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Ulm: Neue Bäckereien in Ulm: Cumpanum und Brot-Reform starten fast zeitgleich

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Neue Bäckereien in Ulm: Cumpanum und Brot-Reform starten fast zeitgleich

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    Die Zwei von der Brot-Reform: 
Sven Jansky und Daniel Bolbeth (rechts) sind Bäcker der ganz traditionellen Art.
    Die Zwei von der Brot-Reform: Sven Jansky und Daniel Bolbeth (rechts) sind Bäcker der ganz traditionellen Art. Foto: Oliver Helmstädter

    Für Sven Jansky, den Bäckermeister bei Brot-Reform in der Ulmer Sterngasse, ist ein gutes Brot an erster Stelle an den Zutaten zu erkennen, die nicht drin sind. Und auch der Bobinger Kollege André Heuck, der in Ulm die Cumpanum-Bäckerei eröffnete, hat einen ganz ähnlichen Ansatz. Bei wollen in

    Ein Produkt der Brot-Reform: Sven Jansky schwört auf Brot aus dem Holzofen.
    Ein Produkt der Brot-Reform: Sven Jansky schwört auf Brot aus dem Holzofen. Foto: Oliver Helmstädter

    Alles fange beim Mehl an, ist Jansky, 26, überzeugt. Nur Bioland-Demeter-Mehle kommen bei ihm ins Brot: Die sind hergestellt ohne Ascorbinsäure, ohne technische Enzyme und ohne Mehlbehandlungsmittel. Bei konventionellen Mehlen sorge Chemie dafür, dass das Mehl immer gleich aussieht. Entsprechend gleichen auch die Semmel und Brote wie ein Ei dem anderen. "Bei Demeter-Mehlen hast du von Charge zu Charge unterschiedliche Eigenschaften", sagt Jansky. Für den Bäcker eine Herausforderung: "Ich lerne hier jeden Tag Neues", sagt sein Geselle Daniel Bolbeth. Eigentlich sei Bäcker ein sehr monotoner Beruf: "Jeden Tag das Gleiche." Aber nicht so, sagt Bolbeth, der seit zwölf Jahren Bäcker ist. Das Mehl, der Holzofen, die Temperatur. "Es ist spannend hier, als Bäcker zu arbeiten."

    Brot-Reform in Ulm will auch den Beruf des Bäckers revolutionieren

    Sven Jansky will mit seiner Brot-Reform auch den Beruf ein Stück weit revolutionieren. Konventionelle Bäcker hätten "natürlich ihre Berechtigung". Doch er kenne kaum einen konventionellen Kollegen, der noch richtig Spaß am Beruf habe. Das will die Brot-Reform ändern. Auch in Sachen Arbeitszeiten: Statt um vier fängt die Arbeit in der Ulmer Sterngasse um sechs an. Und die Backstube öffnet nicht vor 9 Uhr. Das müsse auch für Kunden, die früh zur Arbeit müssen, kein Problem sein. Denn die Brot-Reform-Backwaren würden im Gegensatz zu konventionellem Brot nicht in kürzester Zeit steinhart werden. Warum? Neben dem richtigen Biomehl ohne Zusatzstoffe sei die Herstellung des Teigs entscheidend.

    Das ist das Geheimnis des Teigs bei Brot-Reform

    "Wir lassen unsere Teige sehr langsam laufen", sagt Jansky. Das bedeutet, dass der Teig nicht sehr viel Druck bekomme und lange sowie schonend 14 Minuten geknetet werde. So könnten sich "Kleber-Gerüste" viele besser ausbilden, weil sämtliche Mehl-Bestandteile im Gegensatz zur "Power-Herstellung" in Standard-Backstuben die Chance bekommen, aufzuquellen. Der nächste wichtige Schritt sei eine lange Teigruhe: "Der Teig muss mindestens zwölf Stunden stehen." Das habe etwa Auswirkungen auf die "Zuckerketten", die im Teig immer kleiner werden würden. Dadurch würde der Teig bekömmlicher und aromatischer. Manche Teige – wie der für sein italienisches Weißbrot - würden sogar 20 Stunden ruhen. Die Zutaten: Hefe, Wasser, Salz, Mehl. Sonst nichts.

