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Weißenhorn: Kalte Öfen verbrennen viel Geld

Weißenhorn

Kalte Öfen verbrennen viel Geld

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    Ein Gutachten zur Zukunft der Weißenhorner Müllverbrennungsanlage wurde gestern im Kreis-Umweltausschuss vorgestellt. Die Studie geht davon aus, dass der Weiterbetrieb wirtschaftlicher ist, als eine Stilllegung.
    Ein Gutachten zur Zukunft der Weißenhorner Müllverbrennungsanlage wurde gestern im Kreis-Umweltausschuss vorgestellt. Die Studie geht davon aus, dass der Weiterbetrieb wirtschaftlicher ist, als eine Stilllegung. Foto: Alexander Kaya

    Der Müll der Landkreisbürger wird wohl weiterhin in die Fuggerstadt gefahren: Geht es nach dem Umwelt- und Werkausschuss des Kreises kann die Verbrennungsanlage im Weißenhorner Eschach weiterhin betrieben werden. Das Gremium empfahl dem Kreistag gestern gegen drei Stimmen, die Öfen auch nach 2021 laufen zu lassen. In diesem Jahr gelten die staatlichen Zuschüsse für den Bau der Anlage als abgeschrieben. Kritiker hatten sich zu diesem Zeitpunkt eine Stilllegung erhofft.

    Grundlage für die Empfehlung des Ausschusses ist ein Gutachten des bayerischen kommunalen Prüfungsverbands, das alle möglichen Entwicklungen bis ins Jahr 2035 skizziert und das in der Sitzung erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Dazu fand sich allerdings gerade mal ein Zuhörer ein. Das Fazit der Studie: Der Weiterbetrieb der Anlage ist wirtschaftlicher als ein Ausstieg. Auch rechtlich und technisch spreche nichts dagegen.

    Mit der Zukunft der Anlage der verquickt ist die Frage, ob deren immense Abwärme künftig genutzt werden kann. Wie berichtet hatte der Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB) des Landkreises zuletzt per Ausschreibung einen Abnehmer gesucht, der die Energie im großen Stil abkauft und vermarktet. Seit gestern ist klar: Das funktioniert nicht. Es gab zwar einen Interessenten und viele Gespräche – aber keinen Abschluss. Jetzt wollen Landkreis und Stadt Weißenhorn gemeinsam ein Fernwärmenetz auf die Beine stellen.

    Gerade von den Kritikern der Müllverbrennungsanlage wurde die Studie zu ihrer Zukunft sehnlich erwartet. Die Befunde fielen jedoch nicht im Sinne der Bedenkenträger aus: Aus Sicht der Gutachter spricht einiges für einen Weiterbetrieb. Zum Beispiel die finanzielle Seite: Seit Baubeginn hat der Landkreis 125 Millionen Euro in die Anlage gesteckt. Dieses Geld wäre mit einer Stilllegungen verloren. Auch für Nachsorge und Rückbau müsste der AWB tief in die Tasche greifen. Für alle Fälle werden dafür bereits Rücklagen aufgebaut, sagte Werksleiter Thomas Moritz gestern auf Anfrage. Aktuell stehen 3,8 Millionen Euro bereit, bis 2021 wird das Polster auf sieben anwachsen.

    Aus heutiger Sicht ist es teurer, den Müll nicht mehr selbst zu verbrennen, sondern Dritte entsorgen zu lassen. Im Umkreis von 150 Kilometern gibt es geeignete Anlagen, etwa in Augsburg, Kempten, Günzburg und Olching. Der Entsorgungspreis werde durch den Transport aber wohl von derzeit 86 Euro pro Tonne auf rund 100 steigen, hieß es.

    Sollte die Anlage im Eschach geschlossen werden, müssten 55 der aktuell 75 Beschäftigten entlassen oder abgefunden werden. Zwölf könnten im AWB weiterarbeiten. Solange die Anlage weiter gewartet werde, könne sie wohl noch viele Jahre betrieben werden. Eine Voraussetzung sei allerdings, dass weiterhin gut geschultes Personal gewonnen werde.

    Privatisierung der Anlage wird bisher ausgeschlossen

    Eine Privatisierung wurde nicht untersucht. Diese sei politisch nicht gewünscht, betonte Landrat Erich Josef Geßner: „Das stand nie zur Diskussion.“ Auch ökologische und moralische Fragen klammerten die Gutachter aus.

    Jedes Jahr produzieren die Öfen zwischen 45000 und 50000 Megawattstunden überschüssige Energie. Die Suche nach einem großen Abnehmer für die Abwärme ist allerdings gescheitert. Offenbar forderte der Interessent nachträglich einen Zuschuss von rund 1,3 Millionen Euro. Weil dies in der Ausschreibung aber nicht thematisiert war, hätte ein neues Verfahren eingeleitet werden müssen. Jetzt wollen es Landkreis und Stadt Weißenhorn gemeinsam versuchen: Ein „Wärmestrang“ soll zwischen Müllverbrennungsanlage und Realschule gebaut werden.

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