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Ulm: Wer folgt auf Timo Handschuh? Am Theater Ulm steht eine Entscheidung an

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Wer folgt auf Timo Handschuh? Am Theater Ulm steht eine Entscheidung an

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    Das Theater Ulm von oben: Wer folgt als Generalmusikdirektor?
    Das Theater Ulm von oben: Wer folgt als Generalmusikdirektor? Foto: Alexander Kaya

    In wenigen Tagen wird feststehen, wer neuer Generalmusikdirektor am Theater Ulm und damit Nachfolger von Timo Handschuh werden wird. Doch was hat es mit diesem 200 Jahre alten Titel überhaupt auf sich? Eine Spurensuche.

    Der Titel eines Generalmusikdirektors - oder kurz GMD - ist ziemlich genau 200 Jahre alt: Zum ersten Generalmusikdirektor wurde im Jahr 1819 Gaspare Spontini ernannt. Das war in Berlin - in Ulm war zu dieser Zeit das Philharmonische Orchester noch gar nicht gegründet, obwohl Ulm das älteste Stadttheater Deutschlands hat.

    Das Theater Ulm sucht einen Nachfolger für Timo Handschuh.
    Das Theater Ulm sucht einen Nachfolger für Timo Handschuh.

    Zu den Aufgaben eines GMD zählen die künstlerisch-musikalische Leitung eines Orchesters, also das Erarbeiten und Proben von Musikwerken an einer Spielstätte, und die langfristige Planung eines musikalischen Spielplans - und natürlich nimmt der GMD Einfluss auf Anstellungen und Vertragsverlängerungen. Meist ist langjährige Berufserfahrung als Dirigent nötig, um die Position eines GMD zu erhalten. Das erklärt, warum drei der vier Kandidaten der letzten Runde ihren 50. Geburtstag bereits hinter sich haben.

    Am Theater Ulm gibt es kein Verzeichnis der Generalmusikdirektoren

    Erstaunlich ist, dass es am Theater Ulm und bei den Ulmer Philharmonikern, die im 19. Jahrhundert als Theaterorchester gegründet wurden, kein Verzeichnis der bisherigen Generalmusikdirektoren gibt, wie der Erste Kapellmeister Tamás Füzesi erzählt. Theatergänger dürften sich noch an Eberhard Kloke erinnern, der von 1980 an drei Jahre lang GMD in Ulm war. Kloke war bei seinem Amtsantritt in Ulm erst 31 Jahre alt. Der Hamburger wechselte dann nach Freiburg und später nach Bochum. Auf Kloke folgte ein weiterer Hamburger als Ulmer GMD, der noch dazu im selben Jahr geboren war: Mathias Husmann blieb bis 1991, ehe er nach der Wiedervereinigung als Generalmusikdirektor ans Theater Magdeburg und später ans Theater Vorpommern wechselte.

    In der Nachfolge der beiden Hamburger wagte sich das Theater Ulm damals an eine Sensation heran und wählte im Männer-Mythos "GMD" eine Frau ans Pult des Maestro (oder in diesem Fall der Maestra): Alicja Mounk, geboren im polnischen Lódz und dort infolge antisemitischer Kampagnen ausgebürgert, war die erste Generalmusikdirektorin überhaupt in Deutschland. Viel beachtet damals war ihr großes Engagement für zeitgenössische Musik - sie startete in Ulm mit György Ligetis "Le Grand Macabre". Mounk, Mutter des Politwissenschaftlers Yascha Mounk, nahm von Ulm nach drei Jahren vorzeitig Abschied, weil sie keine Möglichkeit der Zusammenarbeit mit dem damals designierten Intendanten Ansgar Haag sah.

    Timo Handschuh war zehn Jahre lang in Ulm tätig

    Dann folgte einer, der lange blieb, der bei seinem letzten Ulmer Konzert Tränen in den Augen hatte und der deshalb ging, weil Intendant Andreas von Studnitz den Vertrag nicht verlängert hatte: James Allen Gähres, geboren in Harrisburg in Pennsylvania, war von 1994 bis 2011 insgesamt 17 Jahre lang Generalmusikdirektor in Ulm - und er schaffte es, während dieser langen Zeit alle philharmonischen Konzerte des Orchesters zu dirigieren, darunter sämtliche Sinfonien von Ludwig van Beethoven und von Johannes Brahms. Gähres entschloss sich zum Ruhestand und zog nach Berlin. Er hatte seine persönlichen Akzente in der Oper gesetzt und war ein Liebling des Ulmer Publikums gewesen.

    Als Nachfolger Gähres' war Timo Handschuh gewählt worden. Der Schwarzwälder leitete in den zehn Jahren in Ulm begeisternde Musiktheater- und Ballettaufführungen. Handschuh, der auch ein Studium der Kirchenmusik absolviert hat, spielte auch immer wieder im Ulmer Münster an der Hauptorgel und war sich nicht zu schade, zu übernehmen, wenn er um einen Orgeldienst angefragt wurde.

    Und Herbert von Karajan, nach dem der Platz benannt ist, auf dem das 1969 eröffnete heutige Theater Ulm erbaut wurde und dessen Büste im Theaterfoyer steht? Den Titel eines Ulmer Generalmusikdirektors trug Karajan nie. Im Januar 1929 hatte Erwin Dieterich, der damalige Intendant des Ulmer Theaters, den damals 20-jährigen Karajan bei seinem ersten öffentlichen Auftritt als Dirigent in Salzburg erlebt. Er verpflichtete ihn als Ersten Kapellmeister nach Ulm, ein Amt, das Karajan 1930 antrat. Karajan blieb bis 1934 - und in seine Ulmer Zeit fällt auch die unrühmliche Episode seines Eintritts in die NSDAP. Der Salzburger, der nach seiner Ulmer Zeit jüngster GMD Deutschlands (in Aachen) war, wurde zu einem der bedeutendsten Dirigenten des 20. Jahrhunderts.

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