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Ulm/Neu-Ulm: Fluglärm in der Region: Was steckt hinter dem Brummen am Himmel?

Ulm/Neu-Ulm

Fluglärm in der Region: Was steckt hinter dem Brummen am Himmel?

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    Warum flog ein solches Flugzeug über der Region rund um Ulm und Neu-Ulm? Auch in Schwabmünchen im Süden und quer durch den Landkreis Günzburg zog es seine Kreise.
    Warum flog ein solches Flugzeug über der Region rund um Ulm und Neu-Ulm? Auch in Schwabmünchen im Süden und quer durch den Landkreis Günzburg zog es seine Kreise. Foto: Marcus Merk (Archivbild)

    Kurz vor 20 Uhr am Donnerstagabend war das Brummen in der Region Ulm/Neu-Es ist kein Knall, wie wenn ein Kampfflugzeug die Schallmauer durchbricht. Es ist ein dumpfes, langanhaltendes Geräusch. Es klingt nicht wirklich schnell, aber es kehrt immer wieder - und zwar in regelmäßigen Abständen. Was steckt dahinter?

    Bereits Anfang des Jahres war das Brummen schon einmal im Großraum Ulm aufgefallen. Wie damals so auch jetzt ist auf dem wohl gängigsten und bekannteren Online-Portal "Flighradar24", wo Flugzeuge in Echtzeit auf einem Radar abgebildet werden, kein Himmelskörper zu entdecken, der mit dem Lärm in Verbindung gebracht werden kann. Dafür aber auf einer anderen Internetseite mit ähnlichen Funktionen: Dem "ADS-B Exchange".

    Sieben Mal kreist die Maschine über die Region von Bayerisch-Schwaben

    Dort ist - wie Anfang Januar - eine Maschine zu finden, die immer dieselben Kreise zieht - über Bad Wörishofen und Schwabmünchen im Süden, quer durch den Landkreis Günzburg bis auf die Alb nach Heidenheim und Geislingen und wieder zurück. Ulm und Neu-Ulm sowie beinahe der gesamte Landkreis

    Ein A400M kreiste mehrfach über der Region. Handelte es sich dabei um einen Übungsflug der Bundeswehr?
    Ein A400M kreiste mehrfach über der Region. Handelte es sich dabei um einen Übungsflug der Bundeswehr? Foto: Screenshot ADS-B Exchange

    Gestartet - und vermutlich auch später landen - ist die Maschine auf dem Flugplatz Wunstorf bei Hannover. Der wird betrieben von der Luftwaffe der Bundeswehr. Dort ist das Lufttransportgeschwader 62 stationiert - und auch jenes Flugzeug, das laut "ADS-B Exchange" über die Region flog: Ein A400M der Marke Airbus.

    In den vergangenen Tagen ist er immer wieder am Himmel zu sehen gewesen: der neue Großraumtransporter A400M. Das Flugzeug brachte Fallschirmspringer zu Übungssprüngen nach Altenstadt.
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    Bilder vom Start eines Airbus A400M

    Dabei handelt es sich um ein militärisches Transportflug und wird unter anderem von Bundeswehr und Nato verwendet, um Material und Personal von A nach B zu bringen. So können bis zu 114 Soldaten darin Platz finden, aber auch ein Kampfhubschrauber, ein leichter Unterstützungshubschrauber, vier Geländewagen oder ein Panzer. Doch nicht nur das. Ein A400M diene auch als "fliegende Tankstelle", wie es auf der Internetseite der Bundeswehr heißt. Auch der Kampfjet Eurofighter könne im Flug an den A400M andocken und bei über 500 km/h betankt werden. Mit Airbus-Maschine können aber auch Patienten transportiert werden, auch welche, die während des Flugs intensiv behandelt werden müssen.

    Was genau hinter dem Flug am Donnerstagabend steckt, war am Abend nicht zu erfahren. Anfang Januar erklärte ein Sprecher des Luftfahrtamtes der Bundeswehr mit Sitz in Köln auf Nachfrage unserer Redaktion: Die Maschine war dort im Rahmen des militärischen Ausbildungsflugbetriebs entlang einer Luftbetankungsstrecke unterwegs.

    Diente der Flug wieder zur Übung der Luftbetankung?

