Mit Hilfe bezahlter Radspezialisten (Mobildenker) plant die Ulmer Stadtverwaltung ein Hauptroutennetz für den Radverkehr auf Vordermann zu bringen. Im Bauausschuss regte sich an der Vorgehensweise Kritik. Ulms Baubürgermeister ist zwar selbst ein passionierter Radfahrer, doch das Thema treibt die Stadtverwaltung aus Sicht von einigen Stadträten und Stadträtinnen nicht schnell genug voran.
"Wir versprechen zu viel", sagte CDU-Mann Thomas Kienle bei der Diskussion um das geplante Fahrrad-Hauptroutennetz. Zwar sehe der Netzplan mit seinen zehn, farbig gekennzeichneten Routen durchaus ansprechend aus. Doch an einer zügigen Realisierung zweifelt der Stadtrat. Zumal bei der gleichen Sitzung im Zusammenhang mit der 182-Millionen-Euro-Baustelle, der B10-Erneuerung, zuvor vom Bürgermeister gesagt wurde, dass Ulm in finanzieller Hinsicht kleinere Brötchen backen müsse.
Kienle machte seine Kritik an einem konkreten Punkt fest: jenem Teil der Fahrrad-Route an der Westtangente, die er aus eigener Radler-Sicht kenne. Viel zu steil sei der Weg am Recycling-Hof vorbei und auch mit den dortigen Überführungen gebe es Konflikte, die im Hauptroutennetz nicht bedacht worden seien. Nötig wären für eine Realisierung laut Kienle Millioneninvestitionen der Stadt, für die sie kein Geld habe.
Kritik an der Radler-Freundlichkeit in Ulm
Auch aus den Reihen der Grünen kam Kritik. "Frust mach sich breit", sagte Lena Schwelling über die Stimmung in der Stadt. "Es gibt immer noch mehr Pläne und den sechsten oder siebten Beteiligungsprozess, aber es ändert sich nichts." Die OB-Kandidatin plädierte dafür, dass sich das Rathaus lieber an den "Low Hangig Fruits" bediene. Also lieber die leicht erreichbaren, "niedrig hängende Früchte" pflücke, die minimalen Aufwand maximaler Erfolg erzielen könnten. Stattdessen seinen die Ulmer Pläne zu ambitioniert und deswegen zu langsam in der Umsetzung.
Der Baubürgermeister wollte das nicht gelten lassen. "Wir haben schon viele Maßnahmen umgesetzt", sagte er mit Blick auf immer mehr werdende Radstraßen und weiteren Investitionen in den Radverkehr. Die negative Sicht der OB-Kandidatin teilt er nicht. In Ulm könne man jetzt schon gut Rad fahren. Einstimmig wurde dann auch die Verwaltung beauftragt, wird beauftragt, einen Maßnahmenkatalog nach Prioritätsstufen geordnet aufzustellen und ein Programm zur Umsetzung vorzubereiten und die Projektplanung anzugehen. In Richtung Kienle wies er darauf hin, dass eine solche Planung ja dazu da sei, die angesprochenen Probleme zu erkennen und zu lösen.
Noten für die Radwege in Ulm
Der Beteiligungsprozess ist abgeschlossen. Jetzt geht es um die Umsetzung. Als Basis wurde längst die Qualität des Bestandes anhand einer Benotungsskala von 0 bis 10 gemessen. Im Fahrradentwicklungsplan aus dem 2016 sind bereits 273 Maßnahmen gelistet, durch die eine Verbesserung für den Radverkehr bewirkt werden soll.
Das bemängelt der ADFC
Seitens des Fahrradclubs ADFC wurde in einer Stellungnahme bemängelt, dass in der Innenstadt mit Ausnahme der nördlichen Route Olgastraße - Heimstraße keine Hauptrouten ausgewiesen wurden. Insbesondere fehle eine West-Ost-Verbindung durch die Innenstadt, die vorzugsweise über die Neue Straße führen sollte. Ebenso fehlen Nord-Süd-Verbindungen durch die Innenstadt. Aus Sicht der Verwaltung ist diese Kritik berechtigt, allerdings bestehen kaum bis keine Möglichkeiten, die in der Innenstadt bestehenden Radwege entsprechend der definierten Standards auszubauen. In Nord-Süd-Richtung sind die Fußgängerzonen und die Altstadtgassen der limitierende Faktor.
Nach Erhalt der Stellungnahme habe ein Gespräch zwischen ADFC, der Stadtverwaltung und dem Büro Mobildenker stattgefunden. Daraufhin wurde die Stellungnahme abgeändert und die Empfehlung ausgesprochen, das Hauptroutennetz in seiner jetzigen Form unter Einbeziehung der Friedrich-Ebert-Straße zu verabschieden. Der Baubürgermeister hält eine Hauptroute hier vor dem Hauptbahnhof für problematisch. Eine Art-Radautobahn könnte zu Unfällen mit Fußgängerinnen und Fußgängern führen.