"Meine Teuren! Bevor ich von dieser Welt gehe, will ich Euch meine Liebsten einige Zeilen hinterlassen. Wenn Euch einmal dieses Schreiben erreichen wird, bin ich und wir alle nicht mehr da. Unser Ende naht. Man spürt es, man weiß es. Wir sind alle, genauso wie die schon hingerichteten, unschuldigen, wehrlosen Juden zum Tode verurteilt. Der kleine Rest, der seit den Massenmorden noch zurückgeblieben ist, kommt in der allernächsten Zeit (Tage oder Wochen) an die Reihe. Es ist schauderhaft, aber wahr. Leider gibt es für uns keinen Ausweg, diesem grauenhaften, fürchterlichen Tode zu entrinnen." Diese Zeilen schrieb die jüdische Pianistin Salomea Ochs Luft 1943 kurz vor ihrer Deportation aus dem Getto von Tarnopol. Ihre düstere Prophezeiung wurde schon bald Gewissheit, die Mordmaschine der Nationalsozialisten war zu einem Selbstläufer geworden, funktionierte erbarmungslos und generalstabsmäßig, perfide und bürokratisch. Wie nur konnte den Todgeweihten das noch verbleibende Leben überhaupt erträglich sein?
Weißenhorn