Der nun schon drei Jahre andauernde schleichende Abwärtstrend der Wirtschaft in der Region Ulm der Industrie- und Handelskammer (IHK) setzt sich im Herbst beschleunigt fort.
Die anhaltend schwache Nachfrage aus dem In und Ausland führt laut IHK-Konjunkturbericht mittlerweile zu einem Mangel an Aufträgen und Umsatzverlusten in vielen Unternehmen. Zudem belasten schwierige Rahmenbedingungen. Es kommt zu einem Stimmungseinbruch auf breiter Front. Und spürbare Besserung ist derzeit nicht in Sicht.
Schwächephase in der IHK-Region Ulm
Die konjunkturelle Schwächephase in der IHK-Region Ulm dehnt sich aus, immer mehr Unternehmen und Branchen sind laut IHK-Bericht betroffen. Mehr als die Hälfte aller Betriebe meldet im Herbst 2024 Umsatzeinbußen und rund ein Drittel berichtet inzwischen von einer schlechten Ertragssituation. Entsprechend hat die Zufriedenheit der Unternehmen mit dem Verlauf ihrer Geschäfte weiter nachgelassen.
Erstmals seit der Corona-Krise geht es nun wieder mehr Betrieben schlecht als gut. Und Besserung ist nicht in Sicht. Sechs von zehn Betrieben verzeichnen eine fallende Tendenz bei den Auftragseingängen. Die Erwartungen an die kommenden zwölf Monate werden deutlich zurückgeschraubt.
38 Prozent der Unternehmen gehen davon aus, dass sich die Geschäftssituation noch weiter verschlechtern wird. Weitere 50 Prozent glauben an eine Weiterentwicklung auf dem erreichten, recht niedrigen Niveau. „Die Stimmung in der regionalen Wirtschaft war schon im Frühjahr dieses Jahres angespannt, jetzt ist sie bei zahlreichen Unternehmen regelrecht im Keller. „Ein Licht am Ende des Tunnels ist derzeit leider nicht in Sicht“, kommentiert IHK-Präsident Jan Stefan Roell die aktuellen Ergebnisse der IHK-Herbstumfrage.
Der IHK-Konjunkturklimaindex, der die Lageurteile und die Erwartungen der regionalen Wirtschaft zusammenfasst, ist von 102 Punkten im Frühjahr auf aktuell 84 Punkte abgerutscht und liegt damit deutlich unter dem langjährigen Durchschnittswert (118 Punkte).
Unklarer wirtschaftspolitischer Kurs in Deutschland laut IHK ein Risiko
Bestimmt wird die aktuelle Situation nicht nur durch das Fehlen konjunktureller Nachfrageimpulse, sondern auch von zahlreichen Risiken, die die Wettbewerbsfähigkeit der Produktion hier vor Ort massiv beeinträchtigen. Dazu zählen vor allem die im internationalen Vergleich hohen Standortkosten für Arbeit und Energie.
Hinzu kommt, dass fast jedes zweite Unternehmen in dem unklaren wirtschaftspolitischen Kurs in Deutschland laut IHK ein Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung des eigenen Unternehmens sieht. Die Folge ist eine zurückhaltende Investitionsbereitschaft. Vier von zehn Unternehmen haben ihre Budgets für Inlandsinvestitionen in den nächsten zwölf Monaten gekürzt, nur 18 Prozent wollen mehr investieren. In der Industrie planen sogar 46 Prozent geringere und nur 14 Prozent höhere Investitionen in Deutschland. In die Erweiterung der eigenen Kapazitäten oder die Expansion investiert nur jedes zehnte Unternehmen – der niedrigste Wert überhaupt in der 20-jährigen Erfassung der Investitionsmotive in der IHK-Konjunkturumfrage.
Es droht ein nachhaltiger Schaden.
Stefan Roell , Präsident IHK Ulm
Kein gutes Omen für die konjunkturelle Entwicklung. Nicht aufschiebbare Ersatzinvestitionen nutzt die Wirtschaft vor allem für den Ausbau ihrer Digitalisierung und die Steigerung der Energieeffizienz. „Die Rahmenbedingungen machen unternehmerische Aktivitäten im Inland zunehmend unattraktiv. Es droht ein nachhaltiger Schaden. Zentrale Haupthemmnisse liegen in den Themen Bildung und Fachkräfte, Infrastruktur, Energiepolitik und Bürokratiebelastung! Alles Handlungsfelder, die von der Politik direkt geändert werden könnten. Dazu muss aber endlich ein Umdenken mit konsequenten Handlungen stattfinden“, appelliert Roell an die Politik.
Der Anteil der Unternehmen, deren Beschäftigtenzahl sich in den kommenden zwölf Monaten verringern soll, ist von 28 Prozent im Frühjahr auf aktuell 36 Prozent gestiegen. Zusätzliche Stellen wollen nur noch sechs Prozent der Betriebe schaffen (Frühjahr neun Prozent). Doch trotz dieser veränderten Vorzeichen bleibt der Fachkräftemangel ein weiteres Risiko der Unternehmen – wenngleich die Zahl der davon betroffenen Betriebe rückläufig ist: 56 Prozent der Unternehmen haben derzeit offene Stellen, für die sie keine passenden Arbeitskräfte finden.
Vor dem Hintergrund des nach wie vor vorhandenen Fachkräftemangels versuchen auch die meisten Unternehmen, ihre Fachleute so gut es geht im Betrieb zu halten, was die Arbeitsmarktentwicklung stabilisiert.
Die Industrie rutscht in die Rezession: Unter den konjunkturellen und strukturell ungünstigen Rahmenbedingungen leidet die regionale Industrie in besonderem Maße. Mit einem Anteil von 44 Prozent geht es mehr als doppelt so vielen Industrieunternehmen schlecht als gut. Beim Ausblick auf die kommenden zwölf Monate ist diese Relation noch ungünstiger: 40 Prozent der Betriebe befürchten weitere Rückschläge, nur noch 10 Prozent sind zuversichtlich. In der Folge wird auch der Abbau von Arbeitsplätzen nicht mehr ausgeschlossen. Auch der Handel senkt die Daumen. Acht von zehn Großhändlern melden Umsatzverluste.
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