgereiht“ und einen Trend, der „über eine gesunde Entwicklung der Dörfer hinausgeht“. Wie sehen Sie die Entwicklung heute?

    Zwack: Heute haben wir das totale Gegenteil. Größtmögliche Gestaltungsfreiheit auf viel zu kleinen Grundstücken. Seit der Einführung der qualifizierten Bebauungspläne ist anscheinend alles möglich bei Dachneigungen, Materialwahl und Baustilen. Und seit die Einfriedungen zwei Meter hoch sein dürfen, ist vielerorts jegliche Transparenz zwischen den Gebäuden verschwunden. Am schlimmsten sind die Gitterstabzäune, die mit Plastikstreifen oder Schotter blickdicht gemacht werden.

    Nach der Einheitsbauweise kam der alpenländische Jodlerstil: flache Dächer mit großen Vorsprüngen, Erker, Gauben, Vor- und Rücksprünge, Holzbalkone mit volkstümlichen Schnörkeln. Welche Einflüsse sehen Sie heute an unseren Bauten?

    Zwack: Das war schon früher so: Bauwillige fahren übers Land und schauen sich neu gebaute Häuser an. Was ihnen gefällt, wollen sie auch haben. Früher war es die alpenländische Bauweise, die importiert wurde. Heute ist es das sogenannte Toskana-Haus, das meistens in der Toskana so gar nicht gebaut wird. Was mir auch auffällt: Die Bauherren bauen nicht für die Zukunft. Früher hat man einen Dachstuhl noch ausbauen können, wenn der Platz für die wachsende Familie zu knapp wurde, heute baut man eher für eine kurze Lebensphase. Dass man im Alter oft anders wohnen will oder muss, wird auch oft vergessen.

    Wer beeinflusst das Aussehen neuer Baugebiete in Neuburg-Schrobenhausen heutzutage?

    Früher hatten die Kreisbaumeister bei den Planungen ein gewichtiges Wort mitzureden. Wer beeinflusst das Aussehen unserer neuen Baugebiete heute?

    Zwack: Wir haben früher bei den Genehmigungen sogar die Fensterformen und -größen vorgeschrieben. Bei Kniestockhöhen und der Größe von Dachgauben waren wir besonders streng. Nicht wenige Kniestöcke wurden wieder abgerissen, wenn das Landratsamt den Bau kontrollierte. Heute sind in den meisten Fällen die Gemeinden dafür verantwortlich und die haben oft nicht das Personal und die Sachkenntnisse für die Kontrolle der Bauvorschriften. Sie sind damit oft überfordert.

    Einige Gemeinden erlassen heute Verordnungen gegen die zunehmenden Schottergärten. Sollen die Behörden wieder mehr eingreifen bei der Gestaltung von Häusern und Gärten?

    Zwack: Das sollten sie. Neuburg greift ja auch mit der Baumschutzverordnung in Gärten von Privatpersonen ein. Die Ausuferung der angeblich „pflegeleichten“ Schottergärten sollte zugunsten der Natur ebenfalls reguliert werden.

    Zwischen Steildächern findet Ex-Kreisbaumeister Peter Zwack Flachdächer unschön

    Das Flachdach ist wieder im Kommen, nachdem es jahrelang wegen häufiger Bauschäden gemieden wurde. Wie sehen Sie diese Entwicklung?

    Zwack: Früher hat man Flachdächern eine Haltbarkeit von 20 Jahren eingeräumt. Wahrscheinlich sind die Materialien inzwischen länger haltbar. Wir haben in der Praxis oft erlebt, dass Flachdachhäuser nachträglich aufgestockt wurden oder ein geneigtes Dach darüber errichtet wurde, weil man Platz brauchte. Ich finde Flachdächer durchaus berechtigt und schön, wenn sie in eigens dafür ausgewiesenen Gebieten ausgeführt werden. Zwischen Steildächern finde ich sie unpassend. Da gibt es schon zu viele unschöne Beispiele, die ich Ihnen zeigen könnte.

    Vor allem Fertighäuser werden oft nicht unterkellert. Wenn das Haus dann fertig ist, beginnen die Hüttenbauwerke.

    Zwack: Das kann man überall beobachten. Platz für Fahrräder, Gartengeräte und sonstige Möblierungen werden oft nicht eingeplant. Dann folgt schon kurze Zeit nach dem Einzug die erste Hütte, die dann oft nicht zum Haus passt. Dann kommt die Hütte fürs Brennholz und dann eine für das Drittauto. Oft entstehen so unschöne Ansammlungen von Nebengebäuden.

    Was würden Sie den Gemeinden heute raten?

    Zwack: Das heute geforderte „verdichtete Bauen“ zugunsten von mehr Wohnraum bei weniger Flächenverbrauch darf nicht zu einem gesichtslosen Einheitsbaustil führen, der in der Stadt und auf dem Land gleich aussieht. Mehr Gedanken an die künftige Entwicklung der Siedlungen zu verschwenden, würde nicht schaden, vor allem muss die Infrastruktur dazu passen. Mehr Qualität, mehr Transparenz, behutsames Wachsen. Was eine „gesunde Entwicklung“ sein könnte, muss eine Gemeinde erst einmal für sich definieren.

    Das ist Peter Zwack:

    Peter Zwack ist 1936 in Neuburg geboren und dort aufgewachsen. Nach seinem Studium arbeitete er sechs Jahre lang als Architekt, unter anderem in Eichstätt. 1967 trat er in den technischen Beamtendienst beim Landratsamt Neuburg ein und wurde 1973 Kreisbaumeister. 1999 ging er in den Ruhestand. In seine 26 Dienstjahre fielen viele Großbauten des Landkreises, unter anderem der Bau der Berufsschule an der Monheimer Straße, der Umbau der Alten Kaserne zum Landratsamt und die Erweiterung des Descartes-Gymnasiums.

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