Startseite
Icon Pfeil nach unten
Neu-Ulm
Icon Pfeil nach unten

Ulm/Neu-Ulm: Maskenpflicht bei "Corona-Spaziergang": Was sind die Folgen der Verfügung?

Ulm/Neu-Ulm

Maskenpflicht bei "Corona-Spaziergang": Was sind die Folgen der Verfügung?

    • |
    Was macht die neue Allgemeinverfügung mit den "Corona-Spaziergängen" in Ulm?
    Was macht die neue Allgemeinverfügung mit den "Corona-Spaziergängen" in Ulm? Foto: Alexander Kaya

    Als Reaktion auf die jüngsten "Corona-Spaziergänge" hat die Stadt Ulm am Sonntagabend eine Allgemeinverfügung erlassen und für die Innenstadt eine Maskenpflicht angeordnet. In der Begründung der Maßnahme veröffentlicht die Stadtverwaltung bislang nicht gekannte Details zu den nicht angemeldeten Zusammenkünften. Eine Frage, die schon bei der für diesen Montag vorgesehenen Demo eine zentrale Rolle spielen dürfte: Wie wird, will beziehungsweise kann die Polizei das durchsetzen? Und wie reagieren die "Spaziergänger" darauf? Äußerungen in Chat-Gruppen geben erste Hinweise.

    16 Seiten lang ist die Bekanntmachung der Stadt Ulm zur neuen Allgemeinverfügung, die am Sonntag veröffentlicht wurde. Die Verfügung allein passt auf ein DinA4-Blatt, der Rest befasst sich hauptsächlich mit ihrer Begründung. Darin aufgeführt werden unter anderem sogenannte "Verlaufsberichte der Polizei" zu den "Spaziergängen" der letzten Wochen - vom 17. Dezember bis vergangenen Freitag. Interessant und zugleich auch brisant ist das deshalb, weil sich Sprecher der Ulmer Polizei zum Vorgehen bislang auch auf Nachfrage immer weitestgehend bedeckt hielten.

    Neben den Routen, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der nicht angemeldeten Demonstrationen jeweils wählten, ist dort auch beschrieben, wie viele Personen immer zugegen waren - und wie sich die Menschen verhielten. Um die 1000 sollen es demnach bislang fast jedes Mal gewesen sein. Vergangenen Freitag waren es mit 4000 Personen wohl die meisten bislang.

    Gruppe mit Ölfackeln wollte "richtig Stimmung machen" in Ulm

    Die Versammlungen seien zwar alle friedlich verlaufen, sprich: Es kam zu keinen größeren Zwischenfällen wie Schlägereien oder ähnlichem. "Provokationen und die bewusste Missachtung von Regeln und Gesetzen nehmen zu", so Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch (CDU). Wurden anfangs Kirchenlieder gesungen, wird nun skandiert, gepfiffen und getrommelt. Laut dem Verlaufsbericht der Polizei war zum Beispiel auch im Vorfeld der Versammlung am Freitag am Nachmittag im Bereich des Hauptbahnhofes eine circa zehnköpfige Gruppe aufgefallen, alle offenbar im Schnitt um die 30 Jahre alt. Sie sollen Ölfackeln dabei gehabt und ausgesagt haben, am "Spaziergang" teilnehmen und "richtig Stimmung machen" zu wollen. Auch sollen gegen Ende der Demo, als die Menschen sich wieder vom Münsterplatz entfernten, "Spaziergänger" Polizisten beleidigt und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte geleistet haben.  

    Warum also erlässt die Stadt nun diese Verfügung, wo die Lage offenbar spürbar aggressiver und ja bislang - wie berichtet - die Strategie verfolgt wurde, eine Eskalation vermeiden zu wollen? Ist das jetzt nicht sogar ein Schritt hin zur Eskalation?

    Maskenpflicht soll Infektionsschutz gegen Corona stärken

    Von "Abwägungssache" und "Verhältnismäßigkeit" ist auf Nachfrage bei der Ulmer Stadtverwaltung die Rede. Mit der Masse an Menschen, die zuletzt durch die Straßen und Gassen Ulms gezogen waren, könnten nun auch Passanten nicht mehr anders - und würden jenen "Spaziergängen" begegnen. Zwar sei das Versammlungsrecht ein sehr hohes Gut. Doch es gehe auch um Infektionsschutz. Gerade jetzt, mit der hoch ansteckenden Virus-Variante Omikron. Eine Maskenpflicht wäre bei einer angemeldeten Demo zur Auflage gemacht worden. Da diese Zusammenkünfte aber nicht angemeldet seien, sei die Allgemeinverfügung nun die Konsequenz.

    Rechtlich wählt die Stadt damit zwar einen weniger riskanteren Weg im Vergleich zu anderen Kommunen in Baden-Württemberg. So hatte vor wenigen Tagen erst das Verwaltungsgericht Stuttgart ein per Allgemeinverfügung verhängtes Verbot von Versammlungen gegen die Corona-Maßnahmen gekippt. Bad Mergentheim im Main-Tauber-Kreis und andere hatten das versucht. Auch dort waren die Demos nicht angemeldet. Gegen die Verfügungen aber wurde geklagt - mit Erfolg. Als milderes Mittel hätte die Stadt etwa zunächst eine Verfügung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auch bei unangemeldeten Demos verhängen können, so die Richter. Genau das macht jetzt Ulm.

    Doch wie soll es nun weitergehen? Die Polizei will nach eigenen Angaben Personen, die die Maskenpflicht missachten, auf die Allgemeinverfügung aufmerksam machen. Sollte es aber zum Verstoß kommen, werde man auch "einschreiten" und Personenkontrollen durchführen.

    Maske - ja oder nein? "Sich beugen" oder "Stress mit der Polizei"?

    In den sozialen Netzwerken der "Spaziergänger" sorgt die Allgemeinverfügung schon seit Sonntagabend für rege Debatten. Zwar galt eine Maskenpflicht bislang schon - aber nur dann, wenn die Abstände nicht eingehalten werden konnten. Jetzt muss in der Ulmer Innenstadt unabhängig vom Abstand ein Mund-Nase-Schutz getragen werden. Was also tun? Maske - ja oder nein? "Sich beugen" oder doch "weiter kämpfen"? Möglichen "Stress mit der Polizei" in Kauf nehmen - oder weiterhin ein "friedliches Zeichen" und die Maske aufsetzen? Die Meinungen gehen auseinander.

    Zwar hat sich auch bei den unangemeldeten und angeblich "zufälligen" Zusammenkünften inzwischen eine Art Routine eingespielt. Nach der ersten Gegen-Demo durch Ulmer Medizinstudenten und der Menschenkette am Samstag mit ungefähr 6000 Personen in Ulm und Neu-Ulm, sorgt nun die angeordnete Maskenpflicht wieder für Spannung rund um das "Spaziergang"-Geschehen. Für diesen Montag schon ist die nächste, unangemeldete Kundgebung vorgesehen. Gut möglich, dass die Demonstranten eine neue Route wählen. In Neu-Ulm gibt es bislang keine Allgemeinverfügung zu einer Maskenpflicht.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden