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Ulm: Tannenhof in Ulm feiert 50 Jahre Engagement für Inklusion und Teilhabe

Ulm

Tannenhof in Ulm feiert 50 Jahre Engagement für Inklusion und Teilhabe

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    Im Tannenhof in Ulm-Wiblingen steht das Sommerfest an. Hier wird seit 50  Jahren versucht, das Leben von Menschen mit Behinderung bunter zu machen.
    Im Tannenhof in Ulm-Wiblingen steht das Sommerfest an. Hier wird seit 50 Jahren versucht, das Leben von Menschen mit Behinderung bunter zu machen. Foto: Stefan Kümmritz

    Der Tannenhof in Ulm-Wiblingen ist eine ganz besondere Einrichtung für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung, Intelligenzminderung oder Mehrfachbeeinträchtigung. Sie ist dieses Jahr 50 Jahre alt und am Sonntag, 7. Juli, wird das beim großen Sommerfest mit einem sehr abwechslungsreichen Programm ausgiebig gefeiert.

    Dann wird es zur intensiven Begegnung von Menschen mit und ohne Behinderung kommen. Schaut man auf die Entstehung des Tannenhofs, der heute im Wesentlichen vom Landkreis finanziert wird, muss man bis ins Jahr 1889 zurückblicken. Damals wurden Landesarmenverbände gegründet, die sich um Hilfsbedürftige, eben auch behinderte Menschen kümmerten.

    Der Tannenhof in Ulm-Wiblingen ist 50 Jahre alt. Hier mehrere Bewohner (Klienten) vor der Litfaßsäule, die bis zum Fest am 7. Juli noch voll bemalt wird. Letzte Frau rechts auf dem Bild Ksenia Prasko, Abteilungsleiterin Klientenservice, Öffentlichkeitsarbeit und Qualitätsmanagement. Hinten links sind Werkstätten.
    Der Tannenhof in Ulm-Wiblingen ist 50 Jahre alt. Hier mehrere Bewohner (Klienten) vor der Litfaßsäule, die bis zum Fest am 7. Juli noch voll bemalt wird. Letzte Frau rechts auf dem Bild Ksenia Prasko, Abteilungsleiterin Klientenservice, Öffentlichkeitsarbeit und Qualitätsmanagement. Hinten links sind Werkstätten. Foto: Stefan Kümmritz

    Der „Obere Riedhof“, den früher die Nazis führten

    In Ulm wurden diese im „Oberen Riedhof“ bei Grimmelfingen untergebracht. In der Zeit des Nationalsozialismus ging man mit den „Insassen“ grausam um. Unter anderem wurden 58 von ihnen nach Grafeneck bei Münsingen gebracht und dort ermordet. Gräueltaten, die im Gedächtnis bleiben sollten. Am 1. Juli 1974 kam das Aus für den „Oberen Riedhof“ und fortan übernahm der Tannenhof die wichtige Aufgabe, sich um behinderte Menschen zu kümmern.

    Zu dieser Zeit hatte der Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hochzollern die Trägerschaft inne, 2019 hat die Habila GmbH mit ihrem Hauptsitz in Tübingen die Leitung des Tannenhofs und die Betreuung der Bewohner beziehungsweise Bewohnerinnen (Klienten/Klientinnen) übernommen.

    Bereits 1975 wurde die Tannenhof-Werkstatt eröffnet. Drei Jahre später gründete sich der Verein Freundeskreis Tannenhof. Ende der 1970er-Jahre war auf dem Gelände an der Saulgauer Straße alles fertig und die Wohnhäuser waren komplett belegt. In den 1980er-Jahren wurden die ersten beiden Außenwohngruppen gebildet. In den ersten Jahren des neuen Jahrtausends gab es für die Klienten und Klientinnen immer mehr Angebote bis hin zu integrativen Fußballturnieren.