    Der nächste wichtige Faktor sei der Holzofen. Hier würde das Brot einen ganz anderen Geschmack entwickeln. Der Nachteil sei, dass Holzöfen weit schwerer zu kontrollieren sei. "Man muss als Bäcker wirklich mit viel Gefühl arbeiten können", sagt Jansky. Der Ofen agiere von Tag zu Tag anders - je nach Umgebungstemperatur, Zugluft oder Feuchtigkeit. Aber die Kruste sei unnachahmlich und jede Mühe wert. Auch beim Thema Holz setzt der vegane Bio-bäcker in der Brot-Reform auf Nachhaltigkeit. Das unbehandelte Tannenholz, das verfeuert werde, seien Reste aus einem Sägewerk. Wenn es nicht für Brot verbrannt werden würde, würde es in der Müllverbrennungsanlage landen. Und so heizen die Holzscheite auf 500 Grad hoch, knistern kräftig, kühlen dann auf 280 Grad runter - und besorgen eine "Weltklasse-Kruste".

    Vorbilder: Brotique in Stuttgart und Max Kugel in Bonn

    In Ulm ist die Brot-Reform noch ziemlich allein auf weiter Flur. Andernorts gibt es die neuen Bäcker der alten Schule längst: Die Brotique in Stuttgart (Sophie Henne dahinter ist eine Bekannte von Jansky), Max Kugel in Bonn oder die Brotpuristen in Speyer. Bäckereien, die allein vom Ladenbau eher an Hipster-Bars erinnern und ihre Waren auch mal aus schicken Foodtrucks verkaufen. Auch die Brot-Reform kommt nicht daher wie ein üblicher Bäcker: Zwischen den beiden Tresen steckt eine alte Tür. Der Stil "Shabby Chic" in Reinkultur. Jansky will seine Kunden in die Vergangenheit führen. Zeigt aber gleichzeitig mit einem professionellen Logo, das auf dem Tresen prangt sowie ausgeklügelter Beleuchtung und der Möglichkeit der Kartenzahlung, dass er von heute ist. Die Qualität hat ihren Preis, wenn die Brot-Reform am kommenden Samstag, 26. Februar, eröffnet. 4,50 Euro bis 6 Euro soll ein Laib kosten.

    Andre Heuck setzt mit seinem Backstuben Cumpanum auf Brot jenseits der Großbäckereien. Mit der Filiale in Ulm verlässt er erstmals Bayern.
    Andre Heuck setzt mit seinem Backstuben Cumpanum auf Brot jenseits der Großbäckereien. Mit der Filiale in Ulm verlässt er erstmals Bayern. Foto: Oliver Helmstädter

    Cumpanum eröffnete in der Herrenkellergasse in Ulm

    Bereits seit Dienstag hat ein weiterer neuer Bäcker in Ulm geöffnet: Cumpanum. Der Bäckermeister dahinter, André Heuck. sieht sich nicht in Konkurrenz zur Brot-Reform. Ihre Azubis wollen die zwei neuen Biobetriebe austauschen, denn im Gegensatz zur Brot-Reform setzt Cumpanum auf einen Elektroofen. Ansonsten wollen Beide eine Reform des Thema Brots voran treiben: "Wir machen alles, wie man es früher gemacht hat", sagt Heuck. Der Sauerteig etwa, liege über Nacht. Der folgende Hauptteig liege wieder über Nacht. "Am dritten Tag wird erst gebacken." Dadurch seien sämtliche "Fodmaps" - eine Gruppe von Kohlenhydraten und Zuckeralkoholen, die schlecht verdaulich seien - abgebaut.

    Auf "modernen Hochleistungsweizen" verzichtet Cumpanum komplett. Stattdessen kämen nur Dinkel, Emmer, Einkorn oder Roggen in die Backwaren. Wie alle Zutaten aus der Region. Auch wenn Cumpanum bereits nach dem Start in Bobingen nun in Augsburg, Schwabmünchen, Gersthofen, Trudering und Mering insgesamt zwölf Filialen hat, sei Cumpanum kein klassischer Filialist. "Wir backen immer noch vor Ort." Jeder Standort habe eine eigene Backstube samt Bäckermeister. Die Quintessenz sei aber der Geschmack. Dabei sind sich Heuck und Jansky einig. Auch darin, dass eine "zukunftsgewandte Bäckerei" gar keine andere Option habe, als fair und nachhaltig zu agieren.

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