    Über Ulm und Neu-Ulm liegen demnach gleich zwei von insgesamt 15 solcher Luftbetankungsstrecken in ganz Deutschland. Dabei wird eine ovale Strecke abgeflogen, ähnlich einer Warteschleife. Die beiden Geraden haben eine Länge von 55,5 Kilometern. Wenn also ein Flugzeug betankt wird, fliegt die Formation entlang dieser Strecke. Sollen mehrere Betankungen stattfinden, kreist das Tankflugzeug weiter und wartet auf die weiteren zu betankenden Flugzeuge. Bei einer nächtlichen Übung ist kürzlich über Augsburg ein spektakuläres Foto entstanden.

    Ein Eurofighter an der fliegenden Tankstelle! Die Betankung des Eurofighters vom Taktischen Luftwaffengeschwader 74 aus Neuburg an der Donau erfolgte durch einen Airbus A400M vom Lufttransportgeschwaders 62 aus Wunstorf. Dabei kann der Airbus rund 40 Tonnen Kerosin abgegeben. Je nach Bedarf braucht der Eurofighter zwischen fünf und zehn Minuten, um vollgetankt weiter seinen Auftrag zu erfüllen. Die Aufnahme vom Air-to-Air-Refueling wurde über Augsburg gemacht. /Franz Foto: Bundeswehr/Engel
    Ein Eurofighter an der fliegenden Tankstelle! Die Betankung des Eurofighters vom Taktischen Luftwaffengeschwader 74 aus Neuburg an der Donau erfolgte durch einen Airbus A400M vom Lufttransportgeschwaders 62 aus Wunstorf. Dabei kann der Airbus rund 40 Tonnen Kerosin abgegeben. Je nach Bedarf braucht der Eurofighter zwischen fünf und zehn Minuten, um vollgetankt weiter seinen Auftrag zu erfüllen. Die Aufnahme vom Air-to-Air-Refueling wurde über Augsburg gemacht. /Franz Foto: Bundeswehr/Engel Foto: Bundeswehr/engel

    Diese Strecken werden mit Hilfe von Koordinaten definiert. Diese heißen ganz allgemein "Anchor". Bei dieser speziellen Betankungsstrecke hat der Anchor-Punkt einen eigenen Namen. Er nennt sich "Gretchen".

    Warum Übungsflüge der Bundeswehr immer wieder im Raum Ulm stattfinden

    Um derartige Übungsflüge durchführen zu können, müssen bestimmte Lufträume für den Zeitraum dieses Trainings von normalen Verkehrsflugzeugen komplett freigehalten werden. Nur so können die Übungen effektiv und auch sicher vonstattengehen, da sie in der Regel viel Platz benötigen. Zu diesem Zweck sind in Deutschland spezielle Lufträume eingerichtet, die bei Bedarf aktiviert und für militärischen Flugbetrieb reserviert werden können.

    Dabei handelt es sich um sogenannte Temporary Reserved Airspace, kurz TRA. Die Region zwischen München und Stuttgart sowie zwischen Memmingen und Ellwangen bildet den TRA Allgäu, wo quasi mittendrin auch Ulm und Neu-Ulm liegen.

    Der Fluglärm über Schwaben in Zahlen

    2020 gab es über dem TRA Allgäu 379 Flüge, verteilt auf 215 Tage des Jahres.

    Im Schnitt waren die Maschinen dabei 77 Minuten pro Flug unterwegs, 2019 waren es im Schnitt noch 70.

    Im Jahr 2018 haben sich 577 Bürger bei der Bundeswehr wegen des Fluglärms beklagt, im Jahr 2019 waren es 698, 2020 bereits 825. Im laufenden Jahr gingen bisher 438 Beschwerden ein.

    Die Bundesregierung gibt an, dass sich der Anteil des militärischen Flugbetriebs in der prozentualen Verteilung des gesamten Flugbetriebs über der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2020 auf lediglich rund 2,89 Prozent belaufen hat, 2018 waren es circa 1,27 Prozent.

    Zwischen 2018 und 2020, so gibt das Verteidigungsministerium an, beliefen sich die durchschnittlichen Emissionen durch die Flüge pro Jahr auf rund 413.490 Tonnen CO2-Äquivalent.

    Erlaubt sind Flüge montags bis donnerstags zwischen 8 und 23.30 Uhr und freitags von 8 bis 17 Uhr ab einer Höhe von rund 3050 Metern.

    Ist ein solcher TRA aktiviert, dürfen sich dort nur noch dafür freigegebene Luftfahrzeuge aufhalten. Ist die Übung vorbei, wird der TRA entweder wieder deaktiviert oder einem nächsten Nutzer zugeteilt. An Wochenenden und während gesetzlicher Feiertage findet in der Regel kein Übungsflugbetrieb statt.

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