    2017 wurde das „Junge Wohnen“ eingeführt, im vergangenen Jahr gab es für die Menschen im „Langfristig intensiv betreuten Wohnen“ einen schönen Neubau. Wichtig für den Tannenhof - Anett Wegener und Fabienne Treccosti sind die Leiterinnen der Geschäftsbereiche „Berufliche Teilhabe und Qualifizierung“ sowie „Soziale Teilhabe und Pflege“ - ist auch die Behindertenstiftung, die Eberhard Wegener und seine Frau Ursula vor 25 Jahren ins Leben gerufen haben.

    Grußwort von OB Ansbacher

    In einem Grußwort anlässlich des Jubiläums schreibt Ulms Oberbürgermeister Martin Ansbacher unter anderem: „Am Tannenhof wurde und wird Inklusion tagtäglich in hervorragender Weise praktiziert und die Teilhabe spiegelt sich auch erkennbar in der Lebensfreude der Klientinnen und Klienten wider.“ Wer dem Tannenhof einen Besuch abstattet, kann dies selbst erleben.

    Derzeit gibt es in der Tannenhof-Einrichtung, zu der auch Außenstellen in Laichingen mit Werkstatt, Munderkingen und Heroldstatt gehören und Wohnungen, in denen die jeweiligen Klienten oder Klientinnen eine Assistenz erhalten, 280 Plätze und insgesamt rund 400 Beschäftigte aus sehr vielen Bereichen, wie Ksenia Prasko, die Abteilungsleiterin für Klienten-Service, Öffentlichkeitsarbeit und Qualitätsmanagement, berichtet.

    Das ist so viel wie nie zuvor, wobei auch externe Dienstleister in Anspruch genommen werden. Im zentralen Standort in Wiblingen gibt es sogar eine 24-Stunden-Betreuung. „In den vergangenen Jahren wurden klassische Wohngruppen aufgelöst“, sagt Prasko, „unter anderem wurde Appartment-Wohnen eingeführt, dieses Jahr wird noch der Neubau fürs langfristig intensive betreute Wohnen bezogen.“

    Neben den Werkstätten, in denen fleißig gearbeitet wird, gibt es auf dem schönen, weitläufigen Gelände mit viel Grün auch einiges für den Freizeitbereich, etwa eine Cafeteria, eine Turnhalle und einen Fußballplatz. Essen kommt generell vom Habila-Tochterunternehmen Insiva, das seinen Hauptsitz in Reutlingen hat.

    Den Menschen, „die nicht so ihren Platz in der Gesellschaft gefunden haben“, wie es die für Öffentlichkeitsarbeit und Koordination im Freizeitbereich zuständige Nadine Paul ausdrückt, soll es an nichts fehlen. Sehr vieles ist aber auch per Gesetz reglementiert, wie Ksenia Prasko weiß.

    Im Tannenhof Ulm-Wiblingen wird am Sonntag, 7. Juli, gefeiert

    Insgesamt hat sich der Tannenhof so in den vergangenen 50 Jahren zu einer fortschrittlichen Einrichtung für Menschen mit Behinderung entwickelt, in der wie anderswo alte Begriffe wie Versorgung oder Fürsorge durch Begriffe wie Teilhabe und Inklusion ersetzt wurden, wobei dies auch intensiv gelebt wird, zum Beispiel durch die Teilhabe am Arbeitsleben. „Es gibt dabei eine Förderung zur Selbstständigkeit“, so Ksenia Prasko. „Aber die funktioniert nicht bei jedem.“

    Das Jubiläums-Sommerfest am 7. Juli von 10 bis 17 Uhr bietet ein umfangreiches Programm. Nach einem Gottesdienst in der Turnhalle gibt es unter anderem einen Auftritt der T-Dancers mit Klienten und Klientinnen, ein Konzert einer Schüler-Big-Band, Tanzvorführungen, Saxophon-Jazz, eine Märchenerzählung, den Auftritt der Band Neuland mit Klienten, eine Tombola, eine Werkstatführung, Kunst zum Mitmachen und vieles mehr.

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