Ulm

Stehende Ovationen und begeisterter Beifall für Pianist Alexander Krichel

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    Alexander Krichel: Zwei mal war das Stadthaus in Ulm ausverkauft.
    Alexander Krichel: Zwei mal war das Stadthaus in Ulm ausverkauft. Foto: Dagmar Hub

    Alexander Krichel ist ein Mann, der Wort hält: Im März 2019, beim ersten Konzert des international renommierten Pianisten in Ulm, entstand die Idee einer Ulmer Konzertreihe zugunsten des Ulmer Hospizes. Am Wochenende kam Krichel zum sechsten Teil der Benefiz-Reihe ins Stadthaus, und seine Fangemeinde in der Region hat sich inzwischen verdoppelt. Erstmals gab es zwei Konzertabende, beide waren ausverkauft. 

    Wahrscheinlich ist der 1989 geborene Hamburger Pianist der einzige große Künstler, der tatsächlich und unverbrüchlich jedes Jahr nach Ulm kommt. Längst gibt es eine eigene Homepage alexander-krichel-in-ulm.de, und der Hamburger beginnt nach eigenen Worten, sich in Ulm ein Stück weit zuhause zu fühlen. Die einst gegebene Zusage gilt für ihn – und weil die Karten fürs sechste Benefizkonzert sofort weg waren, gab es am Folgeabend sogar noch ein zweites Konzert mit dem gleichen Programm. Dieses Programm hatte es in sich – so sehr, dass sich am Ende Künstler und Steinway-Flügel verausgabt hatten. 

    Alexander Krichel gibt in Ulm auf dem Steinway alles

    Welch eine Intensität, einmal mehr: Für Alexander Krichel gibt es keine 90-Prozent-Leistung, er geht immer in die Vollen, gibt sein Innerstes, und er stellt ein Programm so zusammen, dass die Folge der Werke schlüssig ist. Dass er sein Programm dazu noch selbst moderiert, garantiert jene Erklärungen, die die Klavierkompositionen auch von ihrer Entstehungsgeschichte und ihrem Bildprogramm her verstehbar machen. Diesmal stellte er drei Werken Frédéric Chopins Sergej Rachmaninoffs 1896 komponierte „Moments Musicaux“ gegenüber. Rachmaninoff sah Chopin als sein Ideal – wen würde es verwundern, dass der dritte der sechs Sätze der „Moments Musicaux“ ein Trauermarsch ist wie in Chopins zweiter Sonate der legendäre „marche funèbre“ – wenngleich Rachmaninoff das Thema eines Trauermarsches ganz anders interpretiert. 

    Mit einer innig-romantischen Nocturne begonnen, versetzte das zweite Klavierstück, Chopins zweite Ballade, in eine Stadt, in der Mädchen in Seerosen verwandelt werden, um sie vor einfallenden russischen Soldaten zu beschützen – und mit diesen Bildern in eine Vielfalt von kontrastierender Emotionen Klangteppiche - die sanfte Ruhe eines Sees, über den Wind streicht, das Toben der Soldateska. Leid bedeutet es für die Mädchen schließlich aber auch, schlicht als Blüten auf dem Wasser zu treiben. 

    Die Emotionen noch einmal gesteigert: An einem Shakespeare-Drama orientierte sich Frédéric Chopin in seiner zweiten Sonate. Nach innerer Auseinandersetzung entscheidet sich der Protagonist zum Kampf in einem Konflikt, der ihn das Leben kostet. Dem schweren Trauermarsch, in dem doch auch die Engel zu Wort kommen, folgt ein fast atonales Ende, das Alexander Krichel mit unbeschreiblicher musikalischer Intelligenz und Virtuosität umsetzte. Aber Krichel wäre nicht er selbst, griffe er nach der Pause nicht noch eine Etage höher: In sechs ganz verschiedene musikalische Welten entführen Sergej Rachmaninoffs „Moments Musicaux“, die in rasender Geschwindigkeit an der Grenze zur Unspielbarkeit enden. 

    Stehende Ovationen und begeisterter Beifall feierten den erschöpften Alexander Krichel für den Konzertabend. Doch was wäre musikalisch nach diesem Konzert als Zugabe noch zu sagen? Eigentlich war da nur noch einmal Rachmaninoff möglich, der Tiefgang der Étude-Tableaux, aus denen Alexander Krichel noch eine der im letzten Jahr präsentierten Etüden spielt. Auch im kommenden Jahr hält Alexander Krichel sein Versprechen für das Ulmer Hospiz und wird am 9. und 10. Mai zwei Benefizkonzerte geben.

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