Caro Matzko kann sich das Grinsen nicht verkneifen: „Sahra Wagenknecht war gestern da. Ich hab ihr einen Wasserkocher geschenkt.“ Matzko ist Reporterin, Journalistin und seit 2017 auch – Gastgeberin. Und diese Rolle will sie perfekt erfüllen.
Matzko ist, an jedem Donnerstagabend im Bayerischen Fernsehen, die Frau an Hannes Ringlstetters Seite. Die Talkshow trägt zwar seinen Namen, aber sie spielt als Assistentin die wichtigste Nebenrolle. Auch bei der Talkrunde „Club 1“ in der ARD bilden die beiden ein Team. Er ist Komiker, Musiker, ein Mann für die Show, Typ niederbayerisches Raubein. Und Matzko?
Sie ist die Begleiterin, die Bardame, der Joker am Spielfeldrand der Show. Als sich nun also bei „Club 1“ die Ikone der Linken ankündigte, vergrub sich Matzko tief in die Recherche. In einer Doku entdeckte sie eine Szene, da verzweifelte Sahra Wagenknecht gerade im Büro an einem Wasserkocher – viel zu langsam erhitzte das Ding. Und so fand Matzko ihren Eisbrecher für den Talk: einen Wasserkocher. Eine kleine, schrullige Aufmerksamkeit für eine Politikerin, die sonst selten etwas umsonst bekommt, ganz ohne Hintergedanken. Die Taktik ging auf.
Caro Matzko ist bei Ringlstetter die Frau hinter dem Tresen
Matzko spricht mit Respekt von Sahra Wagenknecht. Eine Persönlichkeit, die Gegenwind kennt, eine starke Frau – eine von einigen: „Ich habe in der Sendung schon so viele meiner Ikonen kennenlernen dürfen. Uschi Glas, Senta Berger, Maren Kroymann.“ So eine Frau im Mittelpunkt möchte Matzko selbst aber nicht sein. „Ich bin Journalistin. Ich spreche also eigentlich viel lieber mit anderen Menschen über deren Leben, denn die finde ich meistens viel wilder, attraktiver und spannender als mein eigenes. Ich bin ja ganz normal.“ Aber was heißt schon normal? Dieser Frage geht Matzko in ihrem neuesten Projekt auf den Grund, in ihrem ersten Buch. Titel: „Size egal.“ Und da gibt sie auch ein Kapitel ihrer eigenen Geschichte preis.
Wenn Matzko ihre Heimat beschreibt, sortiert sie die Bilder ihrer Erinnerung wie Puzzleteile: „Streuobstwiesen, Feldwege und an der Bushaltestelle frieren. Gewerbegebiet, Gewerbegebiet, Kreisverkehrskunst, noch mehr Gewerbegebiet – schließlich Donau und Münsterblick.“ Carolin Matzko wurde 1979 in Ulm geboren, sie wuchs in Reutti auf. Und diese Heimat ist, wenn man so will, der Ort, an dem auch die Geschichte ihres Buchs beginnt. Es erzählt von unerreichbarer Perfektion, vom Hass gegen das eigene Spiegelbild, vom Kampf mit der Waage, mit falschen Idealen – und was dagegen hilft. Caro Matzko litt in ihrer Jugend an Magersucht.
"Size egal": Caro Matzko hat mit Tanja Marfo ein Buch geschrieben
2020 wagte die Journalistin den Blick zurück. Für die Hörfunk-Reportage „Dick im Geschäft“ wollte sie eigentlich nur das Plus-Size-Model Tanja Marfo porträtieren. Eine Frau, die anderen dicken Frauen Mut macht, die sich selbst und ihre vermeintlichen Makel zur Marke macht. Doch mit der Zeit wurde Matzko klar, was sie mit Marfos verbindet: „Nach außen sind wir beide sehr tough, aber nach innen sind wir doch auch immer wieder recht unsicher, verletzlich. Also: Wir haben in gewisser Weise dieselben Dämonen.“ In der Reportage offenbart Matzko den Kampf, den sie in ihrer Jugend ausgefochten hat. Mit 15 Jahren wog sie 39 Kilogramm. Ein Tagebucheintrag: „15. April 1995. Ich hatte gestern überhaupt keinen Bock mehr, zu leben.“
Ein Selbstbildnis, schonungslos. Für ihr gemeinsames Buch haben sich Matzko und Marfo dann aber für einen leichteren Ton entschieden – Blick nach vorne, mit Zuversicht. „Ich bin Feministin“, sagt Matzko. „Mir geht es um Wahlfreiheit und darum, dass jede und jeder so sein kann und wertgeschätzt wird, wie er ist. Egal welches Geschlecht, welche Herkunft, welche Hautfarbe, welche Religion oder Sexualität.“ Auslachen, beleidigen, ausgrenzen, weil der eine nicht so ist wie alle anderen – das erlebt Matzko auch heute: „Ich beobachte das bei meiner Tochter in der Schule, sie geht jetzt in die zweite Klasse. Da beginnt das Bodyshaming schon.“
Caro Matzko moderiert seit 2016 das ARD-Format "Planet Wissen"
Als Matzko erklärt, wovon ihr Buch handelt, klingt das aber auch fast nach Zufall: „Ich hätte genauso gut ein Buch schreiben können über die Rolle der Frau in den Medien, oder über meine neun Jahre als Arte-Reporterin in Europa. Oder wie ich zufällig in eine Late-Night-Show geraten bin und viele Leute jetzt denken, dass ich Kabarettistin bin und mich für Gesangsnummern buchen wollen.“ Das Buch erzählt von einer Last, die sie abgelegt hat: „Ich bin seit Jahren gesund und definiere mich deshalb auch nicht mehr über die Magersucht.“
Matzkos Leben taktet heute der Terminkalender, redaktionelle Arbeit für Radio und TV, zum Beispiel für das Team des BR-Zündfunk. Teamarbeit liebt sie, und um im Lockdown motiviert zu bleiben, baut sie auf eine Taktik: „Rausgehen. Jeden Tag. Es ist gerade jetzt wichtig, dass wir Tageslicht abbekommen – wegen des Vitamin D und der Melatonin-Bildung“, sagt sie. „Da merken Sie jetzt: Da kommt die Wissenschaftsmoderatorin bei mir durch.“ Seit 2016 moderiert Matzko die ARD-Sendung Planet Wissen. Was sie dabei gelernt hat? „Esst mehr Obst und Gemüse- und weniger Fleisch! Das ist eigentlich die Quintessenz aus vielen Sendungen. Besser für uns und den Planeten.“
Die eine Matzko ist Journalistin. Die andere steht als Bardame hinter dem Show-Tresen, als Hannes Ringlstetters Sparringspartnerin. Immer wieder blickt er zur Bar, holt sie ins Gespräch, für eine Runde Pointen-Pingpong. Sie serviert Drinks und sie schreibt auch die Texte für die kurzen Cartoons, in denen sie den Lebensweg eines jeden Gastes, kompakt und mit Witz, in zwei Minuten zusammenschnürt.
Ringlstetter wird weiterhin gedreht - mit Corona-Sicherheitsmaßnahmen
Trotz Pandemie geht die Show weiter, erzählt Matzko: „Wir testen jede Woche das gesamte Team, es kommt keiner aufs Gelände, bevor er nicht bei uns getestet wurde. Schließlich haben wir ja eine Verantwortung auch für die Gesundheit unserer Gäste.“ Keine Frage, der direkte Draht zum Publikum fehlt – aber „die Humorarbeit“ macht dennoch viel Spaß. „Auch wenn keiner klatscht und nur wir lachen.“
Wie viel Matzko im Ringlstetter-Talk steckt? „Vor allem steckt da viel Hannes drin“, sagt sie. Aber als Redakteurin ist sie eine wichtige Ideengeberin, auch für das Talk-Format „Club 1“. Da überrumpelt die Matzko den Ringlstetter mit Überraschungsgästen. Ohne Vorwarnung. „Wir betreiben großen Aufwand, damit er wirklich nicht mitbekommt, wer eingeladen ist.“
Seit 2017 arbeiten Matzko und Ringlstetter zusammen
Das Duo Ringlstetter/Matzko funktioniert seit 2017: „Wir sind beide bodenständig und lachen über dieselben Dinge. Er ist wie ein großer Bruder für mich.“ Für seine Show hat Matzko mit Hubert Aiwanger ein Glas „Opfelsoft“ im Landtag verkostet. Neben Andreas Gabalier stand sie an der Skipiste, nahm seine Flirtversuche mit Würde hin. Dagmar Koller befand sogar: „Die ist zu hübsch“, um hinter dem Tresen versauern. Große Showmomente – Luft nach oben bleibt aber immer. Angela Merkel würde Matzko „wahnsinnig gern“ kennenlernen und fragen, wie sie diese Zeit erlebt. Ein Wunschgast aus Schwaben steht allerdings auch auf ihrer Liste: Ihre gute Freundin Ariane Müller, Kabarettistin aus Ulm, vom Duo „Suchtpotenzial“.
Caro Matzko über die Kultur in und um Neu-Ulm
„Ich mochte die Kulturlandschaft rund um Ulm und Neu-Ulm immer sehr gerne. Ich war zum Beispiel eine glühende Verehrerin der Theaterei in Herrlingen“, sagt Matzko. Und als einmal ein Kultur-Kritiker der Neu-Ulmer Zeitung, viel zu erbsenzählerisch für Matzkos Geschmack, eine Aufführung der Theaterei mit einem Verriss abkanzelte, zögerte sie nicht: „Ich habe dann natürlich einen bitterbösen Leserbrief geschrieben.“
Wie würde sie dem Ringlstetter Schwaben erklären? „Der Schwabe an sich, die Schwäbin an sich, die gibt’s ja vermutlich nicht“ – da erlaubt sie sich kein Urteil. Zumal ihre Eltern beide nicht aus Schwaben stammen. Aber über Neu-Ulm verliert Matzko gerne ein paar Worte. „Neu-Ulm ist ja eigentlich das Gewerbegebiet von Ulm. Aber wenn ich das jetzt laut sage, da würde ich natürlich geteert und gefedert“, sagt sie. „Oder Theo Waigel ruft mich wieder an und lädt mich auf eine Rundfahrt durch Neu-Ulm ein, um mir die verborgenen pittoresken Ecken dieser Stadt zu präsentieren ...“ Dann grinst sie: „Ach, schreiben Sie lieber: Neu-Ulm ist die letzte bayerische Bastion vor der Grenze. Make Neu-Ulm great again!“
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