Startseite
Icon Pfeil nach unten
Neu-Ulm
Icon Pfeil nach unten

Ulm: Mehr Windräder sollen kommen – doch gebaut werden sie nicht

Ulm

Mehr Windräder sollen kommen – doch gebaut werden sie nicht

    • |
    Der Windpark Jettingen-Scheppach im Landkreis Günzburg. Der Ausbau weiterer Anlagen schreitet langsamer voran, als es sich der Regionalverband Donau-Iller wünscht.
    Der Windpark Jettingen-Scheppach im Landkreis Günzburg. Der Ausbau weiterer Anlagen schreitet langsamer voran, als es sich der Regionalverband Donau-Iller wünscht. Foto: Ulrich Wagner (Archivbild)

    Zwei Prozent der Landesfläche sollen mit Anlagen für erneuerbare Energie bebaut werden. In Baden-Württemberg ist dieses Ziel seit Oktober 2021 festgelegt, enthalten ist es auch im Koalitionsvertag der neuen Bundesregierung. In der Region stehen solche Energiequellen auf etwas mehr als einem halben Prozent der Fläche. Neue Anlagen müssen also her – aber nicht nur wegen der Vorgaben. Im Planungsausschuss des Regionalverbands Donau-Iller (RVDI) verwies der Neu-Ulmer Landrat Thorsten Freudenberger (CSU) auf die Abschaltung des Atomkraftwerks Gundremmingen: Es gehe um die Versorgungssicherheit, die Sorgen aus der Wirtschaft seien nicht klein. Doch es gibt Schwierigkeiten.

    Obwohl der Regionalverband bereits geeignete Gebiete für neue Windräder ausgesucht hat, sei seit 2015 fast nichts geschehen, klagte Verbandsdirektor Markus Riethe. Sieben Anlagen wurden seitdem gebaut, es gebe Potenzial für 130 bis 200 weitere. Im Weg stünden der Artenschutz, militärische Belange und in Bayern die 10H-Regel. Sie schreibt vor, dass ein neues Windrad einen Abstand in zehnfacher Länge seiner Höhe zur nächsten Siedlung haben muss. Im Kreis Neu-Ulm habe diese Vorschrift nichts gebracht, meinte Freudenberger. In Kellmünz habe man entsprechende Erfahrungen gemacht. Hans Reichhart (CSU) äußerte sich zuversichtlich. Der Günzburger Landrat glaubt, dass der Bund diese Vorgabe ändern wird.

    Viele Windräder stehen im Alb-Donau-Kreis und im Unterallgäu

    Bislang stehen in der Region, die die Landkreise Neu-Ulm, Günzburg, Unterallgäu, Alb-Donau und Biberach sowie die Städte Ulm und Memmingen umfasst, 66 Windenergieanlagen. Der Schwerpunkt liegt im Alb-Donau-Kreis, mehrere zumeist deutlich ältere Windräder stehen im

    Akut soll sich trotzdem nichts ändern, nach und nach aber sehr wohl. Damit zwei Prozent des Verbandsgebiets mit Anlagen für erneuerbare Energien genutzt werden, müssten rund 8500 Hektar entsprechend bebaut werden, rechnete Verbandsdirektor Riethe vor. Das ist mehr als das Stadtgebiet von Neu-Ulm.

    Bei der Windkraft liegt die Region deutlich unter dem Durchschnitt im Bund und leicht unter dem in Bayern und Baden-Württemberg. Bei PV-Anlagen sieht das anders aus, hier nimmt die Region einen Spitzenplatz ein. Würde der Ausbau von Parks mit Solarstromanlagen im gleichen Tempo weitergehen, stiege deren Flächenanteil in der Region bis 2040 von einem fünftel Prozent auf ein Prozent. Und das Potenzial ist da, nicht nur auf Freiflächen. Freudenberger brachte Agri-PV-Anlagen ins Spiel, bei denen ein Grundstück gleichzeitig landwirtschaftlich genutzt wird. Riethe sprach von schwimmenden Solarstromerzeugern auf Baggerseen. Reichhart berichtete von Berechnungen, nach denen der gesamte Landkreis Günzburg durch Strom aus PV-Anlagen von Hausdächern versorgt werden könnte – angesichts der Kosten und teils ungeeigneter Dächer aber nur in der Theorie.

    Energiewende: Kritik aus Ulm und Neu-Ulm

    In der Diskussion steht aber vor allem die Windkraft. Hier sind Rückstand und Probleme größer – und das Bauen neuer Anlagen ist zumindest theoretisch leichter, weil diese laut Gesetz auf ausgewiesenen Flächen privilegiert zulässig sind. Ulms Baubürgermeister Tim von Winning merkte an, dass man zwar Gebiete für derartige Anlagen ausgewählt habe. Damit seien aber alle anderen Flächen – das sind in der Region derzeit 99,6 Prozent – ausgeschlossen. Die Windkraft solle nicht so eingeschränkt werden. Auch Joukov-Schwelling regte an, weitere Flächen zu finden. Verbandsdirektor Riethe wehrte ab. Zum einen, weil erst die bestehenden Flächen bebaut werden sollten, sie seien "die bestmöglichen". Zum zweiten, weil ein Staatsvertrag zwischen Bayern und Baden-Württemberg die Unterscheidung aus Vorrang- und Ausschlussgebieten vorschreibt. Und zuletzt, weil eine einzige gerichtlich beanstandete Auswahl die gesamte Planung kippen lasse. Momentan gebe es keine vernünftigen Planungsunterlagen, daher sei das Risiko aktuell zu hoch. Die Wind-Atlanten der beiden Bundesländer erweckten beispielsweise den Eindruck, Luftströme endeten an der Landesgrenze.

    Abgeordneter Joukov-Schwelling kündigte nach der Sitzung unserer Redaktion gegenüber an, er werde "mit den Zuständigen auf der Regierungsbank über Änderung des Staatsvertrags reden". Planungsrecht solle dem Ausbau der Windkraft nicht entgegenstehen. Der Regionalverband müsse seinen Beitrag für mehr Windkraft leisten. Er sei zuversichtlich, dass das gelingen werde.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden