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Weißenhorn: Kammeroper trifft mit „Don Giovanni“ ins Schwarze

Weißenhorn

Kammeroper trifft mit „Don Giovanni“ ins Schwarze

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    Tod nach wenigen Minuten: Don Giovanni (Kai Preußker, rechts) tötet den Komtur (Timo Hannig). Das wird ihm später noch leid tun.
    Tod nach wenigen Minuten: Don Giovanni (Kai Preußker, rechts) tötet den Komtur (Timo Hannig). Das wird ihm später noch leid tun. Foto: Ralph Manhalter

    Nur wenige Minuten benötigt der Protagonist, um auf der Bühne den erste Bluttat zu verüben. Was musste das Weibsbild auch so einen Krawall machen? Dabei wollte der Casanova doch lediglich ein Tête-à-tête mit der noblen Dame. Dumm nur, dass diese mit Don Ottavio (Gergely Németi) verlobt ist. Noch dümmer, dass durch den Radau der Vater der Begehrten herbeigerufen wurde. Nun liegt er also da, der Komtur (Timo Hannig), und Don Giovanni (Kai Preußker) glaubt man anzumerken, dass er in solchen Auftritten durchaus Übung hat. Durchaus Übung – das wäre eine Untertreibung für die stimmlich hervorragenden Künstler, die Mozarts Meisterwerk im Weißenhorner Stadttheater eine herzerfrischende Premiere bereiteten.

    Besucher der Weißenhorner Kammeroper reisen teils aus Stuttgart an

    Natürlich, die Akustik ist eine andere als in den großen Häusern. Aber das weiß man, wenn man in den historischen Zehntstadel kommt. Manche reisen extra aus diesem Grund an – zum Teil bis aus der Region Stuttgart. Das Bühnenbild mag spartanischer sein, aber die Sänger hatten Freude an der Darbietung. Heinrich Graf als musikalischer Leiter der Weißenhorner Kammeroper hatte mit seiner Besetzung wieder einmal einen guten Riecher, wenn auch seine Einleitung nach dem Geschmack mancher Besucher kürzer hätte ausfallen können.

    Der arme Diener Leporello tut einem von Herzen leid

    Dann Malgorzata Roclawska mit festem glasklaren Sopran als Donna Anna, die zuerst Verführte. Weitere sollten folgen. Allerdings ist es bei derartigen Verschleiß nicht auszuschließen, mit Donna Elvira (nicht weniger beeindruckend Anna Manasyants) einmal an eine Ehemalige zu geraten. „Ein Viereck ist nicht rund und Autos fliegen nicht“, versucht dann auch Leporello die Macken seines Herrn zu erklären. Der arme Diener mag einem von Herzen leid tun. Hier glänzte wieder einmal Bassbariton Kabelo Lebyana durch Stimme und Mimik. Der junge Südafrikaner hat es zwischenzeitlich zu so etwas wie einem Publikumsliebling in Weißenhorn gebracht.

    So wie sich die Schlinge langsam, aber stetig um den Schwerenöter und Mörder Don Giovanni legt, gewinnen die Rollen an Dynamik, Kraft und Volumen. Zerlina (ebenfalls kein Neuling bei der Kammeroper: Beatriz Baptista) ist eines der letzten Opfer des Lüstlings – und wie soll es anders sein, auch bereits verlobt. Man mag es dem verliebten Schürzenjäger geradezu abnehmen, dass er es diesmal ernst meint, so überzeugend empathisch das Duett „Reich mir die Hand mein Leben“; im Übrigen, wie nahezu die gesamte Inszenierung auf deutsch gesungen. Bald ist allerdings der Wendepunkt auch optisch erkennbar erreicht. Die Statue des ermordeten Komturs erinnert an einen aufgestellten Sarg. Gefasst in eine blutroten Szenerie siegt noch einmal der Hochmut, der bekanntlich Vorspiel des Falls ist.

    Die dreistündige Oper "Don Giovanni" wurde um nahezu die Hälfte gekürzt

    Dieser folgt etwas zeitraffend, wäre es anders auch gar nicht möglich gewesen, einen dreistündigen Stoff um nahezu die Hälfte zu kürzen. Graf extrahierte gerade so viel, um die Stringenz nicht zu gefährden, Solisten und das Philharmonische Kammerorchester folgten bereitwillig den Vorgaben.

    Mozarts Vertonung basiert auf einem alten spanischen Topos: Der südländische, adelige Verführer, dessen Macht (oder ist es tatsächlich Charme?) jeder ausgeliefert ist. Ein Zufall, dass die Oper 1787 uraufgeführt wurde? In jenen Jahren begann sich etwas zusammenzubrauen, was wenig später in die französische Revolution führen sollte und mit einer weitgehenden Entmachtung eben dieses Adels enden sollte. Mozart nahm es vorweg: Don Giovanni stirbt auf der Bühne, das Publikum beginnt wieder an Gerechtigkeit zu glauben und applaudiert. In Weißenhorn tobt es bei der Premiere geradezu.

    Eine weitere Vorstellung von „Don Giovanni“ im Stadttheater Weißenhorn gibt es ist am Sonntag, 15. März 2020, um 15 Uhr. Karten sind bei der Sparkasse Weißenhorn, beim Kulturbüro Weißenhorn, Telefon 07309/84109, sowie unter Telefon 0176/82025282 erhältlich.

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