Beide hatten glorreiche Zeiten: Der TK Ulm und der SSV Ulm 1846. Heute sieht das anders aus. Daher könnte eine Fusion eigentlich recht problemlos über die Bühne gehen. Möchte man meinen. Denn so einfach ist das nicht.
Er war einmal einer der größten und feinsten Vereine in Ulm, der 1905 gegründete TK Ulm. Ein Sport, ein Verein. Mit über 500 Mitgliedern in seinen besten Zeiten, als Tennis noch als Sport der Besserverdiener galt. Man spielte ganz in weiß und blickte etwas verächtlich rüber zum SSV, dem Großverein, der durch eine kurze Episode durch seine Bundesligakicker bundesweite Bekanntheit erlangte. Fußball? Nicht selten wurde in grauer Vorzeit beim TK da die Nase gerümpft. Die Zeiten sind längst vorbei, die Bundesliga ist für die - inzwischen ausgegliederten - Fußballer in weiter Ferne und Tennis hat sein elitäres Antlitz sowieso verloren. Der TK Ulm zählt nur noch 100 aktive Mitglieder und ist ein ganz normaler Tennisverein. Eine Fusion mit dem Nachbarn zum TK SSV Ulm 1846 scheint Formsache. Doch so einfach ist das nicht.
Für Christian Kuse, den Vorstand des TK Ulm scheint die Sache dennoch klar: "Die Chance, den TK‐Geist jetzt mit dem SSV 46 zusammen in einem neuen Tennis‐Klub einzubringen ist eine einmalige Chance." Nur jetzt habe der TK die Möglichkeit, die Entwicklung einer modernen Tennisanlage in der Friedrichsau mit zu planen und mit zu gestalten, sodass der TK‐Geist im Namen TK SSV Ulm 1846 und auch in der Philosophie des Vereins weiterlebe. Kuse ist überzeugt: "Diese Chance wird nicht wiederkommen."
Der TK Ulm ist ein Verein in Nöten
Den Verantwortlichen beim TK dämmert längst, dass das Vereinskonstrukt ein Auslaufmodell ist. Einen Zusammenschluss auf Augenhöhe werde es später nicht mehr geben, wenn der TK den SSV 46 jetzt allein in die Planung schicke. Nur gemeinsam lasse sich eine Tennisanlage planen und umbauen, die in Württemberg zu den Top‐Anlagen gehören soll. Sollte der TK erst in fünf oder zehn Jahren zu dem Ergebnis kommen, dass es allein nicht mehr weitergeht, dann werde es nur noch ein Ende des TK Ulm geben, kein Weiterleben in einem gemeinsamen TK SSV Ulm 1846.
Die Liste der Probleme ist lang: Kuse spricht von einem Gutachten einer Baufirma, in dem die Rede von Sanierungs‐Arbeiten im mittleren sechsstelligen Bereich für die nächsten zwei Dekaden ist. Alleine die Renovierung des mit Asbest gebauten Hallendachs würde einen sechsstelligen Betrag kosten. Ein kleiner Verein könne das kaum stemmen. Zumal die Stadt Ulm kaum keinen zweiten Neubau eines Tennis‐Klubheimes in unmittelbarer Nähe eines anderen neuen Bauwerks des gleichen Zwecks unterstützen würde.
Tennis wird auch in Neu-Ulm auf zwei benachbarten Anlagen gespielt
Kuse weiß, dass insbesondere die Mitglieder gesetzteren Alters skeptisch sind. Die wollen noch in Ruhe ein paar Jährchen Tennis spielen. Die weitere Zukunft des Vereins ist ihnen ziemlich schnuppe. Die Auflösung würde das Ende einer ohnehin seltenen Art bedeuten: ein Klub, ein Klubheim und sieben Plätze. Allerdings sehen die Mitglieder des TK auch in Neu-Ulm, wie schwer es ist, eigenständig zu bleiben.
Neben der prosperierenden Tennisabteilung des TSV Pfuhl führt der einst so ruhmreiche Blau-Weiß Neu-Ulm ein Schattendasein. Der TK wird, sofern Corona es zulässt, im März Informationsabende anbieten, um im April in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung über den Schritt der Auflösung per 31. Dezember 2021 zu entscheiden. Ein neunseitiges Schreiben verschickte der TK nun an die Mitglieder – mit der einstimmigen Empfehlung, dem Zusammenschluss zuzustimmen. Der SSV sei dem TK entgegengekommen: gemeinsamer Name, gemeinsamer Vorstand, Zusicherung der TK-Halle, Trainer Pavel Has bleibt und eine ausgefuchste Staffelung halte die Beiträge weitestgehend gleich.
Der SSV Ulm plant in großem Stil
Der SSV Ulm plant, wie berichtet, im großen Stil: Anstelle der altehrwürdigen, aber äußerst maroden Jahnhalle soll der Jahnsportpark gebaut werden. Auf dem exponierten Grundstück an der Ecke Basteistraße/Stadionstraße ist ein etwa 15 Meter hohes Eckgebäude geplant, in dem eine Dreifachhalle, zwei Gymnastikräume, ein Mehrzweckraum sowie eine zur Stadionstraße ausgerichtete Gaststätte im Erdgeschoss untergebracht werden sollen. In einem Architektur-Wettbewerb wurde jüngst ein Siegerentwurf gekürt: eine moderne Holzbauarchitektur der Blausteiner Architekten Braunger und Wörz.
Auch ein neues Tennisheim haben diese Architekten entworfen: 1,5 Millionen Euro soll das kosten. "Konservativ geplant", wie Willy Götz, der Präsident des SSV betont. mit großen Kostensteigerungen sei deshalb nicht zu rechnen. Einen Großteil der Kosten übernimmt der Hauptverein. Darüber hinaus sei mit Zuschüssen von Landessportbund und Stadt Ulm in der gleichen Größenordnung zu rechnen. Das bedeutet, dass auf die Tennisabteilung ein Restbetrag von etwa 300.000 Euro zukommen wird. Der SSV will das Bauvorhaben ohne Bausteine für die Mitglieder stemmen.
Nun hängt alles vom TK ab. Sollten die Mitglieder einer Auflösung zustimmen und die Genehmigungen im Gemeinderat der Stadt Ulm erfolgen, könnte eine Vergabe des Projektes Anfang Mai dieses Jahres erfolgen. Ein Baubeginn gegen Ende der Saison im August/September und Fertigstellung zu Beginn der Freiluftsaison 2022 sei durchaus möglich. Wenn der Blick in die Zukunft gegen die Nostalgie gewinnt.
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