Viel trinken, heißt es in diesen heißen Tagen. Am besten halt Wasser, denn das hat keine Kalorien. Allerdings schmeckt das auf die Dauer ziemlich langweilig. Die Firma Waterdrop aus Wien, bekannt geworden durch einen TV-Auftritt bei „Die Höhle der Löwen“, feiert seit einigen Jahren immense Erfolge mit einem Lifestyle-Produkt, das genau jenen Geschmack bietet: Es sind kleine Brausewürfel aus natürlichen Aromen, die komplett ohne Zucker auskommen. Sie nennen sich „Microdrinks“ und kommen vor allem bei jungen Menschen an. Das Produkt sieht sehr modern, sehr cool aus – und wird in der Region hergestellt, genauer gesagt in Neu-Ulm, Illertissen und Beimerstetten.
Ein Fan der Würfelchen, mit denen sich herkömmliches Leitungswasser „befruchten“ lässt, wie das Unternehmen wirbt, sitzt im Neu-Ulmer Rathaus. Oberbürgermeisterin Katrin Albsteiger meint: „Das ist schon sehr gut gemacht.“ Wie gut, ließ sie sich jetzt bei einer Firmenbesichtigung zeigen.
Wer im Internet den Shop von Waterdrop ansteuert, findet dort perfekt präsentierte und durchgestylte Produkte in top moderner, weltläufiger Ästhetik. Hier ist alles jung und schön. Doch dort, wo die Produktionsstätten liegen, sieht es nicht so aus, als wäre da die Welt zu Hause. Im Neu-Ulmer Gewerbegebiet Starkfeld sieht es nicht cool und mondän aus, dort wird klassisch geschafft, in teilweise recht alten Hallen. Auch das Gelände von Waterdrop wird schon seit vielen Jahrzehnten genutzt, dort wurden einst Kettenfahrzeuge zusammengeschraubt, zuletzt produzierte Sanomed Nahrungsergänzungsmittel, bis das Unternehmen nach Vöhringen umzog.
Waterdrop in Neu-Ulm: der Charme eines Start-ups
Die Hallen und das Verwaltungsgebäude, in dem noch die Handwerker zugange sind, versprühen den Charme eines Startup-Unternehmens, das gerade erst so richtig losgelegt hat – was ja auch stimmt: Seit Mitte 2020 betreibt Waterdrop den Standort Neu-Ulm. Davor entstanden die fruchtigen Würfel überwiegend in einer Lagerhalle in Beimerstetten, die aber rasch zu klein war. Schuld daran trägt nicht zuletzt ein Auftritt der Firmengründer in der TV-Gründershow „Die Höhle der Löwen“, in der angehende Unternehmerinnen und Unternehmer versuchen, von risikofreudigen Investoren Kapital zu ergattern.
Das taten 2018 auch die Gründer von Waterdrop. Martin Murray war bei einem Flug nach Singapur die Idee zu einem neuartigen Brausewürfel gekommen, um herkömmlichem Leitungswasser Geschmack zu verleihen – aber ohne Zucker und künstliche Aromen. Damit könnten auch teure Plastikflaschen und lange Transportwege für Getränke gespart werden, findet er, denn es genügt ein simpler Wasserhahn. Das Konzept schlug sofort ein, der Hersteller bekam für seine so betitelten Microdrinks sofort Kapital von der Unternehmerin und CSU-Politikerin Dagmar Wöhrl – und wurde anschließend mit Bestellungen überschüttet.
Drei Pfizer-Mitarbeiter zogen die Produktion für Waterdrop auf
Hier kommt nun die Region ins Spiel. Waterdrop stellte die Würfel aus Frucht- und Pflanzenextrakten sowie Vitaminen zunächst nicht selbst her, sondern ließ sie im Auftrag fertigen. Bei R-Pharm in Illertissen fand es die nötigen technischen Voraussetzungen. Die Niederlassung, 2014 vom Pharmariesen Pfizer an den russischen Konzern verkauft, besaß dafür die richtigen hochmodernen Maschinen und war ohnehin gerade dabei, eigene Lifestyle-Produkte zu entwickeln – auch wenn der erste Versuch mit einer Wachmacher-Pille namens „Nao“ floppte.
Waterdrop entschied sich angesichts der Nachfrage, schließlich alles selbst zu machen und ging dabei auf drei ehemalige Illertisser Pfizer-Mitarbeiter zu. Und so bekamen Peter Kutter, Andreas Labudda und Sebastian Heinrich die Möglichkeit, eine eigene Produktionsstätte aufzuziehen, zunächst in Beimerstetten. Doch dort wurde rasch der Platz zu knapp und so mieteten sie sich zusätzlich in Neu-Ulm an der Max-Eyth-Straße ein, wo sie auch genügend Raum für spätere Erweiterungen fanden. Ein Teil der Brausewürfel kommt übrigens nach den Worten von Peter Kutter immer noch aus Illertissen.
Das Waterdrop-Standort Neu-Ulm könnte groß werden
„Wir wachsen wahnsinnig schnell“, freut sich Andreas Labudda - so schnell, dass sich der Fachkräftemangel bereit als Bremsklotz erweist. Mittlerweile arbeiten 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Beimerstetten und Neu-Ulm. Er ist sich sicher: „Das hier wird groß.“ Wie groß, das lässt sich bisher nicht absehen, doch die Nachfrage steigt. Waterdrop ist längst nicht mehr nur in Österreich, Deutschland und der Schweiz vertreten, sondern auch im übrigen Europa. Als Zukunftsmarkt gilt der amerikanische Kontinent, aber auch der Nahe und Ferne Osten. Mehr als 40 eigene Läden betreibt das Unternehmen, die Schächtelchen mit den Geschmacks-Würfeln sind auch in einigen Supermarktketten vertreten. Doch den größten Umsatz bringt das nicht zuletzt über Social-Media-Kanäle beworbene Onlinegeschäft, wo die Zielgruppe am besten erreicht wird. Die ist jung, überwiegend weiblich, legt Wert auf gesunde Ernährung, ist mobil und schätzt es, für unterwegs ein paar der in Kunststoff verpackten Würfel in die Tasche stecken zu können - für den schnellen Schluck unterwegs. Außerdem hat sie Geld: Ein Päckchen mit zwölf Portionen für insgesamt sechs bis sieben Liter geschmacklich aufgepepptes Wasser kostet immerhin rund acht Euro.
Auch wenn das Unternehmen damit wirbt, durch die Würfelchen ließen sich 98 Prozent an Plastikflaschen einsparen, so sind sie doch in einem technisch aufwendigen Verfahren in Kunststoff verpackt. Dafür gab es in den sozialen Medien schon Kritik. Peter Kutter kontert, dabei handle es sich um PP, also um Polypropylen, das zu 100 Prozent wiederverwertbar sei: Das ist guter Kunststoff.“ Sein Kollege Labudda findet: „Es ist extrem wenig Plastik pro Liter, im Vergleich zu den herkömmlichen Flaschen.“
Die Neu-Ulmer Oberbürgermeisterin hat bei ihrem Firmenbesuch übrigens einige der rund 30 Geschmacksrichtungen durchprobiert und steht auf Eistee Zitrone.
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